Familienmitglied benötigt Pflege: Wie der Staat finanziell unterstützt
Die Pflege wird oft von Frauen übernommen - von Töchtern, Schwiegertöchtern oder Ehefrauen. Sie ist oft nicht mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar. Wie also finanziert man sich während der Pflege von Angehörigen?
München - Wenn jemand einen Angehörigen pflegt, ist häufig eine Reduzierung der Arbeitszeit nötig, mitunter auch eine Auszeit vom Job. Arbeitsrechtlich gibt es hierfür inzwischen Möglichkeiten, doch wie können die finanziellen Ausfälle aufgefangen werden? Eine Lohnersatzleistung, wie etwa das Elterngeld, gibt es in Deutschland nicht. Umso wichtiger ist es, dass pflegende Angehörige ihre bestehenden Ansprüche nutzen.
Arbeitszeit verkürzen: Steuerregeln können Einbußen abmildern
Die meisten Pflegenden haben das Recht, ihre Arbeitszeit zu verkürzen. Die Steuerregeln sorgen dafür, dass Einkommenseinbußen etwas abgemildert werden.

Beispiel: Barbara T. (48) lebt alleinstehend. Bislang verdiente sie als kaufmännische Angestellte monatlich brutto 3.000 Euro. Ihre Mutter wurde nach einem Schlaganfall pflegebedürftig (Grad 3). Barbara T. übernimmt die Pflege. Ihre Mutter besucht zusätzlich zeitweise eine Tagespflege. Deshalb kann die Tochter noch halbtags arbeiten. Das hat sie mit ihrem Chef vereinbart. Aus 3.000 Euro wurden so 1.500 Euro brutto. Netto ist der Verlust dank der Steuerprogression nicht ganz so stark. Statt 2.065 Euro gehen monatlich 1.213 Euro auf ihr Konto: Ein Minus von 41 Prozent.
Das Pflegegeld: Zur freien Verwendung vergeben - und doch oft missbraucht
Die Mutter von Barbara T. erhält wie die meisten Pflegebedürftigen Pflegegeld. Bei ihr sind das seit heuer 599 Euro (Pflegegeld im Jahr 2025, siehe Kasten). Das Geld wird der Mutter überwiesen – zur freien Verwendung. Es ist aber vom Gesetzgeber ausdrücklich zum Weiterreichen an die Betreuungsperson vorgesehen. Als Anerkennung sozusagen. Ihre Mutter gibt das Pflegegeld voll an Barbara T. weiter. Selbstverständlich ist das nicht. Vielfach nutzen Pflegebedürftige es für ihren Lebensunterhalt, statt Sozialhilfe zu beantragen. Und manchmal sammelt es sich auf dem Konto der Betroffenen an.
Tipp: In vielen Familien wird ungern über Geld gesprochen. Wer einen Angehörigen pflegt, sollte dieses Tabu brechen und seinen moralischen Anspruch auf das Pflegegeld anmelden. Im Beispiel von oben kommen zum Nettolohn von Barbara T. noch 573 Euro Pflegegeld hinzu. Insgesamt sind das 1.786 Euro. Vorteile des Pflegegelds: Das an Angehörige weitergereichte Pflegegeld ist steuer- und abgabenfrei. Es zählt auch nicht bei Krankenversicherung und Sozialleistungen. Wer bislang etwa in der Krankenversicherung beitragsfrei familienversichert war, bleibt dies auch als Empfänger von Pflegegeld. Auch beim Wohngeld und beim Bürgergeld zählt Pflegegeld nicht als anrechenbares Einkommen.
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Wohngeld: Hunderte Euro als Miet-Unterstützung
Barbara T. zahlt monatlich 800 Euro Kaltmiete. Als Vollzeitbeschäftigte hatte sie keinen Anspruch auf Wohngeld. Doch mit ihrem Teilzeitlohn stehen ihr monatlich 328 Euro zu. Zusammen mit Pflege- und Wohngeld kommt sie auf 2.114 Euro monatlich. Der Einkommensverlust durch die Arbeitszeitverkürzung wird bei ihr so mehr als ausgeglichen. Das ist allerdings längst nicht immer der Fall.
Bürgergeld: Bei schweren Pflegefällen oft unausweichlich
Manchmal müssen Angehörige für die Pflege sogar den Job aufgeben. In diesem Fall haben sie häufig Anspruch auf Bürgergeld. Wer einen Angehörigen mit Pflegegrad 4 oder 5 betreut, für den gilt eine Arbeitsaufnahme generell als unzumutbar. Das Jobcenter kann also Ansprüche nicht mit dem Hinweis „gehen Sie doch arbeiten“ abweisen. Bei Pflegegrad 2 oder 3 kann– so die Weisungen der Bundesagentur für Arbeit – im Standardfall ein Teilzeitjob von bis zu sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Dabei ist aber eine Einzelfallprüfung erforderlich. Mit Schichtarbeit ist die Angehörigenpflege oft nicht vereinbar.
Falls möglich: Arbeitszeitkonto nutzen
Gerade in größeren Unternehmen sparen Arbeitnehmer mitunter auf Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten Geld beziehungsweise Zeitguthaben an. Im Prinzip funktioniert das folgendermaßen: Ein Arbeitnehmer verzichtet eine Zeit lang auf die Auszahlung von Gehaltsansprüchen. Beispielsweise vier Jahre lang auf 20 Prozent des Bruttolohns. Dann besteht im fünften Jahr Anspruch auf eine bezahlte Auszeit – etwa für die Angehörigenpflege –mit weiter hin um 20 Prozent gekürztem Gehalt. Ein Rechtsanspruch auf solche Modelle besteht nicht – es sei denn, es existieren entsprechende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen. Sinnvoll sind solche Lösungen für Arbeitnehmer, die davon ausgehen, dass sie längere Zeit in ihrem Betrieb verbleiben.