Wegen eines Betrugs auf der Verkaufsplattform „Ebay“ muss sich ein 28-jähriger Kirchseeoner vor Gericht verantworten. Reue zeigt der Mann allerdings nicht. Seine uneinsichtige Einstellung schockt den Richter.
Kirchseeon – Völlig uneinsichtig zeigt sich der 28-jährige Kirchseeoner an diesem regnerischen Märzvormittag im Ebersberger Amtsgericht: Mit verschränkten Armen lehnt der Mann in der Anklagebank, quittiert die Aussagen von Staatsanwalt, Richter und dem Zeugen immer wieder mit augenrollenden Seufzern und süffisantem Kopfschütteln. „Ich verstehe nicht, warum ich hier sitze“, bekundet der gebürtige Pole etwas aufmüpfig nach der Anklageverlesung. Schließlich sehe er in dem Betrug, für den er sich vor Gericht verantworten muss, schlichtweg eine Lapalie.
Kirchseeoner (28) zockt über Ebay ab – und zeigt keine Reue
Vor rund eineinhalb Jahren soll der Kirchseeoner über die Internetplattform „Ebay“ einen Waschsauger für 120 Euro an einen anderen Nutzer verkauft haben. Dem Käufer, einem Mann aus Stuttgart, soll er das Gerät aber nie verschickt haben. Im Sitzungssaal versteht der Angeklagte nun die Welt nicht mehr. Denn aus seiner Sicht habe es sich um ein Missverständnis gehandelt. „Ich habe damals viele Sachen verkauft. Da habe ich nicht gemerkt, dass etwas doppelt bezahlt wurde“, lässt er sichtlich genervt über seine Dolmetscherin erklären. „Ich habe einfach den Überblick verloren.“
Dieser Aussage steht Richter Frank Gellhaus eher misstrauisch gegenüber. Denn bei der Polizei habe der Pole eine ganz andere Version des Geschehens aufgetischt: „Er meinte, es sei sein Bruder gewesen, der die Sachen über sein Konto verkauft hat“, bestätigt ein als Zeuge geladener Beamte. Von seiner damals getätigten Einlassung will der Angeklagte mittlerweile jedoch nichts mehr wissen. „Ach, ich habe das nicht so gemeint. Ich wusste ja nicht, welche Ausmaße das annimmt“, sagt er kopfschüttelnd. „Ich dachte, es kommt eine Geldstrafe und das war’s.“
Einstellung des Angeklagten schockiert Richter
So sei es zumindest in den vergangenen Fällen gewesen. Wegen einschlägiger Vergehen flatterten dem Mann bereits vier Strafbefehle in die Wohnung – die bisher allerdings allesamt von seiner Mutter bezahlt worden seien. „Ich habe ja keine Arbeit“, merkt der 28-Jährige, der laut eigener Aussage weder Bürger- noch Arbeitslosengeld erhält, an. Für die meisten Berufe sehe er sich aber ohnehin als zu überqualifiziert: „Ich werde keine Arbeit für 1600 Euro annehmen, darüber brauchen wir gar nicht reden“, erklärt er und verdreht die Augen. „Sie verdienen nichts, schicken lieber ihre Mutter zum Arbeiten und lassen sich von ihr aushalten“, fasst Richter Gellhaus diese radikal-bequeme Einstellung des Mannes ungläubig zusammen.
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Der möchte diese These dann doch nicht so stehen lassen. Wohl etwas zu voreilig gedacht, gibt er zu, regelmäßig ein vierstelliges Einkommen einzufahren. „Lassen sie mich raten, das versteuern sie nicht?“, fragt der Vorsitzende nach. „Nein, warum sollte ich?“, entgegnet der Kirchseeoner unbeeindruckt.
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„Geldstrafen richten nichts aus“: Bewährungsstrafe für Ebay-Betrüger
„Das ist völlig unglaubhaft. Er hat uns zwei verschiedene Geschichten aufgetischt“, resümiert der Staatsanwalt kurz darauf die Verhandlung in seinem Plädoyer. Er sieht im Vorgehen des Polen einen Vorsatz, plädiert daher auf eine zweimonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung. „Er ist finanziell quasi von seiner Mutter abhängig. Auf kurz oder lang führt das wieder zu neuen Straftaten“, argumentiert der Anklagevertreter seine Forderung.
„Geldstrafen richten bei ihnen nichts aus. Die werden allesamt von ihrer Mutter bezahlt“, bekennt auch Richter Frank Gellhaus. Er verurteilt den Mann daher zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten. „Die Bewährungschance möchte ich ihnen nicht verwehren“, betont er. Als Auflage erhält der Kirchseeoner zudem 80 Sozialstunden und den Wertersatzeinzug über 120 Euro.