Penzberger Schützen „im Wachkoma“ - Vereinsheim kann seit Jahren nicht genutzt werden
Zuerst die Generalsanierung und dann der Hochwasserschaden: Seit rund fünf Jahren können die Penzberger Schützen ihr Vereinsheim in der Josef-Boos-Halle nicht nutzen. Die Vorstandschaft fürchtet um die Existenz des ältesten Sportvereins der Stadt – hofft aber auch, dass Schießsport und Vereinsleben in absehbarer Zeit wieder aufgenommen werden können.
Die Leidensgeschichte des Schützenvereins zieht sich bereits seit einigen Jahren hin. Angefangen hat sie mit der Unterbringungen von Geflüchteten in der Josef-Boos-Turnhalle im Zuge der Flüchtlingskrise ab 2015. Damals hätten Eltern ihre Kinder aus Angst vor den Fremden nicht mehr ins Training gehen lassen, erinnert sich 1. Schützenmeister Norbert Wanderer. Als die Geflüchteten ausgezogen waren und die Stadt die Generalsanierung der Halle beschloss, mussten die Schützen ihr Heim samt den Schießständen im Keller dann ab Frühjahr 2020 komplett ausräumen, wie sich Ehrenschützenmeister Walter Heußler erinnert. Immerhin sollte der Verein im Zuge der Sanierung zehn hochmoderne elektronische Schießstände bekommen. Doch zunächst lag der Schießbetrieb auf Jahre brach. Das Vereinsleben „war stark eingeschränkt“, so Heussler. Erst Mitte 2023 habe man die renovierten Räume langsam wieder beziehen können, so Wanderer.
Hochmoderne Schießstände bisher ungenutzt
Doch erst im Frühjahr dieses Jahres habe der Verein vom Landratsamt die Genehmigung für die Wiederaufnahme des Schießbetriebs erhalten. „Er sollte ursprünglich nach den Sommerferien beginnen.“ Doch das Starkregenereignis vom 10. Juli machte diese Pläne zunichte. Etwa einen Meter hoch habe das Wasser an der Außenseite des Notausgangs gestanden, erinnert sich Wanderer. Bis heute sieht man an der Mauer die Spuren, die das schmutzige Wasser hinterlassen hat. Von dort drückte es unter der Türe ins Innere des Schießstands, in dem erst wenige Wochen zuvor die nagelneuen, hochmodernen Schießstände mit ihrer sensiblen Computer-Software aufgebaut worden waren. „Der ganze Raum stand etwa fünf Zentimeter hoch unter Wasser“, erinnert sich Heußler. Zum Glück seien die Schießstände unversehrt geblieben. Den restlichen Schaden übernehme die Versicherung. Wie hoch der sei, können die Schützen nicht sagen.

Jetzt steht Ehrenschützenmeister Heußler in dem großen Raum, auf dessen nacktem Betonboden schwarze Schläuche liegen, die zu einer professionellen Trocknungsanlage gehören, und zeigt auf die Verankerungen im Boden, wo die Schießstände standen, bevor die Schützen den Raum schnellstmöglich leer räumten, um Schäden an den Geräten und der übrigen Einrichtung zu verhindern. Dieses Mobiliar ist nun im angrenzenden Schützenstüberl gestapelt. Das heißt: Nicht nur ein Schießbetrieb ist derzeit nicht möglich. Auch ein geselliges Beisammensein der Vereinsmitglieder ist ausgeschlossen.
Professionelle Trocknung lief erst Wochen später an
Seit 5. September laufe die Anlage Tag und Nacht. Früher sei kein Trocknungsgerät verfügbar gewesen, erklärt Wanderer. Wie lange sie noch laufen muss? „Bis alles trocken ist“, sagt Hallenwart Heinz Michl. Um diesen Zeitpunkt nicht zu verpassen, werde einmal wöchentlich die Feuchtigkeit im Raum gemessen. „Wir sind auf einem guten Weg“, betont Michl. Er gehe davon aus, dass die Anlage bald abgeschaltet werden kann. Dann müsse zunächst kontrolliert werden, ob die Elektrik im Schießstand Schaden genommen hat. Außerdem müsse ein neuer Boden verlegt werden, so Wanderer. Da es derzeit schwierig sei, Handwerker zu finden, sei aber nicht sicher, ob das noch heuer klappe. Erst danach können die Schießstände wieder aufgebaut werden, deren Betrieb dann vom Landratsamt möglicherweise auch erst wieder neu genehmigt werden muss. Wann der Schießbetrieb wieder starten kann? Keiner der Anwesenden kann das genau sagen. Heußler hofft auf Frühling nächsten Jahres.
Heuer kein Schießbetrieb mehr
Finanziell habe der Verein durch den Starkregen zwar keinen Schaden erlitten. „Aber die gesellschaftliche Sphäre leidet unwahrscheinlich darunter“, sagt Heußler. Zahlreiche ältere Mitglieder seien in den vergangenen Jahren verstorben oder ausgetreten, so Schatzmeister Michael Mosig. Und Nachwuchs zu gewinnen, sei derzeit unmöglich. Dabei verfüge der Verein mit den neuen Schießständen eigentlich über „die modernste Schießanlage im ganzen Oberland“ – nur genutzt werden konnte sie bisher noch nie. Auch ihr 150-jähriges Bestehen in diesem Jahr konnten die Penzberger Schützen wegen der momentanen räumlichen Situation nicht feiern. „Der Schützenverein ist im Wachkoma“, findet Heußler ein Bild für die momentane Situation. Ob der Patient nach der Wiederherstellung der Räume wieder erwacht, sei unklar. Versuchen wollen es die Schützen aber auf jeden Fall.