Zweigleisiger Bahnausbau: Anlieger-Gemeinden im Kreis Erding hoffen auf Hilfe der Bundestags-SPD

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Die Schattenseiten des Bahnausbaus bestimmten das Gespräch mit SPD-Bundestagsabgeordneter Claudia Tausend (M.), hier beim Termin am Hörlkofener Bahnhof mit (v.l.) Beate Aust, Ulla Dieckmann, Nicole Schley und Thomas Gneißl. © Vroni Vogel

Die vom Bahnausbau betroffenen Gemeinden Ottenhofen, Wörth und Walpertskirchen erhoffen sich Hilfe von der SPD im Bundestag.

„Wir brauchen Hilfe!“: Diesen Appell richtete Ottenhofens Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD) an die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Tausend, die wegen des zweigleisigen Bahnausbaus München–Mühldorf zum Gesprächstermin ins Hörlkofener Rathaus gekommen war. Das Planfeststellungsverfahren dafür ist inzwischen angelaufen. Die Bundespolitikerin riet den Gemeinden aufgrund der komplexen und komplizierten Sachlage eine begleitende Mittlerstelle für die Kommunen einzurichten. Die betroffenen Bürger sollten sich in einer Interessensgemeinschaft zusammenschließen.

An der Diskussionsrunde nahmen auch der Wörther Gemeindechef Thomas Gneißl (ÜPWG) mit seiner Stellvertreterin Ulla Dieckmann (SPD) sowie der Walpertskirchener Amtskollege Franz Hörmann (CSU) mit der Dritten Bürgermeisterin Beate Aust (SPD) teil. Tausend hörte sich die Probleme an, mit denen die drei bahnanliegenden Kommunen beschäftigt sind.

„Das Verfahren war eine Zumutung“, bilanzierte Gneißl mit Verweis auf die 21 Ordner, die von der Kommune und betroffenen Anliegern durchzuarbeiten waren. Die Auseinandersetzung mit den fachlich anspruchsvollen Inhalten und die Materialfülle stellten alle Beteiligten vor große Herausforderungen (wir berichteten). Das Brisante dabei: Wer seine Einwände nicht im ersten Verfahrensschritt einbringt, hat im weiteren Verlauf voraussichtlich keine weitere Einspruchsmöglichkeit mehr. Für Ottenhofen und Wörth ist das Verfahren bereits angelaufen und die Beteiligung erfolgt. Als nächste Gemeinde ist Walpertskichen an der Reihe.

Die Informationspolitik der Bahn wurde in verschiedener Hinsicht kritisiert. Tausend umriss hier eine grundsätzliche Gegebenheit der Bahn: „Sie plant selbst, sie baut selbst, sie genehmigt sich selbst“ – und sie lasse sich „schwer in die Karten schauen“.

Hörmann führte an, dass es hinsichtlich der künftigen Streckenauslastung „keine klaren Aussagen“ gebe. Derzeit befahren täglich etwa 70 Züge die Strecke. Nach der Umsetzung des zweigleisigen Ausbaus war bisher von bis zu 300 Zügen die Rede. Doch man befürchte, dass zusätzlicher internationaler Verkehr beispielsweise aus Tschechien über die Strecke geleitet werde.

Tausend bedauerte, dass der Fokus auf Hochgeschwindigkeitszügen liege. Sie persönlich würde es begrüßen, wenn die Regionalverkehre gestärkt würden. Zu den Bahnplanungen sagte die Politikerin grundsätzlich: „Wir können das Gesetz ändern, aber wir können das Projekt nicht ändern.“

Hier hakten die Bürgermeister ein. Das Eisenbahnkreuzungsgesetz müsse dringend novelliert werden, um die Kommunen nicht über die Maßen finanziell zu belasten. Es müsse auf die Brückenbauwerke ausgeweitet werden, betonte Schley. In ihrer Gemeinde gebe es fünf Brücken. Dabei habe Ottenhofen kein Gewerbegebiet und keinen Bahnhalt.

Hörmann bekräftigte ebenfalls, dass man auf Bundesebene an das Gesetz ran müsse und alle Fraktionen „zusammenhelfen“ müssten. Gneißl sagte hinsichtlich der drohenden Finanzlast in Millionenhöhe: „Wir werden keine Kreuzungsvereinbarung unterschreiben.“

Sie plant selber, sie baut selber, sie genehmigt sich selber.

Dass die Züge künftig mit 200 km/h auf der Strecke unterwegs sein und mit diesem Tempo auch durch Hörlkofen rauschen sollen, wurde ebenfalls als immenses Problem angeführt. „Wir stellen das sehr infrage“, kommentierte Dieckmann. Die Geschwindigkeitserhöhung habe zur Folge, dass alle schienengleichen Bahnübergänge beseitigt werden müssten und ein Riesenbrückenbauwerk an der Rottmanner Straße in Planung sei.

Aust sprach den dreigleisigen betrieblichen Bahnhof zwischen Walpertskirchen und Hörlkofen als weitere Belastung an. Als positiv sah sie, dass im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung ein weiterführender Lärmschutz für Walpertskirchen erzielt worden sei. Aust hatte sich hier intensiv eingearbeitet und Kontakt mit Betroffenen aufgenommen, die ebenfalls Einwände und Anregungen formulierten. Ohne dieses Engagement auf gemeindlicher Ebene hätte es den zusätzlichen Lärmschutz wohl nicht gegeben.

Hier zeigte sich erneut ein entscheidender Hebel, aber auch Knackpunkt: Nur mit einem Zusammenschluss auf kommunaler Ebene und dem persönlichen Einsatz der Bahnanlieger dürfte eine wirkungsvolle Interessensvertretung aufzubauen sein. Gneißl verwies auf die Schwierigkeit, dass jede Kommune „total unterschiedliche Interessen“ habe.

Als gemeinsame Schnittstellen zeichneten sich die finanziellen Konsequenzen durch das Eisenbahnkreuzungsgesetz, die Geschwindigkeitsfrage und die Forderung nach einer verlässlichen Informationspolitik der Bahn ab.

Tausend nahm die Themen auf: Sie werde mit dem Konzernbevollmächtigen der Bahn in Bayern, Heiko Büttner, sowie mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion und Verkehrsexperten Detlef Müller Kontakt aufnehmen, der selbst Eisenbahner sei. Sie werde zudem einige Briefe schreiben. Man sei „hochgradig dankbar“ für jede Unterstützung, so Gneißl. „Wir tun da, was wir können“, versprach Tausend.  

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