Grüne fordern milliardenschweren Schuldenfonds für Europa: „Europa muss jetzt investieren“
Die europäischen Grünen schlagen in der Debatte über die schwindende Wettbewerbsfähigkeit der EU einen Schuldenfonds für Europa vor – in dreistelliger Milliardenhöhe.
Berlin – Die europäischen Grünen fordern mehr Tempo beim grünen Umbau der Wirtschaft auf EU-Ebene: Die europäischen Grünen schlagen einen neuen Transformationsfonds in Höhe von 150 Milliarden Euro vor. Verwaltet soll das Geld von der EU-Kommission. Laut Spiegel-Informationen wollen die europäischen Grünen unter anderem eine zusätzlich Koordinierungs- und Steuerungsgremien in der EU-Zentrale einrichten. Dies soll in Form eines Schuldenfonds geschehen, schreiben die europäischen Grünen in einem Papier.
Vor Europawahl: Europäische Grünen fordern Schuldenfonds
„Europa muss jetzt investieren“, sagt der grüne Europaabgeordnete Michal Bloss, einer der Autoren des Papiers. „Sonst verlieren wir den Anschluss.“ Bislang habe Europa in der Klima-, Umwelt- und Industriepolitik zu einseitig auf den Markt gesetzt, heißt es weiter in dem Papier, aus dem der Spiegel zitiert. Emissionshandel und CO₂-Preise könnten zwar „den Ausstoß von Treibhausgasen verringern“, aber nicht den klimagerechten Umbau der Wirtschaft beschleunigen.

Der Green Deal dürfe zudem nicht verlangsamt, er müsse beschleunigt werden. Mit dem Europäischen Green Deal wollen die 27 EU-Mitgliedstaaten bis 2050 klimaneutral werden. In einem ersten Schritt sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Wirtschaft und Gesellschaft in vielen Bereichen neu ausgerichtet werden.
Grünen wollen mehr investieren für grünen Umbau der Wirtschaft
In der Vergangenheit war die Debatte um die Aufnahme von Gemeinschaftsschulden für den grünen Umbau der Wirtschaft hochgekocht. Laut dem Handelsblatt fließen bereits 30 Prozent des EU-Haushalts in grüne Investitionen (Stand Januar 2023). Erst am Montag (29. April) hat der EU-Ministerrat Reformpläne für den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt abschließend angenommen, wie EU-Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.
Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte notwendige Schritt für die lang geplante Reform des Regelwerks. Es schreibt den Staaten unter anderem Obergrenzen für Schulden vor. Demnach sollen künftig etwa klare Mindestanforderungen dafür gelten, wie hoch verschuldete Länder ihre Schuldenstandsquoten senken. Gleichzeitig soll bei EU-Zielvorgaben die individuelle Lage von Ländern stärker berücksichtigt werden.
Nach neuen EU-Schuldenregeln: Grünen fordern neuen Transformationsfonds
Grundsätzlich soll in der EU unter den neuen Vorschriften auch weiterhin gelten, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Zudem soll das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit – also die vor allem durch Kredite zu deckende Lücke zwischen den Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen Haushalts – unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gehalten werden.
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Kritiker betonen stets, dass solche Regeln nötigen Investitionen etwa in Klimaschutz oder in den sozialen Bereich die Luft abschnürten. Eine Analyse vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und der New Economics Foundation (NEF) war Anfang April zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Einhaltung der geplanten Regeln ab 2027 nur noch Dänemark, Schweden und Irland in der Lage seien, sich notwendige Ausgaben zu leisten.
Auch in Deutschland würden demnach Investitionen stark gehemmt, hieß es. Die Grünen im Europaparlament sehen die Reform darum sehr kritisch. Sie werde den Bedürfnissen der Zeit nicht gerecht, sagte die Europaabgeordnete Henrike Hahn. (mit Material der dpa)