Warum es nie zu spät ist, in den Aktienmarkt zu investieren – auch in der Rente
Private Vorsorge für die Rente ist heute unverzichtbar. Aktienindex-Investments sind oft die sinnvollste Strategie. Auch im Ruhestand kann sich die Investition noch lohnen.
Berlin – Die gesetzliche Rente reicht heute oft nicht mehr aus, um den gewohnten Lebensstandard im Ruhestand zu sichern. Steigende Rentenbeiträge – mit denen auch künftig zu rechnen ist – treiben viele zu einer zusätzlichen privaten Vorsorge. Doch gerade ältere Menschen legen ihr Erspartes häufig unvorteilhaft an oder verlassen sich auf Finanzberater, die vor allem auf ihre eigene Provision bedacht sind, warnen Experten. In vielen Fällen raten sie, das Geld in Aktien oder Anleihen zu investieren. Selbst im Ruhestand ist es nicht zu spät, in den Aktienmarkt einzusteigen – vorausgesetzt, man beachtet einige grundlegende Regeln.
Aktienindex-ETFs: Sinnvolle Ergänzung zur Altersvorsorge?
„Die beste Strategie für die zusätzliche Altersvorsorge ist der langfristige Aufbau einer vor allem auf Aktien beruhenden Kapitalanlage“, erklärt Klaus Morgenstern, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge. Laut Morgenstern machen gerade ältere Menschen den Fehler, ihr Geld so anzulegen, dass sie nur wenig Rendite erzielen. In manchen Fällen besteht sogar die Gefahr – gerade durch die gestiegene Inflation der letzten Jahre –, dass ihr Geld an Wert verliert. Aber gerade diese Altersgruppe, sagt Morgenstern, hält größere Geldmengen auf Giro- oder Sparkonten.

Die Anlage in Aktien biete oft eine höhere Rendite und gleicht auch Schwankungen aus. Voraussetzung ist jedoch, dass die Aktien ausreichend gestreut sind und lange genug gehalten werden. „Dann ist übrigens auch jegliche Garantie überflüssig, wie sie heute oft noch bei Altersvorsorgeprodukten angeboten wird“, ergänzt Morgenstern.
Auch Fabian Frey, der Leiter der Niederlassung München des VermögensZentrums (VZ), empfiehlt grundsätzlich eine Anlage in Aktien oder Anleihen. Während Aktien höhere Renditen bieten, jedoch stark im Kurs schwanken, sind Anleihen stabiler und können für einen Ausgleich sorgen. „Am besten lässt sich das über ETFs umsetzen. Für regelmäßiges Sparen empfiehlt sich ein ETF-Sparplan“, erklärt er. ETFs sind börsengehandelte Fonds, die eine Vielzahl an Unternehmen enthalten und bestimmte Marktindizes eins zu eins nachbilden – zum Beispiel den deutschen Aktienindex DAX. Bei einem ETF-Sparplan wird monatlich oder in einem anderen regelmäßigen Zeitraum ein fester Betrag investiert.
Deshalb ist es auch im Rentenalter noch sinnvoll, zu investieren
Falsch ist es zudem zu glauben, dass man mit Rentenbeginn zu alt ist, um noch in den Aktienmarkt zu investieren. „Mit 65 Jahren zum Beispiel beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung noch fast 20 Jahre“, sagt Frey. Das ist genug Zeit, um auch Marktschwankungen auszusitzen. Eine Analyse von Finanztip zeigt: Wer in den letzten Jahrzehnten in den ETF MSCI World investiert und die Anlage 15 Jahre lang gehalten hat – unabhängig vom Einstiegszeitpunkt – hat immer eine positive Rendite erzielt. Natürlich fiel diese mal höher, mal niedriger aus. Im schlechtesten Fall lag sie bei 1,3 Prozent, im Schnitt seit 1975 jedoch bei rund acht Prozent pro Jahr.
Das Investieren im Ruhestand dient allerdings weniger dazu, zusätzliche Ersparnisse aufzubauen, sondern eher, das vorhandene Vermögen bis zum Lebensende zu erhalten. Das liegt laut Frey daran, dass Rentner in der Regel nur noch wenig sparen können, da ihnen kein oder nur ein begrenztes Einkommen zur Verfügung steht. Außerdem, so ergänzt er: „Ein Aktiendepot kann übrigens auch steuerbegünstigt an die nächste Generation verschenkt werden. Auch das kann ein Anreiz sein, noch im hohen Alter in Aktien zu investieren.“
Für die Geldanlage nach dem Renteneintritt nennt Morgenstern als eine Möglichkeit das sogenannte Schubfach-Konzept. Alles, was in den nächsten fünf Jahren benötigt wird, sollte auf einem jederzeit verfügbaren Konto liegen – auch wenn die Rendite dort geringer ausfällt. Gelder, die erst später gebraucht werden, können in Aktien und Anleihen gestreut angelegt werden. Geld, das kurz nach den fünf Jahren verfügbar sein muss, sollte in risikoärmere Anlagen fließen. In Aktien kann verstärkt investiert werden, wenn das Geld frühestens in zehn Jahren benötigt wird.
Warum Trumps Zollpolitik Anleger nicht abschrecken sollte
Die Entwicklungen in Trumps Zollpolitik haben in den letzten Monaten zu stärkeren Marktschwankungen geführt. Doch durch das vorübergehende Aussetzen vieler Zölle Anfang April und eine 90-tägige Zollpause zwischen China und den USA seit Mitte Mai hat sich der Markt schnell wieder erholt. Solche Phasen muss man durchstehen können, betont Niels Nauhauser, Abteilungsleiter für Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg – das ist nichts für schwache Nerven, aber entscheidend für langfristigen Erfolg an der Börse.
Unterm Strich gilt: „Der beste Zeitpunkt, um in den Aktienmarkt einzusteigen, ist immer jetzt“, sagt Frey vom VermögensZentrum. „Will heißen: Versuche, den Markt durch Timing zu schlagen, gehen meistens schief.“
Andere Anlagewege statt Aktien – mit Vorsicht bei Finanzberatung
Prinzipiell gilt natürlich, dass es nicht die eine Anlagestrategie gibt, die für alle passt. Doch für den langfristigen Vermögensaufbau kann eine Investition in Aktien – etwa über ETFs – durchaus sinnvoll sein, auch noch im Alter von 65 Jahren, bestätigt Nauhauser. Wer jedoch noch einen Kredit für ein Eigenheim abbezahlt, für den kann eine Sondertilgung sinnvoller sein. In anderen Fällen wird eventuell bereits in naher Zukunft ein Notgroschen benötigt.
Zur Vorsicht rät Nauhauser bei zu großem Vertrauen in Finanzberater. Viele verkaufen ihre Produkte vor allem auf Provisionsbasis und versuchen, diese zu maximieren. Ein Beispiel dafür ist die private Rentenversicherung: Sie wird laut der Website der Verbraucherzentrale häufig verkauft, weil sie die höchste Provision bringt. Doch laut Nauhauser muss man „oft 94 Jahre oder älter werden, um garantiert mehr zurückzubekommen.“ Ähnlich verhält es sich mit der Riester-Rente, die häufig „viel zu teuer und trotz Förderung unrentabel“ ist.