Tölzer Asylunterkunft auf Kippe: Bauantrag außer Kraft – Eilentscheid deckt sich mit Einschätzung der Stadt
Die neue Unterkunft für Asylbewerber am Isarleitenweg in Bad Tölz kann vorerst nicht belegt werden. Die Baugenehmigung ist nach einem Eilentscheid vorläufig außer Kraft gesetzt, was weitreichende Konsequenzen haben könnte.
Bad Tölz – Innerhalb weniger Monate wurde am Isarleitenweg eine Asylunterkunft für 96 Menschen in Holzbauweise errichtet, gegen den Willen der Stadt und trotz Protests der Anlieger. Jetzt hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) einem Eilantrag der unmittelbaren Nachbarn stattgegeben und die vom Landratsamt erteilte Baugenehmigung vorläufig außer Kraft gesetzt. Das bedeutet, dass die Unterkunft nicht genutzt werden darf, ehe nicht ein endgültiges Urteil vorliegt.
Asylunterkunft in Bad Tölz auf der Kippe – Bauantrag vorläufig außer Kraft gesetzt
Sollte das Gericht die Baugenehmigung endgültig für rechtswidrig erklären, worauf der Eilentscheid nach Meinung von Beteiligten hindeutet, würde das bedeuten, dass es sich um einen Schwarzbau handelt, der möglicherweise zurückgebaut werden müsste.
Der Tölzer Fall könnte weitreichende Folgen haben, denn er erregt auch überörtlich Aufmerksamkeit. Wie der Münchner Merkur berichtet, ordnet Matthias Simon, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, die Entscheidung „als wegweisend ein“. Auch andere Landratsämter „werden sich künftig daran orientieren müssen“, so seine aktuelle Aussage.
Tölzer Präzedenzfall: „Andere Landratsämter werden sich künftig daran orientieren müssen“
Die Vorgeschichte des Bauvorhabens geht bis ins Jahr 2023 zurück, als der Tölzer Stadtrat den entsprechenden Bauantrag von zwei örtlichen Investoren einstimmig abgelehnt und eine Veränderungssperre erlassen hatte. Das Landratsamt in Bad Tölz, das auch für die Unterbringung der Asylbewerber zuständig ist, überstimmte als übergeordnete Behörde die Entscheidung der Stadt und erteilte die Baugenehmigung.
Das bedeutete damals auch, dass die Klage der unmittelbar betroffenen Anlieger keine aufschiebende Wirkung hat. Am fraglichen Grundstück fanden deshalb trotz der unsicheren Rechtslage im Frühjahr 2024 erste Rodungsarbeiten statt.
Asylunterkunft am Tölzer Isarleitenweg: Liste an Einwände gegen den Bau ist lang
Die Liste an Einwänden gegen den Bau der Unterkunft ist lang. Den Baufachleuten bei der Stadt erschien die Bebauung mit einem „Riegel für 96 Personen“ viel zu dicht, auch wurden nicht ausreichend Stellplätze für Autos und Fahrräder nachgewiesen. Zusammen mit vielen weiteren Argumenten wurde das Vorhaben in dem am westlichen Isarhochufer gelegenen „Wohngebiet“ mit großen Gärten und lockerer Bebauung schließlich abgelehnt.
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Normalerweise hat die Kreisbaubehörde keine Möglichkeit, sich über eine Veränderungssperre hinwegzusetzen. Sie stützt sich aber auf den „ominösen Paragrafen 246, Absatz 14“, sagte damals Bürgermeister Ingo Mehner (CSU), selbst Jurist. Der gebe im Falle eines Ausnahmetatbestandes weitreichende Möglichkeiten, das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen auszuhebeln. Mit der Genehmigung für den Bau einer Unterkunft für 96 Personen auf dem Grundstück am Isarleitenweg und einer Betriebsdauer von zwölf Jahren sah die Stadt ihre Rechte verletzt.
Nachbarn klagen gegen Asylunterkunft im Wohngebiet in Bad Tölz
Von den Anliegern, die gegen das Vorhaben klagten, blieben schließlich nur der gebürtige Tölzer Veterinär Max Hildenbrand und seine Schwester Barbara Hildenbrand über. Deren 90-jährige Mutter lebt unmittelbar neben dem neuen Gebäude in einem schon lange vorher gebauten Einfamilienhaus.
Hildenbrand erhob im Frühjahr dieses Jahres in einem Bericht im Gelben Blatt schwere Vorwürfe gegen Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler), der – so Hildenbrand – bis heute keinen Kontakt mit den Anliegern aufgenommen und vollendete Tatsachen geschaffen habe. Hildebrands Vorwurf damals wie heute: „Der Landrat handelt gegen die eigene Bevölkerung.“
Bei den Klägern, die hohe Gerichtskosten zu tragen haben, ist die Freude nach dem vorläufigen Urteil natürlich groß, ebenso bei der Stadt, die immer wieder betont hatte, dass man die geforderte Unterbringungsquote weit übererfüllt habe und deshalb eine ungerechte Verteilung der Asylbewerber im Landkreis kritisierte. Bei der Stadt geht man davon aus, dass die Unterkunft nun erst einmal nicht weiter belegt wird.
Eine pikante Note könnte der Fall dann bekommen, wenn ein Schwarzbau bestätigt und der Rückbau gefordert werden sollte, drängt doch das Tölzer Landratsamt bei einem erst spät entdeckten Schwarzbau am Isarspitz in Wolfratshausen unnachgiebig darauf, dass die bereits bezogenen Einfamilienhäuser wieder abgebrochen werden. Karl Bock
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