Reformbedürftige Rente: Diesen Problemen müssen wir uns stellen

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Vier Ziele im Fokus: Was bei einer Renten-Reform zu bedenken wäre

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Rentner-Runde: Für einen Teil der Bezüge der Ruheständler kommen nachfolgende Generationen auf. © IMAGO / Michael Gstettenbauer

Am deutschen Rentensystem gibt es einiges zu verbessern, finden Experten. Bei einer Reform wäre jedoch allerhand zu bedenken.

Berlin – Deutschland verrennt sich bei der Rente. Das ist keine neue Feststellung. Aber weil noch immer keine einschneidende Reform verabschiedet wurde, wird von Experten immer lauter darauf hingewiesen, dass das jetzige Rentensystem keine Zukunft hat.

Rentenreform: Experten empfehlen „Bündelung verschiedener Optionen“ mit vier Zielen

An Verbesserungspotenzial mangelt es nicht. Das hat auch die Ampel-Regierung erkannt. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nennt derweil „eine Kombination mehrerer Reformmaßnahmen“ in seinem Jahresgutachten 2023/24 „unverzichtbar“.

Es gehe um eine langfristig orientierte Reform der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Diese müsse vier Ziele erreichen: die Finanzierung der GRV zu stabilisieren, die Konsequenzen der demografischen Alterung zielgenau zu adressieren, die Lasten zwischen zukünftigen Rentenbeziehern und Beitragszahlern fairer zu verteilen und soziale Härten zu vermeiden.

Empfohlen wird eine „Bündelung verschiedener Reformoptionen“. Diese würde die Akzeptanz in der Gesellschaft erhöhen, weil die einzelnen Maßnahmen nicht so stark ausfielen.

Video: Rentensystem vor dem Zusammenbruch? Das muss passieren

Deutschland und die Rente: Demografie und fehlende Fachkräfte könnten zum Problem werden

Problematisch wirkt sich insbesondere die demografische Entwicklung in Deutschland aus. Denn die Gesamtbevölkerung wird im Durchschnitt immer älter. Dies hängt einerseits mit der steigenden Lebenserwartung zusammen, andererseits mit der sinkenden Geburtenrate. Die sogenannten Babyboomer aus den geburtenstarken Jahrgängen der späten 1950er und der 1960er gehen gerade oder in den kommenden Jahren in Rente.

Schon jetzt sind viele Stellen unbesetzt, Unternehmen suchen händeringend nach Nachwuchs. Auch, weil es an Fachkräften mangelt. Doch so wirklich will es der Politik nicht gelingen, Experten aus anderen Ländern auf den deutschen Arbeitsmarkt zu locken.

Deutschland und die Demografie: Anteil der Senioren nimmt immer mehr zu

In der Bundesrepublik schlägt sich dieser demografische Wandel im Rentensystem doppelt nieder. Denn wegen des Umlageverfahrens kommen aktuell Erwerbstätige für einen Teil der Rente der Ruheständler auf. Doch weil sich die Waage immer mehr in Richtung der zweiten Gruppe neigt, droht hier ein finanzieller Engpass.

Laut Statistischem Bundesamt entfielen im Jahr 2022 auf 100 Personen im Alter von 20 bis 65 Jahren etwa 37 Personen im Alter ab 65 Jahren. Dieser Wert lag der Deutschen Rentenversicherung zufolge 2010 noch bei 33,8 und zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung 1990 sogar nur bei 23,9.

Würden die Ausgangswerte nicht verändert werden, wäre für das Jahr 2060 ein Altenquotient von 51,2 zu erwarten. Allerdings wird die Regelaltersgrenze angehoben, die jüngeren Jahrgänge sollen also länger arbeiten gehen. Wer 1964 oder später geboren wurde, wird bis zu seinem 67. Lebensjahr als Erwerbstätiger eingeplant. Dadurch steigt der Altenquotient nicht ganz so schnell und liegt laut der Deutschen Rentenversicherung 2060 bei 44,7.

Rente der Babyboomer: Deutsche Rentenversicherung sieht sich Herausforderung gewachsen

Bis 2040 sei wegen des Renteneintritts der Babyboomer dennoch ein deutlicher Anstieg der demografischen Belastung zu erwarten. Allerdings werde dieser „nicht stärker als z.B. zwischen den Jahren 1990 und 2010“.

Die Deutsche Rentenversicherung ist deshalb sicher: „Wir haben vergleichbare Belastungen in der Vergangenheit bereits bewältigt.“ Zugleich wird die Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ aus dem Jahr 2020 so zitiert: „Das Umlageverfahren gestaltet die gesetzliche Rentenversicherung durch seine Anpassungsfähigkeit zukunftsfest.“ Was natürlich Ansichtssache ist. Zumal immer mehr Bürger die „Rente mit 63“ nutzen und zeitig in den Ruhestand wechseln wollen.

Seniorin fährt Rolltreppe
Fahrt ins Ungewisse: Das deutsche Rentensystem bringt nicht nur Senioren ins Grübeln. © IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Rentenpläne: Experten schauen auch auf Beamte und Selbständige

Dem Sachverständigenrat schwebt jedenfalls vor, das gesetzliche Renteneintrittsalter an die fernere Lebenserwartung zu koppeln und ist damit auf einer Wellenlänge mit CDU-Chef Friedrich Merz. Dieses sollte kombiniert werden mit „einer neuen Form der ergänzenden, kapitalgedeckten Altersvorsorge“. Ein Experte sah schon zu Jahresbeginn die Rente mit 69 als Zukunftsmodell.

Kritisiert wird der Politik-Plan, das Sicherungsniveau festzuschreiben. Dieser auch als Rentenniveau bekannte Wert ist ein Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt und darf bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken. Dadurch werde der absehbare Anstieg der Beitragssätze noch verstärkt, befürchtet der Rat. Vielmehr geht es laut den Experten darum, die Lasten zwischen den beiden Gruppen fairer aufzuteilen.

Vorgeschlagen wird auch, Einsparpotenziale bei der Höhe der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung für Beamte zu nutzen und eine restriktivere Verbeamtungspolitik in Deutschland anzustreben. Auch bei Selbständigen wird ein Umdenken empfohlen. Werden diese mit einer Altersvorsorgepflicht einbezogen, könnte „der Sozialstaat bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter entlastet und Trittbrettfahrerverhalten vermieden werden“. (mg)

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