Besonderer Schutz- und Lebensraum für Kinder
Im Caritas Kinderdorf Irschenberg gibt es seit Anfang dieses Jahres eine Wohngruppe, bei der vieles neu ist: nämlich das Konzept, einige Kinder und die Mitarbeitenden.
In dieser Kinderdorf-Familie leben weniger Kinder, die von mehr pädagogischen Fachkräften betreut werden. Dies ermöglicht eine intensivere Begleitung der Kinder, unter denen zwei sind, die einen etwas höheren Betreuungsbedarf sowohl im pädagogischen und schulischen Bereich als auch bei der Alltagsbewältigung haben.
Die stellvertretende Dorfleiterin Annette Ehnes beschreibt die neue heilpädagogische Wohngruppe mit zwei integrierten therapeutischen Plätzen so: „Hier finden die Kinder ein neues Zuhause, die aufgrund der herausfordernden Erfahrungen in ihrem bisherigen Leben Formen des Verhaltens gefunden haben, die für sie zwar Lösungen darstellen, jedoch nicht der allgemeinen Norm entsprechen.“ Beispielsweise sehe ein Kind, das in der Schule Probleme hat, die Lösung darin, nicht mehr hinzugehen. „Kinder brauchen ein Umfeld, das ihnen Werte und Sicherheit vermittelt. Wenn ein Kind von klein auf von den Eltern nicht erfahren durfte, dass es im Zusammenleben bestimmte Regeln gibt, dann interpretiert das Kind den Rahmen selbst.“ Was nach außen möglicherweise aggressiv wirke, sei für das Kind ein Weg, um mit seiner schwierigen Situation klarzukommen.
Für Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihres traumatischen Lebenslaufs auffällige Verhaltensweisen zeigen, gebe es im System der Kinder- und Jugendhilfe bislang wenig Angebote. Dem wirkt das Caritas Kinderdorf Irschenberg laut Ehnes mit der neuen Wohngruppe entgegen, die von der Sozialpädagogin Rebecca Hodbod geleitet wird. Sie hat dafür ein neues Team, bestehend aus sechs pädagogischen Fachkräften in Vollzeit mit unterschiedlichen Zusatzqualifikationen. Sie bringen Alltags- und Medienkompetenz ein, sind in Erlebnispädagogik und traumasensibler Pädagogik sowie im Präventionsbereich geschult.
Unterstützt wird das Team von einer Psychologin und den weiteren Fachdiensten des Kinderdorfs. Die 26-jährige Rebecca Hodbod hat während ihres Studiums durch ihre Arbeit in einer systemisch-therapeutischen Wohngruppe in München Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt. Zudem bringt sie eine Weiterbildung zur Prävention von sexuellem Missbrauch von Kindern mit. Das erste halbe Jahr im Kinderdorf bewertet sie positiv: „Mir gefällt, dass ich hier die Freiheit bekomme, gemeinsam mit dem Team Dinge zu gestalten und Ideen einzubringen. “
Das Betreuungsangebot richtet sich an Mädchen und Jungen im Alter zwischen drei und zwölf Jahren, die unter Entwicklungsrückständen, Beziehungsunsicherheiten, fehlenden Sozialkompetenzen und Alltagsfertigkeiten leiden. Diese spezielle heilpädagogische Wohngruppe versteht sich als Schutz- und Lebensraum für Kinder und Jugendliche in besonders schwierigen Lebenssituationen. Sie ist als Lernraum angelegt mit dem Ziel, Entwicklungsverzögerungen aufzuholen und altersgemäße Fähigkeiten zu entwickeln. Auch gewährleiste die intensive pädagogische und psychologische Betreuung die Vernetzung heilpädagogischer Fürsorge und Begleitung in enger Zusammenarbeit mit Kindergarten, Schule, Therapie und Herkunftssystem.
Denn wenn Kinder auf warmherzige Zuwendung und verlässliche Beziehung zu erwachsenen Betreuungspersonen verzichten mussten, das kindliche Bedürfnis nach Sicherheit erschüttert wurde, führt das aus Sicht der Kinderdorf-Experten oft zu einer Beeinträchtigung der psychischen Entwicklung. „Wir achten bei der Aufnahme von Mädchen und Jungen genau auf die Zusammenstellung der Gruppe“, betont Sozialpädagogin Rebecca Hodbod. „Damit die betroffenen Kinder einen sicheren Hafen vorfinden, wo sie von uns individuelle Unterstützung erhalten.“
Derzeit beherbergt das Caritas Kinderdorf Irschenberg rund 80 Kinder und Jugendliche, die außerhalb ihrer Herkunftsfamilien aufwachsen. Die Mädchen und Buben wurden dem Kinderdorf von den Jugendämtern anvertraut, da sich oftmals die Eltern nicht ausreichend um deren Wohl und Erziehung kümmern können.