Koalition am Ende? Klingbeil „genervt“ von Spekulationen – Söder: „Totenglöckchen der Ampel läutet“
Das Lindner-Papier zur „Wirtschaftswende“ mischt die Ampel auf. Fragen zum Ende der Koalition stehen im Raum. Die SPD reagiert genervt – die Opposition teilt aus.
Berlin – Innerhalb der Regierungskoalition aus SPD, Grüne und FDP brodelt es weiter. Mit einem Vorstoß zur „Wirtschaftswende“ hat FDP-Chef Christian Lindner dabei die hitzige Stimmung auf ein neues Niveau angehoben. Ausgang für die Ampel-Koalition? – ungewiss. Das Lindner-Papier fordert etwa eine grundlegende Revision politischer Leitentscheidungen. Dazu gehören die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und ein sofortiger Stopp neuer Regulierungen. Der FDP-Chef sieht seine Vorschläge als dringend notwendig, um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.
Die Koalitionspartner SPD und Grünen gehen auf die Barrikaden. Ist die Ampelkoalition am Ende? Die Opposition nutzt derweil die Gunst der Stunde und verdeutlicht Gemeinsamkeiten mit den Vorschlägen des deutschen Finanzministers.
Droht jetzt das Ampel-Aus? Lindner-Papier sorgt für Unruhe bei SPD, Grüne und FDP
Die Lage der Ampel-Koalition scheint ungewiss. „Niemand will im Augenblick eine Prognose wagen, wann genau die nächste Bundestagswahl stattfindet. In der Koalition, das ist nicht von der Hand zu weisen, brennt gerade die Hütte“, kommentierte die Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, die aktuelle Situation in der Regierung. Zugleich stellte die Umsetzbarkeit des Lindner-Papiers infrage. Angesichts der jüngsten Spekulationen über ein mögliches Ende der Ampel-Koalition zeigt sich indes SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil entnervt.

„Ich merke, dass gerade in diesen Tagen das politische Berlin supernervös ist und viel spekuliert wird, wie es weitergeht“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. „Aber genau das ist es, was die Menschen in diesem Land nervt. Mich übrigens auch.“ Viele Menschen hätten angesichts der Wirtschaftslage Sorgen oder sähen sogar ihren Arbeitsplatz gefährdet. „Und da wollen sie eine Regierung sehen, die sich nicht jeden Tag um sich selbst dreht, sondern die alles dafür tut, um diese Arbeitsplätze zu retten“, betonte Klingbeil. „Ich bin da mehr bei meinem FDP-Kollegen Volker Wissing: Regieren ist nicht einfach, aber wir tragen eine Verantwortung, dass es gelingt.“
Lindner-Papier: Kritik von SPD und Grüne – Ampel-Koalition am Ende?
Auch aus den Reihen der Grünen gibt es deutliche Kritik an dem Lindner-Papier: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge bemängelte den fehlenden Teamgeist innerhalb der Ampel-Koalition und zog einen drastischen Vergleich: „Es ist so, als würde man einem Auffahrunfall zuschauen.“ Bezüglich eines möglichen Endes der Ampel betonte die Politikerin, dass die Grünen an der Koalition festhalten wollen. „Ich finde, wir haben eine Verantwortung. Wenn man von den Wählern den Auftrag bekommt, eine Regierung zu bilden, dann sollte man das auch vier Jahre tun.“
Unterstützung für Lindners Vorschläge kommt hingegen von der Union. CDU-Chef Friedrich Merz lobte die Schnittmengen zwischen den wirtschaftspolitischen Vorstellungen von FDP und Union. „Über Einzelheiten mag man diskutieren, aber die Vorschläge gehen in die richtige Richtung“, erklärte Merz und bezeichnete die Vorschläge als „angebotsorientierte Wirtschaftspolitik“.
Söder fordert Neuwahlen nach Streit um Lindner-Papier – „Totenglöckchen der Ampel läutet“
Das Lindner-Papier mit der „teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“ hat im politischen Berlin für ein gewaltiges Beben gesorgt und stellt die Ampel-Koalition auf die Probe. CSU-Chef Markus Söder forderte angesichts der Differenz der FDP-Überlegungen zu SPD und Grünen bereits Neuwahlen. „Das Einzige, was jetzt zählt, sind Neuwahlen – sofort“, sagte Söder gegenüber der Bild. „Es ist vorbei: Das Totenglöckchen der Ampel läutet. Eine Regierung, die gegeneinander Papiere verschickt, ist handlungsunfähig und eine Blamage für unser Land. Es ist Zeit, den Stecker zu ziehen und das unwürdige Schauspiel zu beenden. Jeder Tag länger schadet Deutschland.“
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Ob die Ampel-Koalition am Ende ist, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Sicher ist hingegen, dass die neuen Kontroversen die Zusammenarbeit zwischen SPD, Grüne und FDP weiter belasten könnte. Doch der Lindner-Plan, beziehungsweise Überlegungen zu einem Ende der Ampel-Koalition, stoßen auch innerhalb der FDP nicht nur auf Zustimmung. „Die weltpolitische Lage mit Krisen und Kriegen ist sehr gefährlich. In dieser Situation braucht Deutschland eine handlungsfähige Bundesregierung und keinen Wahlkampf“, sagte der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) dem Tagesspiegel. „Wenn die FDP jetzt die Ampel verlässt, wäre das politischer Selbstmord aus Angst vor dem Tod.“ (fbu/dpa/afp)