Der Wald, ein ungehobener Schatz?

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Der Wald als Energielieferant: Die beiden AELF-Förster Lisa Schubert (l.) und Jan Borsdorf (r.) machten darauf aufmerksam, dass der Landkreis ein „gigantisches“ Rohstoffpotenzial habe. © Dagmar Rutt

Der Landkreis habe mit seinem Waldbestand ein „gigantisches Rohstoffpotenzial“, meint Jan Borsdorf. Der Starnberger Revierleiter hatte mit Kollegin Lisa Schubert zum Waldspaziergang eingeladen. Um darauf aufmerksam zu machen, dass das Potenzial kaum genutzt werde, aber auch um Vorurteile zu entkräften.

Rothenfeld - Vor 80 Jahren sei Holz so etwas wie eine Sparkasse gewesen. Wer viel Wald hatte, war abgesichert. „Deshalb steht heute so viel Holz“, sagt Lisa Schubert. Sie ist Försterin beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Weilheim und Vorgängerin des Starnberger Revierleiters Jan Borsdorf. Gemeinsam mit ihm lud sie Interessierte zu einem Waldspaziergang mit Holzhackervorführung an der Reviergrenze zu Andechs. Ihr Thema: Was leistet die Forstwirtschaft? Ihre Antwort: Sehr viel. Aber: „Wir nutzen viel zu wenig“, sagt Lisa Schubert.

Ein Drittel der Landesfläche in Bayern ist mit Wald bedeckt. Bewachsen mit fast einer Milliarde Kubikmeter Holz (Quelle: Bundeswaldinventur II). Aktuell wird von sehr viel Nadelholz auf einen vor allem zukunftsfähigen, klimastabilen Mischwald umgebaut. Um den Laubbäumen Platz zu machen, werden vor allem Nadelbäume geerntet. Auch deshalb, weil Sturm und Borkenkäferkalamitäten es erfordern. Leider könne das dadruch anfallende Energieholz nicht immer regional vermarktet werden, weiß Unternehmer Sebastian Berghaus. Es gibt zu wenige Abnehmer mit Hackschnitzelheizungen. Auch, weil Öl und Gas den Energieträger Holz zwischenzeitlich unattraktiv machten. Ein Dilemma, wie die beiden Forstleute meinen.

Nachdem die Endlichkeit von Öl und Gas offensichtlich wurde, der Preis durch die Decke ging, scheint die CO₂-neutrale Wärmepumpe das Gebot der Stunde. Holz – wegen des Feinstaubaufkommens bei der Verbrennung – ist in den Augen vieler Menschen nicht umweltfreundlich und die Abholzung mit großen Erntemaschinen wie dem Harvester für viele nichts anderes als ein brutaler Eingriff in die Natur. Die Spaziergänger, die sich den beiden Forstleuten angeschlossen hatten, wussten, wovon die beiden sprachen. Die meisten sind selbst Waldbesitzer, Christian Wagner aus Drößling, Bruno Ortner aus Machtlfing oder Johann Albrecht aus Erling zum Beispiel. Auch sie kämpfen mit Borkenkäfern und Sturmschäden und wissen Holz als Energieträger zu schätzen. Weil er CO₂-neutral sei, betont Ortner. Neutral deshalb, weil der Wald Sauerstoff produziere, bei der Verbrennung nur so viel CO₂ freisetze, wie vorher gebunden wurde, und das, was geschlagen wird, nachgeforstet werde. Moderne Hackschnitzelheizungen verfügten über sehr gute Filtertechnik, sodass bei größeren Anlagen pro Jahr „gerade mal eine Aschetonne voll anfällt“, wusste Heizungsbetreiber Berghaus zu berichten. Der Feinstaub, da waren sich Waldbesitzer und Förster einig, sei in diesem Zusammenhang vernachlässigbar. Für sie wäre Holz vor allem in Bayern mit seinem Waldbestand und noch mehr im Landkreis ein sauberes und nachhaltiges Mittel zu Energiegewinnung. „Bei uns zu Hause gibt es sowieso nichts anderes“, sagt Ortner als einer der wenigen, die Holz als Energieträger nutzen.

Holzhacker sind im Landkreis rar gesät: 50 Kubikmeter Waldbruch waren innerhalb nur einer halben Stunde zerkleinert.
Holzhacker sind im Landkreis rar gesät: 50 Kubikmeter Waldbruch waren innerhalb nur einer halben Stunde zerkleinert. © Andrea Gräpel

Jan Borsdorf spricht von einem „gigantischen Rohstoffpotenzial“ im Landkreis. Er bedauert, dass es kaum genutzt wird. Holzkraftwerke und Pelletheizungen gebe es viel zu wenige. Vor allem größere gebe es kaum. Die Anmerkung, dass die Ernte mit den großen Harvestern viel Waldboden zerstöre, teilen Borsdorf und seine Kollegin insofern nicht, als im Vergleich zur Braunkohle- oder Ölgewinnung Harvester ein Kinderspielzeug seien. Lisa Schubert hatte sich zur Veranschaulichung aus der Spielkiste ihres Sohnes bedient. „Außerdem ist es schwierig, Holz zu machen ohne Harvester“, so Borsdorf, „so viele Leute gehen nicht mehr in den Wald. Realistisch gibt es ohne Harvester keine Waldwirtschaft.“ Genau diese, wünschten sich die beiden, sei aber ausbaufähig.

Wie wenig das Potenzial im Landkreis genutzt werde, beweise auch die Anzahl der Unternehmen, die Waldhackschnitzel herstellen, trocknen und lagern. Zur Veranschaulichung hatten die AELF-Förster das Weilheimer Unternehmen Berghaus mit einem Holzhacker eingeladen. Das Unternehmen betreibt 14 Holzkraftwerke selbst und verkauft die Energie in Form von Warmwasser. Verbliebene Asche darf auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden. Den Spaziergängern demonstrierte Sebastian Berghaus, wie 50 Kubikmeter Waldbruch innerhalb einer halben Stunde zerkleinert wird. Lisa Schubert betonte am Ende: „Wir hacken den Wald nicht weg, sondern nutzen das, was bei der Ernte von Bauholz oder bei der Pflege junger Bestände mit anfällt und wieder nachwächst.“ Auf dem Kipper lag am Ende eine Menge, die mit 3500 Liter Heizöl vergleichbar sei. Ein beachtliches Ergebnis, meinten die staunenden Teilnehmer, die mit vielen Informationen und nachdenklich nach Hause gingen.

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