Kinder fotografiert, angefasst und geküsst: Übergriffiger 75-Jähriger verurteilt

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Fotografiert, unsittlich berührt und geküsst haben soll ein 75-Jähriger aus dem Landkreis mehrere Mädchen zwischen elf und 14 Jahren. © RWG

Mehrere Mädchen im Alter zwischen elf und 14 Jahren soll ein 75-jähriger Hobbyfotograf aus dem Landkreis auf den Mund geküsst, unsittlich berührt und teilweise nackt fotografiert haben. Auf seinen elektronischen Geräten entdeckten die Ermittler außerdem 23 700 kinderpornografische Dateien. Nun saß der Rentner vor Gericht.

Öffentliche Anfeindungen, ein zerkratztes Auto und Mitbürger, die die Straßenseite wechseln, sobald er um die Ecke biegt. Seit einigen Monaten sieht sich ein 75-jähriger Mann aus dem Landkreis genau damit konfrontiert. Dass es sich bei dem Angeklagten wohl nicht um den beliebtesten Bürger seiner Heimatgemeinde handelt, kommt aber nicht von ungefähr. Dem Weilheimer Amtsgericht liegt eine ellenlange Anklage gegen den Rentner vor. „Mein Mandant möchte den Sachverhalt geständig einräumen“, versicherte der Rechtsbeistand des Beschuldigten.

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Angeklagter war geständig

Doch was wurde dem 75-Jährigen vorgeworfen? Es war eine beachtliche Vorlesestunde, die der Staatsanwalt mit dem Vortrag der Anklageschrift verbrachte: Ab 2010 soll der Beschuldigte – ein begeisterter Hobbyfotograf – regelmäßig Mädchen im Alter zwischen elf und 14 Jahren in seine Wohnung eingeladen haben, um sie für private „Fotoshootings“ abzulichten. Zum Nachteil der Geschädigten war es allerdings nicht bei harmlosen Portraitaufnahmen geblieben. Mitunter sind auf den Bildern die nackten Oberkörper der Mädchen zu sehen. In einigen Fällen hätten die minderjährigen Opfer sogar einander berühren oder mit ihren Lippen „Kussmünder“ formen müssen, heißt es in der Anklage. Zudem soll der Rentner seine jungen Gäste teilweise unsittlich berührt sowie auf die Brust und Mund geküsst haben.

Kinder auf den Mund geküsst

Dass sich die Mädchen bei diesen fragwürdigen Terminen mitunter ausziehen sollten, rechtfertigte der 75-Jährige damals damit, die Kinder hätten sich ansonsten beim Auspusten von Seifenblasen dreckig gemacht. Auch gespielt habe der Angeklagte mit den Mädchen. Ob es ihm dabei um den Spaß der Kinder oder doch nur um seinen eigenen ging, steht in den Sternen. Bei „Blinde Kuh“ soll der 75-Jährige die günstige Gelegenheit – ein Kind hatte die Augen verbunden – dazu genutzt haben, seine minderjährige Spielkameradin auf den Mund zu küssen.

Gleiches Spiel offenbar auch bei einer Fahrradtour, zu der der Angeklagte mit der Familie eines der Kinder aufgebrochen war: Bei dem Ausflug habe sich der Rentner bewusst zu einem der Mädchen zurückfallen lassen und die Minderjährige auf den Mund geküsst. Ein Vorfall, an den sich der 75-Jährige laut eigener Aussage nicht mehr erinnern könne. Der Anklagepunkt wurde letztlich fallengelassen. Das Zünglein an der Waage sei der Fall ohnehin nicht, vermuteten die Verfahrensbeteiligten angesichts der Fülle an Anklagepunkten. Ansonsten räumte der Beschuldigte die Vorwürfe weitestgehend ein und gestand, es sei „blöd von ihm“ gewesen.

Übergriffigkeit bei Fahrradtour

Sein fragwürdiges Verhalten führte der Mann unter anderem auf den plötzlichen Tod seiner Frau im Jahr 2015 zurück. Die Frage des Staatsanwalts, ob sich der Angeklagte allgemein zu Kindern hingezogen fühle, verneinte er vehement, beschwichtigte, bei den Küssen habe es sich lediglich um „Busserl“ gehandelt und versicherte, sich in Teilen bei den Betroffenen entschuldigt zu haben: „Es ist mir wirklich peinlich. Ich habe auch ein schlechtes Gewissen“, so der 75-Jährige.

Hellhörig geworden waren die Ermittler erst, als die Vermieterin des Angeklagten, die mit den Betroffenen in Kontakt gestanden hatte, auf sie zugekommen war. Nach Information der Polizei soll der 75-Jährige nicht nur Portraitfotos, sondern auch „heimliche Aufnahmen“ von den Mädchen angefertigt haben. Zudem hatte man etwa 23 700 kinderpornografische Dateien auf den Geräten des Mannes entdeckt.

23 700 kinderpornografische Dateien auf Geräten

Für den Fall eines Geständnisses hatten die Verfahrensbeteiligten bereits im Vorfeld der Verhandlung eine Vereinbarung getroffen: Der Strafrahmen solle sich demnach zwischen eineinhalb und zwei Jahren bewegen und eine Bewährungsstrafe vorsehen. Vonseiten der Staatsanwaltschaft wurden die vollen zwei Jahre und als „symbolische Wiedergutmachung“ eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro gefordert. Der Verteidiger kam hingegen auf ein Jahr und sechs Monate. Nur Dank des Geständnisses hätten die Mädchen nicht vor Gericht erscheinen müssen, betonte er und stellte klar, sein Mandant habe bei seiner Verhaftung einen „riesen Schreck“ bekommen. „Das war schon arg. So was läuft ab wie im Film“, gab der Rentner zu verstehen.

Am Ende wurden es ein Jahr und neun Monate auf Bewährung, besagte Geldauflage sowie eine Therapie. Aufgrund von „erheblichen“ Gutachtenskosten im fünfstelligen Bereich, die ohnehin noch auf den Angeklagten warten, hatte Richterin Franziska Braun von einer deutlich höheren Geldauflage abgesehen.

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