„Absolut ungeeignet“: Interessengemeinschaft wehrt sich gegen Erstaufnahmeeinrichtung

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Soll eine Erstaufnahmeeinrichtung werden: das frühere Impfzentrum in Hausham. © Thomas Plettenberg

Aus kritischen Fragen ist eine Interessensgemeinschaft geworden. Mit dieser wehren sich die Anwohner gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung im ehemaligen Impfzentrum in Hausham.

Hausham – Ein Statut mit zehn Punkten hat die vor Kurzem neu gegründete Interessengemeinschaft Alte Miesbacher Straße in Hausham verfasst. Erster Punkt: „Wir sind nicht fremdenfeindlich.“ Es gehe den Anwohner auch nicht darum, nicht zu helfen, heißt es im erläuternden Schreiben, das die Sprecher der mittlerweile rund 250 Unterstützer umfassenden ans Rathaus verschickt haben. Man fühle sich jedoch von den Plänen des Landratsamtes „überfahren“ und halte den Standort im ehemaligen Impfzentrum als „absolut ungeeignet“ für eine Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 86 Personen. Deshalb sollten auch Gemeinderat und Bürgermeister gegen die notwendige Nutzungsänderung stimmen.

Wie berichtet, hatte zunächst die Gemeinde die unmittelbaren Nachbarn des Gebäudes zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Da kein Vertreter des Landratsamtes vor Ort war, versprach Bürgermeister Jens Zangenfeind, die Fragen und Kritikpunkte gebündelt an die Behörde weiterzuleiten und erst nach Vorliegen aller Antworten den Gemeinderat abstimmen zu lassen. Ob das Thema tatsächlich – wie aus der Tagesordnung hervorgeht – in der öffentlichen Sitzung am kommenden Donnerstag, 7. Dezember, behandelt wird, ist daher offen. „Es sind noch nicht alle Antworten da“, teilt Zangenfeind auf Anfrage mit und bestätigt, den Gesprächswunsch der vier Sprecher der Interessengemeinschaft am Montag zu erfüllen. Das Schreiben habe er bereits an die Gemeinderäte weitergeleitet, damit alle den selben Informationsstand haben.

Anwohner fürchten Einschränkungen

Die darin vorgebrachten Argumente zielen vor allem auf den aus Anwohnersicht ungeeigneten Standort ab. Es handle sich zwar um ein Mischgebiet, „allerdings nur auf dem Papier“. Faktisch befänden sich fast ausschließlich Ein- und Mehrfamilienhäuser im Umkreis, ja sogar im ehemaligen Impfzentrum selbst seien Mietwohnungen untergebracht. „Es gibt keinen Abstand, wenig Platz, kaum Freifläche“, kritisiert die Interessengemeinschaft. Die Folge seien Einschränkungen, vor allem für den Gewerbebetrieb direkt neben dem Gebäude. Obendrein werde sich das Klima im Viertel durch die Lärmbelästigung und die durch die kurze Aufenthaltsdauer „unglaubliche Fluktuation“ von Geflüchteten aus unterschiedlichsten Herkunftsländern verschlechtern. Eine Unterbringung in einem Gebäude ohne Rückzugsräume und Privatsphäre mit Sanitäranlagen in Containern im Freien sei „nicht menschenwürdig“, eine Integration über Arbeit, Schule oder Kita unmöglich.

Die Anwohner fürchten eine „Standortabwertung“ mit sinkenden Immobilienwerten und eine, schwindenden Sicherheitsgefühl. Zudem rechnen sie perspektivisch mit der Schaffung von weiteren Kapazitäten auf dem Areal, ohne dass die Gemeinde hier noch gegensteuern könne. „Massive Gefahr der Gettobildung“, lautet ihr Urteil. Nicht zuletzt, weil die Anwohner auch durch das Impfzentrum schon stark beeinträchtigt gewesen seien, sollte das Landratsamt einen besser geeigneten Standort für die Erstaufnahmeeinrichtung suchen.

Bürgermeister setzt auf gemeinsamen Weg mit Landratsamt

Zangenfeind will den Anwohnern keine falschen Hoffnungen machen. Eine rechtliche Prüfung der Gemeinde habe ergeben, dass die Erfolgsaussichten einer generellen Ablehnung gering seien. Das Landratsamt könnte den Beschluss des Gemeinderats ohnehin ersetzen. Statt auf Konfrontation zu gehen sei es besser, gemeinsam nach dem besten Weg für Hausham zu suchen. Als Vize-Landrat nutze er hier gern seine Kontakte in die Kreisbehörde. „Wir sitzen alle im selben Boot und dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen“, betont Zangenfeind. Die Fehler seien auf höherer politischer Ebene passiert. „Der Staat hat uns im Stich gelassen“, macht der Bürgermeister klar. Dennoch müsse nun jede Gemeinde ihren Beitrag leisten. Und dies möglichst so, dass nicht noch weitere Turnhallen belegt werden müssen. Sollte die Erstaufnahmeeinrichtung im ehemaligen Impfzentrum also tatsächlich kommen, müssten die beiden Haushamer Sporthallen zwingend frei bleiben. „Das“, sagt Zangenfeind, „ist für mich nicht verhandelbar.“

sg

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