Das 6000-Euro-Meisterstück

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Ein großer Fernseher passt schon mal drauf: Ferdinand Pommer an seinem Sideboard-Meisterstück. © Friedbert Holz

Arcus Ostium: So hat Ferdinand Pommer sein Sideboard aus den Hölzern Amerikanischer Nussbaum und Ahorn genannt. Der Name stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „gebogene Tür“. Das ist ein Hinweis auf das mittlere Bauteil am erlesenen Möbelstück – ein Lamellenrollo. Doch auch sonst weist sein Werk, das praktische Ergebnis seiner vor kurzem bestandenen Prüfung als Meister im Schreinerhandwerk, viele interessante Details auf.

Grünbach – „Ich war einer der Kursteilnehmer im Bildungszentrum Passau-Auerbach, das zur Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz gehört. Dort wurden wir in gut 1000 Stunden auf unsere theoretische und praktische Meisterprüfung vorbereitet, das Meisterprüfungsprojekt bildete dabei den krönenden Abschluss“, erzählt der 26-jährige Jungschreiner nicht ohne Stolz. In nur 18 Werktagen mussten die angehenden Meister ihre ausgewählten Stücke selbstständig planen, fertigen und auch dokumentieren. „Dabei“, so Prüfungsvorsitzender Josef Sailer, „sollte jedes Meisterstück einer entsprechenden Nutzung zugeführt werden können“.

Schon Mitte September hatte Pommer mit Handskizzen begonnen, seinen Möbel-Traum auf Papier zu bannen. Mittels eines Zeichenprogramms brachte er auf dem Computer „in vielen Stunden“ die fertigen Baupläne auf DINA2 – mit allen Maßen und Schraffierungen, samt erklärender Legende am Rand. Dieser Entwurf sowie ein Modell des Sideboards mussten vom Prüfungsausschuss ebenso abgenommen werden wie die vorausgegangenen Ausbildungsschritte.

„In der ersten April-Woche startete ich dann mit der praktischen Vorbereitung“, erinnert sich Pommer. Er musste das Holz sowie alle Beschläge besorgen, bekam einen eigenen, abgetrennten Arbeitsplatz in der väterlichen Schreinerwerkstatt am Bergweg. Denn am 29. April musste das gute Meisterstück fertig sein zur Anlieferung in der Mehrzweckhalle Preying. Dieser Ort nördlich von Passau war von der Handwerkskammer gewählt worden, weil dort genug Platz war für die Ausstellung der insgesamt 19 Meister-Exponate. „Eine gute Woche später musste ich dann zum Fachgespräch, um der Prüfungskommission mein Möbel zu erklären, und vom 10. bis 12. Mai gab’s schließlich alle Stücke in einer öffentlichen Ausstellung zu bewundern.“

Jetzt steht sein Meisterstück im Keller der heimischen Schreinerei, auch Vater Josef und Mutter Sigrid bestaunen es immer wieder gerne. Das Sideboard besitzt links und rechts je eine Tür aus Amerikanischem Nussbaum, mit Aussparung für eine herausziehbare Schublade und einem Innenfach. Der mittlere Teil, besagtes Lamellenrollo, steht etwas vor und lässt sich von oben nach unten öffnen. „Die einzelnen Massivholzleisten, auf ihrer Rückseite mit einem speziellen Polyesterstoff bezogen, fahren in einer CNC-gefrästen Nut, als Verschluss habe ich mir auf der obersten Leiste eine Reihe von Punkt-Magneten ausgedacht“, präsentiert der Meister die Details.

Sowohl vom Material als auch von der Verarbeitung her, das haben ihm die kritischen Prüfer und auch sein erfahrener Vater bestätigt, wurde alles sehr hochwertig und präzise verarbeitet. So haben etwa die beiden Schubladen keinen Auszug aus Metall, wie sonst bei vielen Gebrauchsmöbeln zu finden, sondern aus Holz, millimetergenau gefertigt und eingefügt. Das gesamte Werk ist 1,50 Meter lang, 94 Zentimeter hoch und 60 Zentimeter tief, wiegt nach Einschätzung des Meisters etwa 80 Kilogramm und dürfte als Kundenauftrag „etwa 6000 Euro“ kosten. Doch Pommer denkt gar nicht daran, dieses schöne Teil zu veräußern.

Zudem warten jetzt ganz andere Aufgaben: die Mitarbeit im elterlichen Betrieb. „Ich wollte immer Schreiner werden, habe schon mit meinem Großvater erste Teile zusammengebaut und auch zwei Jahre mit meinem Vater zusammen gearbeitet.“

Nach seinem Kombi-Abschluss an der Berufsschule Erding, was etwa der Mittleren Reife entspricht, hatte er noch in einem Betrieb gearbeitet, bevor er sich schließlich als fertiger Schreinergeselle an die Meisterprüfung wagte. „Hier musste ich insgesamt vier Module abarbeiten, was mir viel Zeit und Ehrgeiz abverlangt hat, aber ich hatte als Motivation immer das Ziel, in meinem Lieblingsberuf gut sein zu wollen“, erinnert er sich an manchmal harte Lerneinheiten. Demnächst wird er sein Können an so genannten freischwebenden Betten aus Zirbenholz beweisen, einem Material, das gut für die Herz-Kreislauf-Funktion und gegen Verspannungen sein soll.

Und wenn er einmal kein Holz mehr sehen mag, geht er joggen, unternimmt Bergtouren oder greift zu seinem Saxophon, das er lange Zeit in der Stadtkapelle Erding gespielt hat. Es ist davon auszugehen, dass er dieses Instrument ebenso perfekt bedient wie jene Werkzeuge, mit denen er sein ganz persönliches Meisterstück geschaffen hat, den Arcus Ostium.

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