Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Bundestag fordert „weitreichende Waffensysteme“ für Ukraine
Der russische Geheimdienstchef verhöhnt den früheren Hubschrauberpiloten, der in Spanien ermordet wurde. Die Ukraine tötet bei einem Raketenangriff Dutzende russische Soldaten. Doch auch die ukrainische Armee ringt mit Problemen. Alle News zum Krieg gegen die Ukraine im Live-Ticker.
Bundestag fordert „weitreichende Waffensysteme“ für Ukraine
15.30 Uhr: Der Bundestag hat die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) dazu aufgefordert, der Ukraine „zusätzlich erforderliche weitreichende Waffensysteme“ für den Abwehrkampf gegen Russland zu liefern. Ein entsprechender Antrag wurde am Donnerstag mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP im Bundestag beschlossen. 382 Abgeordnete stimmten dafür, 284 dagegen, es gab 2 Enthaltungen.
Welche Systeme damit gemeint sind, wird von den Ampel-Fraktionen aber unterschiedlich interpretiert. Für viele Politiker von Grünen und FDP sind darunter Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern zu verstehen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Gabriela Heinrich, sagte dagegen im Bundestag, mit der Formulierung sei „nicht zwingend“ Taurus gemeint. „Es ist eine Interpretationsfrage (...). Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen.“
In dem Antrag, der zwei Jahre nach der russischen Invasion und zehn Jahre nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim beschlossen wurde, wird die Forderung nach weiteren weitreichenden Waffensystemen auch begründet: „Insbesondere muss die Ukraine auch künftig in die Lage versetzt werden, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen und ihre Soldatinnen und Soldaten vor den vielgestaltigen Attacken des russischen Militärs bestmöglich schützen zu können“, heißt es darin.
Kiews Botschafter sieht gravierende Folgen bei ukrainischer Niederlage
12.57 Uhr: Für den Fall einer Niederlage der Ukraine im russischen Angriffskrieg rechnet der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, mit schwerwiegenden Folgen - auch für Europa. „Wir glauben, dass wir in Europa diesen Frieden zurück erkämpfen können“, sagte er am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin" zur Frage eines Kriegsausgangs. Aber wenn man über das Szenario einer ukrainischen Niederlage spekuliere, gehe das mit Millionen getöteten Menschen einher. Außerdem würde es möglicherweise Millionen weitere Flüchtlinge geben und das würde „Europa enormes Geld“ kosten. Eines Tages würden in einem solchen Szenario auch deutsche Soldaten in den Kampf ziehen müssen. „Weil wir sehen: für dieses Russland, für dieses Regime gibt es keine Grenzen, gibt es kein Stopp, nur imperiales Denken.“
Um den Krieg gewinnen zu können, hält Makeiev unter anderem moderne Waffen für zentral. Im Bundestag geht es am Donnerstag um zwei Anträge zur weiteren Unterstützung der Ukraine: einen der Ampel-Parteien und einen der CDU/CSU-Opposition. Die Union erwähnt in ihrem Antrag explizit auch Marschflugkörper vom Typ Taurus, die sich die Ukraine wünscht. Im Antrag der Ampel wird lediglich allgemein die „Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“ gefordert. Der ukrainische Botschafter bezeichnete das als „tolle Beschreibung von dem, was wir gerade brauchen“. Die Ukraine brauche diese weitreichenden Systeme, „um die russischen Knotenpunkte, Lieferungswege und Kommandopunkte zu zerstören“.
Nach zwei Jahren Krieg: Ukrainische Armee sucht händeringend Soldaten
Donnerstag, 22. Februar, 05.09 Uhr: Als Russland die Ukraine überfiel, meldete sich Iwan Sadonzew zum Militärdienst. Doch nach fast zwei Jahren Krieg ist der 27 Jahre alte Ukrainer des Kämpfens müde. „Wir sind alle erschöpft. Tauscht uns aus!“, fordert er. Doch Ablösung ist nicht in Sicht: Kiew hat Schwierigkeiten, genügend Soldaten zu rekrutieren, um den russischen Angriffen Stand zu halten.
„Ich bin wütend. Wie lange soll das noch so weitergehen?“, schimpft Sadonzew, der Presseoffizier des 24. Angriffsbataillons ist: „Wir brauchen Erholung!“ Serhij Ogorodnyk, der eine Kompanie der Luftlandetruppen leitet, stimmt Sadonzew zu. „Die Leute brauchen Urlaub - nicht nur, um sich zu erholen um weiter kämpfen zu können, sondern auch, um sich um ihr ziviles Leben zu kümmern“, sagt der 39-Jährige. Viele Soldaten empfänden es als ungerecht, dass manche Ukrainer seit Februar 2024 an der Front sind, während andere noch gar nicht eingezogen wurden.

Die Militärführung steht vor einem Problem: Sie braucht zum einen Rekruten, um die ausgelaugten Soldaten abzulösen, zum anderen aber auch insgesamt mehr Männer und Frauen, um die Truppen im Kampf gegen den zahlenmäßig überlegenen Angreifer zu verstärken. Doch die Rekrutierung von Freiwilligen kommt nur schleppend voran. Um Abhilfe zu schaffen, legte die Regierung einen Gesetzentwurf zur Erleichterung der Einberufung vor. Die geplante Neuregelung hat eine heftige Debatte im Land ausgelöst.
Der Krieg zieht sich in die Länge, die Gegenoffensive im vergangenen Jahr scheiterte: das dämpft den Enthusiasmus der potenziellen Soldaten. Vor einem Jahr, als die Ukraine einen Erfolg nach dem anderen gegen Russland erzielte, habe er überlegt, Soldat zu werden, sagt Daniil, ein Friseur aus Kiew. „Jeder hoffte damals, dass sich die Dinge zum Guten wenden würden, dass wir alles zurückerobern könnten“, sagt der 27-Jährige. „Jetzt sind die Leute realistischer.“ Militärdienst ist für Daniil heute keine Option mehr.
Auch die Unsicherheit, wie lange der Westen der Ukraine noch beistehen werde, trage zur Kampfesmüdigkeit bei, sagt Anton Grutschetsky vom Internationalen Institut für Soziologie in Kiew. „Die Ukrainer waren wirklich bereit, auf dem Schlachtfeld zu sterben, als sie sich stark unterstützt fühlten“, sagt er. „Wenn man aber weiß, dass es keine Waffen für den Kampf gibt, dann ist das demotivierend.“
Eine Reihe von Korruptionsskandalen und die überbordende Bürokratie beim Militär wirken ebenfalls abschreckend. „Ich dachte, es würde sofort losgehen“, sagt Jewgen Spirin, der vor vier Wochen in die Armee eingetreten ist. „Stattdessen braucht man hier einen Stempel, dort eine Unterschrift“, erzählt er und berichtet von dem Hin und Her zwischen den über die ganze Stadt verstreuten und überlasteten Büros, ein Erbe aus Sowjetzeiten.

Inzwischen gibt es Dienstleister, die die Anwerbung einfacher gestalten wollen. Die Rekrutierungsagentur Lobby X veröffentlicht auf ihrer nutzerfreundlichen Website offene Stellen beim Militär, versehen mit Informationen zu den verschiedenen Einheiten und ihren Kommandeuren. Die Modernisierung des Militärsystems „ist eine sehr große Herausforderung“, räumt Geschäftsführer Wladyslaw Grezjew ein. „Aber wir müssen uns ihr stellen, denn nur so können wir den Krieg gewinnen.“ 67.000 Bewerbungen sind laut Grezjew bereits bei der Agentur eingegangen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte im Dezember an, bis zu einer halben Million weitere Soldaten zu mobilisieren. Selenskyj will ein „effizientes Rotationssystem“ der verfügbaren Truppen einführen und verweist darauf, dass von den „fast eine Million Männern“, die bislang eingezogen wurden, derzeit nur „eine Minderheit“ an der Front eingesetzt werde.

Kernkraftwerk in Saporischschja verliert letzte Backup-Stromversorgung
22.45 Uhr: Das ukrainische Kernkraftwerk in Saporischschja hat laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Verbindung zur letzten verfügbaren Notstromversorgung verloren. Das Problem liege laut IAEA-Mitarbeiter vor Ort aber auf der anderen Seite des Flusses Dnipro und damit in von der Ukraine kontrolliertem Gebiet. Der Grund für die Unterbrechung sei noch unklar, der verantwortliche ukrainische Netzbetreiber habe aber zugesagt, die Verbindung zu reparieren.
Während des Ausfalls verfügt das größte Atomkraftwerk Europas nur über seine normale externe Hauptstromleitung, ein Backup gibt es also nicht. Das Kraftwerk braucht eine Stromversorgung zum Pumpen von Kühlwasser und anderer Funktionen.
Russischer Blogger tot - kurz vorher berichtete er von massiven russischen Verlusten bei Awdijiwka
21.12 Uhr: Der russische Blogger und Soldat Andrej Morozow ist tot. Laut Medienberichten in Russland soll der auch als „Murz“ bekannte Blogger angeblich Selbstmord begangen haben. Der nationalistische Blogger kämpfte schon im Jahr 2014 in der Ukraine an Seiten der Separatisten. Erst am Dienstag sorgte Morozow laut CNN für Aufsehen, als er Zahlen zu den russischen Verlusten beim Kampf um die ukrainische Stadt Awdijiwka veröffentlichte. Seinen Angaben zufolge verlor Russland in der Schlacht seit Oktober rund 16000 Soldaten und 300 gepanzerte Fahrzeuge.
Für diesen Bericht von der Front wurde Morozow in Russland stark kritisiert. Ihm sei auch von seinen Vorgesetzten befohlen worden, den Post zu löschen, schrieb der Blogger in einem seiner Beiträge. Tatsächlich löschte er den Eintrag zu den Verlusten der russischen Armee von seinem Telegram-Kanal. In einem seiner letzten Postings kündigte Morozow seinen geplanten Selbstmord an und veröffentlichte seinen letzten Willen.
London: Russland verstärkt Angriffe bei Robotyne in Südukraine
19.02 Uhr: Die russischen Truppen verstärken nach britischen Angaben ihre Angriffe nahe dem Dorf Robotyne in der Südukraine. Zwar hätten die russische 58. Armee und Luftlandekräfte in der Gegend bei der ukrainischen Gegenoffensive im Vorjahr schwere Verluste erlitten, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch in London mit. Allerdings hätten das langsamere Einsatztempo sowie starke Rekrutierungsbemühungen es den russischen Streitkräften an dieser Front wahrscheinlich ermöglicht, sich zu sammeln und zu stärken, hieß es unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.
Robotyne im Gebiet Saporischschja war im Sommer 2023 von ukrainischen Einheiten befreit worden. Das Dorf, in dem ursprünglich einige Hundert Menschen lebten, war aber weiter in der Nähe der Front.
Mindestens 45.000 in der Ukraine getötete russische Soldaten identifiziert
18.45 Uhr: Mindestens 45.000 russische Soldaten sind einer Medienuntersuchung zufolge seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 in der Ukraine ums Leben gekommen. Dem russischen Dienst der BBC und dem russischen Medienunternehmen Mediazona sei es gemeinsam mit „einem Team von Freiwilligen gelungen, die Namen von 45.123 russischen Soldaten zu ermitteln, die seit Februar 2022 im Krieg in der Ukraine gefallen sind“, heißt es in einem Bericht der Medien vom Mittwoch.
Die Ziffer enthalte lediglich die Namen von Soldaten, „die in öffentlich zugänglichen Daten - hauptsächlich Nachrufen - erfasst wurden“, hieß es weiter. Die tatsächliche Zahl der Toten könnte demnach doppelt so hoch sein.
Zwei Drittel der identifizierten Toten hätten vor der Invasion keine Verbindung zur Armee gehabt, erklärten die Medien. Es handele sich bei ihnen um Freiwillige, Mobilisierte, Häftlinge und Rekruten von Privatunternehmen, erklärte der russische Dienst der BBC.
Scholz lehnt Taurus-Lieferung an Ukraine weiter ab
14.50 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine weiter ab. Zugleich unterstütze er den Bundestagsantrag der Koalitionsfraktionen zum Krieg in der Ukraine „aus vollem Herzen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in der Bundespressekonferenz in Berlin. In dem Antrag, den der Bundestag an diesem Donnerstag beraten will, wird unter anderem die „Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“ verlangt.
Damit solle die Ukraine in die Lage versetzt werden, „gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen“, heißt es in dem Antrag weiter. Taurus-Marschflugkörper würden diese Anforderungen erfüllen, werden aber nicht ausdrücklich genannt. Hebestreit nahm das Wort „Taurus“ nicht einmal in den Mund. Er sagte zur Haltung von Scholz: „Was die Lieferung eines besonderen Waffensystems angeht, bleibt er bei seiner Position.“
EU verhängt zu Jahrestag von Kriegsbeginn neue Russland-Sanktionen
10.30 Uhr: Die Europäische Union hat sich auf ein neues Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Das 13. Paket sei eines der „bisher umfangreichsten“ der EU, erklärte der belgische Ratsvorsitz am Mittwoch in Brüssel nach der Grundsatzeinigung der Ständigen Vertreter der Mitgliedsländer. Der formelle Beschluss im schriftlichen Verfahren wird demnach vor dem zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am Samstag erwartet.
Laut einem vorab bekannt gewordenen Entwurf verschärft die EU damit ihre Exportverbote. Unter anderem soll europäischen Unternehmen der Handel mit Firmen aus dem chinesischen Festland untersagt werden, die militärisch nutzbare Güter nach Russland liefern. Strafmaßnahmen sind auch gegen den nordkoreanischen Verteidigungsminister geplant, der Raketen an Moskau geliefert haben soll.
- Mehr zum Ukraine-Konflikt lesen Sie auf den nächsten Seiten. .