„Werden Land nicht Besatzern schenken“: Vor Trumps Putin-Treffen nimmt Ukraine die Krim ins Visier

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Das Treffen zwischen Putin und Trump in Alaska könnte zu einem Wendepunkt für die Ukraine werden. Indes spitzt sich die militärische Lage zu.

Kiew – Nach über drei Jahren Ukraine-Krieg könnte ein Ende näher sein, als es scheint: US-Präsident Donald Trump trifft am kommenden Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es geht um eine Friedenslösung. Nach Hunderttausenden Toten, Angriffen gegen die Zivilbevölkerung und etwa 20 Prozent besetzen ukrainischen Gebiets erwägt Trump nun offenbar, Moskau mit ukrainischen Gebieten zu belohnen, um eine schnelle Lösung zu erreichen. Die Ukraine ist gegenwärtig außen vor – doch mitten im Ukraine-Krieg schlagen die Truppen von Wolodymyr Selenskyj weiter hart zu. Und treffen jetzt ausgerechnet wieder die Krim.

Ukraine-Krieg: Selenskyj weist Trumps Gebietsdeal-Idee entschieden zurück

Würden Wladimir Putins Truppen die Waffen ruhen lassen, wäre der Ukraine-Krieg zu Ende. Doch Russland weitete seine militärischen Anstrengungen zuletzt aus – und überzog die Ukraine mit so vielen Drohnenangriffen wie nie zuvor. Trump will sich in der kommenden Woche im US-Bundesstaat Alaska mit dem russischen Präsidenten treffen und einen Plan für einen möglichen Waffenstillstand besprechen. Wie Trump am Freitag (8. August) vor Journalisten im Weißen Haus fast beiläufig erwähnte, ist offenbar ein „Gebietstausch“ (“swapping of territories“) eine Option.

Eine Abtretung ukrainischer Gebiete wies der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag entschieden zurück. Er verwies darauf, dass die territoriale Unversehrtheit in der ukrainischen Verfassung festgeschrieben sei. „Die Ukrainer werden ihr Land nicht dem Besatzer schenken“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. „Jede Entscheidung gegen uns, jede Entscheidung ohne die Ukraine ist auch eine Entscheidung gegen den Frieden“, so der ukrainische Präsident weiter. „Dieser Krieg muss beendet werden – und Russland muss ihn beenden. Russland hat ihn begonnen und zieht ihn in die Länge, ignoriert alle Fristen, und das ist das Problem, nichts anderes.“

Zu dem Treffen von Putin und Trump in Alaska ist Selenskyj nicht eingeladen. „Die Zukunft der Ukraine kann nicht ohne die Ukrainer entschieden werden, die seit nun mehr als drei Jahren für ihre Freiheit und ihre Sicherheit kämpfen“, mahnte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Samstag auf der Plattform X. Während Trump einen schnellen Frieden anstrebt, befürchten Beobachter, dass dies auf Kosten der Ukraine gehen könnte und Putin das Gesprächsangebot nur nutzt, um neue US-Sanktionen und Zölle zu vermeiden. Ein Ultimatum des US-Präsidenten war am Freitag verstrichen.

Das Denkmal „Mutter Heimat“ in der ukrainischen Hauptstadt Kiew (Symbolbild, 2023).
Das Denkmal „Mutter Heimat“ in der ukrainischen Hauptstadt Kiew (Symbolbild, 2023). © IMAGO / NurPhoto/Maxym Marusenko

Welcher Gebietstausch schwebt Trump vor? Putin fordert offenbar Krim und Donbass

Wie genau sich Trump einen solchen „Gebietstausch“ vorstellt, ist derzeit unklar. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Putin will demnach die Front einfrieren und durch Verhandlungen die Kontrolle über Saporischschja und Cherson erreichen. Das soll ein US-Beamter dem Medium mitgeteilt haben. Russland erwäge einen zweistufigen Plan, hieß es indes von europäischen Regierungsvertretern: Zunächst solle sich die Ukraine aus dem Donbass zurückziehen, anschließend könnten Verhandlungen beginnen.

Auch die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass Putin die Abtretung der gesamten Oblaste Donezk und Luhansk sowie der völkerrechtswidrig besetzten Halbinsel Krim fordere. „Wo der Fuß eines russischen Soldaten steht, das gehört uns“, hatte der Kremlchef unlängst bei einer Konferenz in Sankt Petersburg gesagt. Moskau hält demnach unnachgiebig an seinen ursprünglichen Kriegszielen fest. Würde die Ukraine tatsächlich gezwungen, die geforderten Gebiete abzutreten, müsste sie ihren stark befestigten Verteidigungsgürtel in Donezk aufgeben, der seit 2014 aufgebaut wurde, wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) analysierte.

Eine Abtretung der Gebiete hätte demnach nicht nur politische Konsequenzen: „Die Aufgabe des verbleibenden Teils des Gebiets Donezk als Voraussetzung für einen Waffenstillstand – ohne jegliche Verpflichtung zu einem endgültigen Friedensabkommen zur Beendigung des Krieges – würde die russischen Streitkräfte in eine äußerst günstige Position bringen, um ihre Angriffe unter weitaus besseren Bedingungen wiederaufzunehmen, nachdem sie einen langen und blutigen Kampf um dieses Gebiet vermieden hätten“, so die Analyse von ISW weiter.

Drohnenhagel trifft Zivilisten: Russland mischt Raketen in Angriffe auf die Ukraine

Zuletzt hatten beide Seiten ihre militärischen Bemühungen erhöht, um Fakten zu schaffen. Russland und die Ukraine verstärkten etwa Angriffe auf strategisch wichtige Bahnlinien, die Nachschub an die Front liefern. Moskau überzog die Ukraine zudem mit massiven Drohnenangriffen. Allein im Juli waren es laut ISW über 6000. Dabei setzt Moskau im Gegensatz zu Kiew auch auf zivile Ziele, insbesondere auf ukrainische Großstädte. Immer wieder mischen Russlands Truppen auch ballistische Raketen oder Marschflugkörper in die Drohnenschwärme und versuchen so die Luftabwehr zu übersättigen. „Kiew lebt gerade mit Tränen in den Augen“, sagt eine Bewohnerin der Hauptstadt der Deutschen Presse-Agentur.

Indes verzeichneten ukrainische Truppen zuletzt auf der Halbinsel Krim einen militärischen Erfolg: Der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) meldete am Freitag, dass bei einem Drohneneinsatz auf der Krim die Radarstation 98L6 „Jenissei“ beschädigt oder zerstört wurde. Dabei handelt es sich um eine Komponente des russischen Luftabwehrsystems S-500 und „eine der wertvollsten Radarstationen im russischen Arsenal“, wie es in der Mitteilung hieß. Laut HUR handele es sich dabei um einen „erheblichen Schlag“ für die Fähigkeiten der russischen Streitkräfte auf der Krim. Die Ukraine hatte bereits kurz nach der russischen Invasion angekündigt, die Krim zurückgewinnen zu wollen.

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