Ein Dorf am Starnberger See macht Kunst zum Erlebnis
Über 40 Künstler, vier besondere Orte und vier kreative Workshops: Das ist die 48. Bernrieder Kunstausstellung. Ein echtes Erlebnis – das man sich unbedingt noch bis 15. August gönnen sollte.
Caterina Valente sang 1954 von ganz Paris und der Liebe. 70 Jahre später scheint diese Melodie – etwas adaptiert – über den Starnberger See zu schweben: „Ganz Bernried träumt von der Kunst – denn dort ist sie ja zu Haus.“ Nie spürte man das deutlicher als am Sonntag: Viele Besucher, viele bekannte Gesichter pilgerten zwischen dem Sommerkeller, dem Salettl des Gasthofs Drei Rosen, der Torbogenhalle im Klosterhof und dem Buchheim Museum einher, zusätzlich angeregt von den alten und neuen Outdoor-Werken des Kunstspaziergangs.
„Wir schwimmen hier nicht im Kielwasser von irgendwas, sondern leben aus der Tradition heraus“, betonte denn auch Bürgermeister Georg Malterer bei der Eröffnung. Im 19. Jahrhundert etablierte sich der Ort in der Kunstszene und hat es geschafft, in den letzten 48 Jahren stets am Ball zu bleiben. Unter den Fittichen von Ingrid Klemm-Beyer und Julia Compagnon wurde aus den Bewerbungen von Bernriedern und Gästen ausgewählt und von der Hängekommission installiert, auch im Buchheim Museum setzte man auf Teamarbeit. Erfolgreich! Das Ergebnis ist ein bereichernder Querschnitt durch Malerei und Skulptur, der eine deutliche Tendenz zum Spiel mit der Gegenständlichkeit aufweist und vor allem den Objekten den nötigen Raum lässt.
Werke verdienen genauen Blick
Klaus Maschnaka wendet noch einen besonderen Trick an und startet ein – grenzenloses – Kopfkino: Seine Bilder wirken wie Krimiszenen, die Landschaften, die Lichter, die Camper spielen mit unterschwelligen Ebenen von Gefahr, Geheimnis und Sehnsüchten. Auch Annemarie Hahne bleibt nah an der Realität, steuert unseren Blick aber durch ein Heranzoomen in ihren Bildern: Scheinwerfer, Fenster, Schneekanonen prägen auf einmal unsere Umwelt. Eine Meisterin im Inszenieren von Wahrnehmungsebenen ist Ina Kohlschovsky: Ihre Malerei ist fotorealistisch einerseits, verfremdet und befremdlich andrerseits. Schwarzweiße Ausschnitte und Farbflächen komponiert sie zu Szenen, die unwillkürlich fesseln und über eine eigenwillige Ästhetik einen kritischen Blick und einen Perspektivenwechsel ermöglichen und das Nachdenken über die Verankerung des Menschen in der Gesellschaft und der Umwelt vorantreiben.
Cornelia Hesse animiert die Besucher mit federleichten Installationen zum Nachdenken: Gemalte Wolkengebilde und Luftpolster-Cumuli hängen über den Köpfen und lassen über den Kreislauf der Ressourcen sinnieren – genauso wie ihre Skulpturen mit Natur- und Kunstmaterialien. Bei Sonja Keppler braucht es schon einen genauen Blick, bis man die Crux und den Witz an der Sache entdeckt: Die vermeintlich organischen Formen ihrer „Objekte des Widerstands“ kreieren ihre bunte Oberfläche aus Sicherungswiderständen.
Einen genauen Blick und viel Zeit verdienen auch die vielen anderen Werke, die mal mit einem „Seelenbaumler“ (Ute Schäuberle), mal mit einem ganzen Kosmos im Leuchtkasten (Jasmin Tuschl) aufwarten, „Globetrottel“ (Katrin Bach) fokussieren oder kurzerhand Dubai nach Bernried (Ulf König) holen. Wem das alles noch nicht reicht, der hat noch eine kleine Ergänzung über dem Sommerkeller im Glaskasten – eigentlich also ein fünfter Ausstellungsort.