Bombenalarm: Rentner wehrt sich gegen Evakuierung - und landet vor dem Amtsgericht

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Bombenalarm: Rentner wehrt sich gegen Evakuierung – und landet vor dem Amtsgericht

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Im Mai 2023 wurde in Geretsried eine Fliegerbombe gefunden: Ein 67-Jähriger wehrte sich gegen die Evakuierung. Deshalb stand der Mann jetzt vor dem Wolfratshauser Amtsgericht. © Archiv

Nach dem Fund einer Fliegerbombe evakuierte die Polizei 2000 Geretsrieder. Ein 67-Jähriger weigerte sich, seine Wohnung zu verlassen - und saß deswegen jetzt auf der Anklagebank im Amtsgericht.

Geretsried – Die Beseitigung einer Fliegerbombe in Geretsried am 15. Mai vorigen Jahres hatte für einen Rentner ein Nachspiel am Amtsgericht. Der Mann hatte sich damals massiv gegen die angeordnete Evakuierung gesträubt und musste schließlich von mehreren Polizisten aus der Sperrzone entfernt werden. Nun wurde der 67-Jährige vom Amtsgericht Wolfratshausen wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie Widerstand und versuchter Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Mehr als ein halbes Jahr sind seit dem Vorfall vergangen, aber der Mann wankt noch immer zwischen Einsicht und Unverständnis. „Die Aktion war absolut willkürlich. Es war lächerlich, mich zu evakuieren“, behauptet er. Er habe schon 25 Evakuierungen mitgemacht, nie sei etwas passiert. Andererseits räumt er ein, seinen Teil zur Eskalation beigetragen zu haben: „Es war eine große Eselei.“ „Das umschreibt nur sehr oberflächlich, was sich abgespielt hat“, stellte der Richter später in seiner Urteilsbegründung fest.

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Man habe lange auf den Rentner eingeredet, weil dieser partout in seiner Wohnung habe bleiben wollen, berichtete der Einsatzleiter der Bereitschaftspolizei Dachau, die damals mit einer Klasse Auszubildender vor Ort war. Die gingen von Haus zu Haus, um alle Personen im Umkreis von 300 Metern zum Fundort der Bombe an der Sperlingsstraße zu evakuieren. „Ich habe ihm angeboten, ihn in eine Kneipe zu bringen, ihm ein Bier zu spendieren und ihn später nach Hause zu fahren“, erklärte der Beamte. „Ich habe ihm Schuhe, Jacke und einen Regenschirm geholt.“ Aber der Mann sei nicht zum Mitgehen zu bewegen gewesen.

Geretsried: Rentner riss sich los und legte sich auf die Couch

Stattdessen habe er sich losgerissen, sich auf die Couch gelegt und sich gesperrt, als mehrere Kollegen ihn mit vereinten Kräften rausschaffen wollten. Weil er im Gerangel einen Polizisten geschubst hatte, dass dieser über einen Sessel stürzte, „haben wir ihn auf den Boden gelegt und gefesselt“, erläuterte der auf „Konfliktkommunikation“ spezialisierte Zeuge. Schließlich hätten zwei Beamte den Mann aufrecht, „jeder an einem Arm“, aus dem Gebäude getragen und zur Polizeiinspektion transportiert.

Ein Zirkus ist das, unglaublich.

„Ein Zirkus ist das, unglaublich“, stellte Richter Helmut Berger fest, nachdem er den früheren Krankenpfleger zu einer Haftstrafe von sechs Monaten – einem weniger als von der Staatsanwältin beantragt – verurteilt hatte. „Eine Fliegerbombe zu entschärfen, ist mit einem Risiko verbunden. Deshalb muss evakuiert werden. Da gibt es keine Diskussionsgrundlage“, so Berger. Als Auflage muss der Verurteilte 2000 Euro an die Deutsche Polizeigewerkschaft zahlen. Der Angeklagte nahm das Urteil an. (rst)

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