Volkswagen kündigt Sonderschichten für den Bau von neuen Verbrenner-Modellen an

VW kündigt an, in seinem Stammwerk in Wolfsburg von Mai bis zu den Sommerferien im Juli Sonderschichten einzulegen. Der Konzern baut dort die Verbrenner-Modelle Tiguan, Golf, Touran sowie den siebensitzigen Tayron. Allein in der Montage werden 16 Sonderschichten angesetzt, weitere kommen in Karosseriebau und Lackiererei hinzu. Begründet wurde das mit der „aktuellen Programmsituation“, heißt es in einem internen Schreiben.

Die Entscheidung, auf die sich Management und Betriebsrat geeinigt haben, ist ungewöhnlich, weil sie an sich zwei Trends zuwiderläuft, die als gesetzt gelten. Erstens: Wenn etwas läuft, ist es eigentlich der Absatz von E-Autos und nicht von Verbrennermodellen, oder? Und zweitens: VW steckte doch bis eben noch in der Krise. Ist die schon vorbei?

Tendenz bei E-Autos deutlich steigend

Was den Markt für PKW anbelangt, sehen die Zahlen so aus: Elektro-Modelle haben in der EU bei den Neuzulassungen im ersten Quartal einen Marktanteil von 15 Prozent. Das heißt: Nur etwas mehr als jedes sechste neue Auto ist ein Elektrisches. Die Tendenz ist allerdings deutlich steigend. 

Trotzdem gilt: Alle anderen Autos landen nach wie vor mit einem Benzin- oder Dieselantrieb neu auf die Straße. Immer mehr Kunden kommen zwar ins Grübeln, wenn sie sich für einen Neuwagen entscheiden sollen. Eine klare Mehrheit in Europa will bislang aber doch den hergebrachten Antrieb. 

„Smartphone auf Rädern“ in Shanghai

Weltweit ist der Trend der gleiche: China liegt mit etwa 35 Prozent der Neuzulassungen, die auf E-Autos entfallen, vorne, was daran liegt, dass die Branche dort noch jung ist und gleich auf elektrische Antriebe setzt. Länder wie Japan und die USA, in denen die Automobilindustrie eine lange Tradition hat, liegen bei den Neuzulassungen elektrischer Autos aber noch im einstelligen Prozentbereich.

So kommt es, dass sich für Europas Marktführer VW zwar aktuell bei der Automesse in Shanghai alles ums „Smartphone auf Rädern“ dreht, wie es im Branchendienst „Automotive Briefing“ heißt, gegenwärtig die Produktion von Autos mit Verbrenner-Motor in Europa jedoch absolute Priorität genießt.

Steuerliche Förderung von E-Fahrzeugen als Dienstwagen 

Dazu kommen politische Rahmenbedingungen, die den Elektronantrieb ebenfalls nicht bevorzugen -  jedenfalls nicht, wenn private Käufer über die Anschaffung eines Neuwagens entscheiden wollen. Die sich abzeichnende Regierungskoalition aus Union und SPD will nur die steuerliche Förderung von E-Fahrzeugen als Dienstwagen ausweiten und künftig auch teurere E-Modelle bis zu einem Listenpreis von 100.000 Euro günstiger versteuern lassen. Davon profitieren jedoch nur Dienstwagen-Fahrer. 

Das gleiche gilt für die vorgesehene Sonderabschreibung von E-Autos, die die Anschaffungskosten schneller und in größerem Umfang steuerlich wirksam werden lässt. Darüber hinaus bleibt alles beim Alten. Ob, wie angedacht, Geld aus dem EU-Klimasozialfonds fließt, damit sich auch Normalverdiener ein neues E-Auto leisten können, steht in den Sternen. 

Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller hat den Koalitionsvertrag deswegen als „wenig konkret“ bemängelt. Er führe „zu Unsicherheit und Kaufzurückhaltung bei E-Auto-Kunden, der dringend benötigte Hochlauf der Elektromobilität wird vertagt.“ Genau das spiegelt sich in den Maßnahmen bei VW offenbar wider.

VW trotz erfolgreich dem Markttrend

Und auch Trend Nummer zwei, die vielbeschworene Krise bei Volkswagen, ist relativ. Das Kraftfahrzeug-Bundesamt hat dazu Zahlen parat. Danach sieht es beim Absatz des VW-Konzerns im Jahr 2024 so aus: Top 1 unter allen Automarken ist VW mit dem Golf bei 100.183 Neuzulassungen. Die Plätze 1 bis 5 der meistverkauften Autos in Deutschland sind von Modellen des VW-Konzerns belegt. Insgesamt konnte die Marke VW 2024 trotz rückläufigem Gesamtmarkt von -1 Prozent den Absatz um 3,4 Prozent steigern. Bei Elektroautos (BEV) musste VW zwar dem Markttrend folgend Absatzeinbußen von -12,1 Prozent hinnehmen, allerdings erheblich weniger als der Gesamtmarkt mit -27,4 Prozent. 

Unter den drei Top-Marken bei Elektroautos lag VW einsam an der Spitze mit 62.000 Einheiten – fast doppelt so viele wie Tesla. Und In Europa konnte VW seine Pole-Position sogar weiter ausbauen. Der EU-Marktanteil des Konzerns aus Wolfsburg steigt auf 26,3 Prozent. Der Marktanteil der Nummer zwei in der EU, der französischen Stellantis-Gruppe, ging von 16,5 Prozent auf 15,2 Prozent zurück. Auf dem umkämpften Heimatkontinent also ist VW mit Abstand der erfolgreichste Konzern. Und auch in China will VW Marktanteile gewinnen.

Artikel verfasst von Business Punk