„Grenze ist kaputt“: US-Demokraten fordern härteren Kurs in der Migrationspolitik
Die Republikaner um Donald Trump haben die Migration zu ihrem Thema gemacht. Auf dem Parteitag wollen die Demokraten gegensteuern – und rücken nach rechts.
Washington, D.C. – Migration ist in den USA ein wichtiges Wahlkampfthema und gehört laut Aussagen der Wähler zu ihren wichtigsten Anliegen für die anstehende US-Wahl. Die Republikaner um Donald Trump und J. D. Vance haben das längst erkannt und dominieren bisher die Debatte. Somit kamen die US-Demokraten nicht umhin, das heikle Thema am dritten Abend der Democratic National Convention (DNC) in den Fokus zu rücken. Doch anstatt ein Gegenprogramm zu entwickeln, schienen sie dabei weiter nach rechts zu rücken. Hierin spiegelt sich wider, wie sich die öffentliche Meinung der US-Amerikaner bezüglich Einwanderung und Sicherheit der Grenzen im Lauf der letzten Jahre gewandelt hat.
Auch am dritten Abend des Parteitags der Demokraten vor vier Jahren stand das Thema Einwanderung im Mittelpunkt. Damals wurde eine Reihe persönlicher Geschichten darüber vorgetragen, wie die Politik der Trump-Ära das Leben von Einwanderern und ihren Familien durcheinander gebracht hatte. Aktivisten, die sich für eine Einwanderungsreform einsetzen, kamen ebenfalls zu Wort. Die Partei gelobte in ihrem Programm für 2020 „das bestehende Asylsystem und andere humanitäre Maßnahmen zu schützen und zu erweitern“ sowie „die Politik der Trump-Administration zu beenden, die Asylsuchenden die geschützte Einreise verweigert“.
Die Demokraten um Harris geloben Migration zu beschränken – Ein Rechtsruck der US-Politik gegen Trump?
Vier Jahre später scheint davon nicht mehr viel übrig zu sein. Die Redner am Mittwochabend (21. August) befürworteten eine härtere Gangart gegenüber Asylbewerbern, sprachen davon, dass sich die Realität der Einwanderungspolitik seit Beginn der Pandemie verändert habe und lobten die Versuche von US-Präsident Joe Biden, ein parteiübergreifendes Gesetz zur Grenzsicherung auszuhandeln. Dieses sieht erhebliche Beschränkungen des Asylrechts sowie die Einstellung Tausender zusätzlicher Grenzschutzbeamter und Einwanderungsbeamter vor, scheiterte im US-Senat jedoch an einer Blockade der Republikaner – obwohl diese maßgeblich an seiner Ausarbeitung beteiligt waren.

Tom Suozzi, ein Abgeordneter, der in diesem Jahr einen von den Republikanern gehaltenen Wahlkreis gewinnen konnte und gleichzeitig strengere Grenz- und Asylgesetze forderte, war einer von ihnen. „Um es klar zu sagen: Die Grenze ist kaputt“, läutete er seinen Redebeitrag laut NBC News ein, bevor er versprach, dass Kamala Harris „mit Freude die Herausforderung annimmt, über Parteigrenzen hinweg zu arbeiten, unsere Grenze zu sichern und Menschen wie Menschen zu behandeln“. Direkt im Anschluss habe dann die Abgeordnete Veronica Escobar das Wort ergriffen. Auch sie habe von der Sicherung der Grenzen gesprochen und Trump dafür kritisiert, dass er die Republikaner davon überzeugt hatte, Bidens parteiübergreifendes Migrations-Gesetz zu kippen.
Die Frustration über Trumps Blockade ist groß – Auch Harris will nach US-Wahl gegen Migration vorgehen
Das kritisierte laut CBS News auch der Senator Chris Murphy aus Connecticut, der bei dem Abkommen die Rolle des demokratischen Verhandlungsführers innehatte. „Donald Trumps Verbündete waren nicht nur im Raum, sie halfen uns bei der Ausarbeitung des gesamten Gesetzes“, so Murphy vor dem DNC-Publikum über das Vorhaben, das er als „überparteiliches Gesetz“ bezeichnet habe. Javier Salazar, der Sheriff eines texanischen Bezirks in der Nähe der Grenze zwischen den USA und Mexiko, habe Trump gar „einen selbstsüchtigen Mann“ genannt, da dieser mit dem Kippen des Grenzgesetzes „unsere Arbeit nur noch schwieriger gemacht“ habe.
Eine solche Frustration mit Trumps Blockade ist verständlich, da die Republikaner Harris und ihre Partei für die beispiellose Zahl der Grenzübertritte in den letzten Jahren verantwortlich gemacht haben. Ebenso haben der ehemalige US-Präsident und seien Anhänger Harris‘ Positionen zur illegalen Einwanderung – einschließlich ihrer Unterstützung einer Bewegung zur Entkriminalisierung von Grenzübertritten – zum Wahlkampfthema gemacht. Die Demokraten haben versucht, dem entgegenzusteuern, indem sie ihre Bereitschaft für die Wiederbelebung des parteiübergreifenden Grenzsicherheitsabkommens signalisiert haben. Und indem sie hervorheben, dass sie sich für einen „verdienten“ Weg zur US-Staatsbürgerschaft einsetzen wollen.
Migration ist beherrschendes Thema der US-Wahl – nicht alle Demokraten sind mit Harris‘ Kurs glücklich
Zudem kann das Team Harris/Walz, anders als in vorherigen Jahren, auf einen starken Rückgang der Grenzübertritte verweisen. Im Juli gingen diese den fünften Monat in Folge zurück und erreichten den niedrigsten Stand seit September 2020. Daten der US-Zoll und Grenzschutzbehörden zufolge, die der britische Guardian veröffentlicht hat, waren die Grenzübertritte seit Beginn der Covid-19-Pandemie stark angestiegen. Dem Blatt zufolge lag der monatliche Durchschnitt von 2013 bis 2019 bei 39.000 Menschen. Allein im Dezember 2023 hätten die Beamten an der Südgrenze einen Höchststand von 302.000 Fällen (dazu gehören Festnahmen und sofortige Abschiebungen) registriert. Die Website der Behörde gibt für Juli nur noch 56.408 Grenzübertritte an.
Meine news
Trotzdem wird das Thema Migration den Wahlkampf der Demokraten voraussichtlich weiter beherrschen. Im Programm der Demokraten für 2024 heißt es jetzt, dass man die schnelle Abschiebung von Wirtschaftsmigranten befürworte und Anforderungen für Asylanträge verschärfen wolle. Präsidenten, so steht es dort, sollten die Befugnis haben, die Bearbeitung von Asylanträgen zu stoppen, wenn das System überlastet ist.
Zufrieden sind damit in der Parteibasis nicht alle. Gegenüber dem Portal Axios beklagten offenbar mehrere demokratische Abgeordnete, dass sie sich mit diesem Kurswechsel unwohl fühlen. Sie hätten sich für eine progressivere Einwanderungspolitik ausgesprochen und seien über einen möglichen Rechtsruck der US-Politik besorgt gewesen, hieß es dort. (tpn)