Der Stadtrat streitet über Straßennamen. So wie die Debatte läuft, bringt sie aber niemandem etwas. Der Streit ist Harakiri - und gleicht einem Kulturkampf. Ein Meinungsbeitrag.
Der Wolfratshauser Stadtrat sollte nur informiert werden – der Sachstandsbericht eskalierte und wurde zum hitzigen Schlagabtausch. Dass die Debatte auf diese Art und Weise zu etwas führt, bezweifelt Vize-Redaktionsleiter Dominik Stallein in einem Kommentar.
„Man kann darüber diskutieren, wer auf Straßenschildern gerühmt wird – sachlich, fair und offen. Es geht dabei um Geschichtsbewusstsein und schon auch um politische Signale. Der Wolfratshauser Stadtrat hatte die Chance. Er wählte eine äußerst unangenehme Harakiri-Variante.
CSU-Mann (und Waldramer Pfarrgemeinderat) Wolfgang Weichlein fand allen Ernstes, man müsse sich damit jetzt doch nicht mehr befassen, weil die Vergangenheit doch schon vorbei ist. Man sollte ihm das Badehaus-Museum in seiner Nachbarschaft zeigen. Das präsentiert recht eindrucksvoll, worum es eigentlich geht in der Erinnerungskultur und im Gedenken: nämlich darum, aus der Geschichte zu lernen. Und wenn das angemessen und fair geschieht, nennt man das nicht „Woke-ismus“, dann nennt man das schlichtweg „Bildung“.
Apropos Fairness: Wenn Assunta Tammelleo in dem Zuge noch über die gerichtliche Sonderrolle von Kirchen spricht, gewinnt man den Eindruck, dass es der Atheismus-Aktivistin aus der Faulhaber-Straße noch um etwas anderes geht. Sie selbst sprach von einem jahrzehntelangen Hobby, für Religionsfreiheit zu werben.
Und bitte: Es sollte nicht der Eindruck entstehen, Faulhaber sei glühender Nazi und obendrein Missbrauchstäter oder ein Heiliger. War er beides nicht. Sollte sein Name deshalb auf Straßenschildern stehen? Ich weiß es nicht. Aber man sollte historische Figuren einordnen. Und zwar unaufgeregt. Mit Geschichtsbewusstsein statt Kulturkampf.“