Sie ließen sich nicht einschüchtern: Rund 70 Teilnehmer haben beim Klimastreik in Miesbach teilgenommen – nur einen Tag nach dem Anschlag in München. Ohne Angst, aber mit klarer Botschaft.
Miesbach – Auf den Gehsteig ausweichen? Oder gleich ganz auf den Zug durch die Stadt verzichten? Fragen, die einen Tag nach dem Auto-Anschlag auf eine Verdi-Kundgebung in München für Organisatoren von ähnlichen Veranstaltungen durchaus ihre Berechtigung hätten. Für den Miesbacher Klimastreik am Freitagmittag, zu dem die Ortsgruppen von Fridays for Future und Christians 4 Future gemeinsam aufgerufen haben, habe es diese Überlegungen aber nicht gegeben, betont Mitinitiatorin Laura Killer. Die Demo in Miesbach sei eine von 150 in ganz Deutschland, und sie werde so ablaufen wie gewohnt: Start im alten Krankenhauspark, dann gemeinsamer Fußmarsch zur Kundgebung mit Manuela Troschke von Scientists for Future am Rathausplatz und weiter zum Schlusspunkt an der Mittelschule.
Noch während Killer und ihre Mitstreiter die ersten Banner zwischen den Bäumen befestigen und Fahnen an die tröpfchenweise eintreffenden Demonstranten verteilen, parken zwei Polizeiautos vor der Realschule. Eines werde den Zug anführen, eines hinterherfahren. Mehr Schutz, sagt der stellvertretende Dienststellenleiter der Miesbacher Polizei, Christian Walter, sei schlicht nicht möglich. Der Grund: zu viele Veranstaltungen bei gleichzeitig begrenzten personellen Ressourcen. So marschieren die gut 70 Teilnehmer des Klimastreiks auch nur auf einer Straßenseite, während der Verkehr auf der Gegenfahrbahn weiterläuft.
Klares Bekenntnis für den Klimaschutz
Ängstliche Blicke in Richtung der vorbeifahrenden Autos sieht man im Zug nicht, dafür ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz auf den Plakaten. „We are unstoppable, another world is possible“, skandieren die Teilnehmer. Auf Deutsch: „Wir sind nicht aufzuhalten, eine andere Welt ist möglich.“ Danach im Wechsel: „Hopp, hopp, Kohlestopp.“ Wenn das Thema schon in den TV-Duellen der Kanzlerkandidaten zur Bundestagswahl kaum eine Rolle spiele, dann soll es das zumindest wieder auf den Straßen tun, macht Killer klar.
Gerade in dieser Zeit sei es wichtig, sich gegenseitig Mut zu machen, sagt Miesbachs Zweite Bürgermeisterin Astrid Güldner (Grüne) in ihrem Grußwort. „Wir müssen zeigen: Es gibt uns, und wir stehen zusammen.“ Anlässe dafür gebe es so viele, „dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll“. Güldner wählt den aktuellsten: den Anschlag in München. Zum Gedenken an die Verletzten bittet die Vize-Bürgermeisterin um einen Moment der Stille, dem die Teilnehmer gern nachkommen. Sie hoffe, so Güldner, dass der schlimme Vorfall nicht wieder „für den Wahlkampf missbraucht wird“, während andere brisante Themen wie der Klimaschutz komplett untergingen. Vielleicht auch, weil man hier keine einfachen Lösungen anbieten könne. Doch die Folgen des Klimawandels seien gerade im vergangenen Jahr durch das Starkregenunwetter auch in Miesbach deutlich geworden, lokale Maßnahmen wie der Anschluss der städtischen Liegenschaften an das geplante Hackschnitzel-Nahwärmenetz daher dringend notwendig. „Allein schon aus Verantwortung für die kommenden Generationen heraus.“
Breites Bündnis aus Gesellschaft und Politik
Dass diese in Miesbach auf breiten Schultern liegt, zeigt ein Blick auf die Fahnen und Schilder sowie auf den Flyer zum Klimastreik. Ein breites Spektrum von Politik (Grüne, SPD, Linke, ÖDP, Freie Liste) über Ökologie und Nachhaltigkeit (BUND Naturschutz, Verein zum Schutz der Bergwelt, Wirkstatt Oberland, ADFC) sowie Gesellschaft (Kolpingsfamilie, Kulturhaus zur goldenen Parkbank) und Frieden (Amnesty International) hat sich zur Veranstaltung „Miteinander für ein gutes Klima“ bekannt. Auch das Alter der rund 70 Teilnehmer deckt einen großen Bereich von Jugendlichen bis zu Senioren ab.
Sie alle machen deutlich, dass Klimaschutz alle Generationen bewegen kann. Wie die bis heute zeitlos aktuelle Hymne der Friedensbewegung, die während des Demonstrationszugs über die tragbaren Lautsprecher erklingt: John Lennons „Imagine“.