Wiedereröffnung der Archäologischen Staatssammlung in München: ein erster Blick ins neue Haus
Seit 2016 ist die Archäologische Staatssammlung in München geschlossen. Am 17. April 2024 wird das Museum wiedereröffnet. Wir haben das generalsanierte Haus besucht.
Und plötzlich steht man auf Knochen mit Hack- und Schnittspuren. Auch Schinkenknochen ragen aus dem gräulichen Skeletthaufen heraus – einstmals die Schlachtabfälle einer Metzgerei in der römischen Kaiserzeit, irgendwann im ersten nachchristlichen Jahrhundert. Gefunden wurden die Reste der Mahlzeiten unserer Vorfahren auf dem Gebiet der Gemeinde Langweid im Kreis Augsburg; jetzt liegen sie unter Glas in der Archäologischen Staatssammlung am Englischen Garten. Wenn das generalsanierte Haus an der Lerchenfeldstraße 2 am 17. April 2024 für das Publikum die Türen aufsperrt (in der ersten Woche bei freiem Eintritt), können die Besucherinnen und Besucher über all die Knochen und andere Objekte – Waffen, Münzen, römische Keramik – hinwegschreiten. Denn die Verantwortlichen um Direktor Rupert Gebhard haben in einem Raum einen doppelten, verglasten Boden eingezogen, darunter wurden Grabungsstellen nachempfunden: Ganz nah dran ist man da an der Arbeit der Archäologen.
Am 17. April 2024 öffnet die Archäologische Staatssammlung München seit 2016 zum ersten Mal wieder
Seit 2016 ist das Museum für Vor- und Frühgeschichte geschlossen; der Landtag hatte 2009 den Weg für die Generalsanierung des Baus aus den Siebzigern freigemacht. Wenn das Haus mit einem Festakt am 15. April 2024 wiedereröffnet wird, werden die Maßnahmen rund 66 Millionen Euro gekostet haben. Am Donnerstagnachmittag (7. März 2024) hat sich nun Kunstminister Markus Blume einen ersten Eindruck von der Konzeption und den Räumlichkeiten gemacht, in denen auch während seines Besuchs intensiv gearbeitet wurde. „Es wird richtig gut“, ist der CSU-Politiker überzeugt.

Kern der Ausstellungen werden künftig zwei Rundgänge sein, erläutert Gebhard. Der erste konzentriert sich aufs „Abenteuer Archäologie“ und erklärt Arbeitsweise sowie Bedeutung und Herausforderungen des Berufs. Da gibt es etwa ein Kaffeeservice aus dem Café Deistler am Münchner Marienhof zu sehen, das 1945 die alliierten Bombardements schwer beschädigt überstanden hat: Gibt es hier bereits ein archäologisches Interesse?
Die zweite Möglichkeit, sich durchs Haus zu bewegen, ist auf den Spuren der umfangreichen Sammlung. Tausende Objekte aus den Abteilungen „Vorgeschichte“, „Römerzeit“, „Mittelalter und Neuzeit“, aus der „Mittelmeersammlung“ sowie der „Numismatik“. Der Clou: Um noch anschaulicher von der Geschichte der sehr, sehr alten Stücke erzählen zu können, nutzen die Macher eine – verglichen mit den archäologischen Artefakten – recht junge Kunstform. Der Münchner Comic-Zeichner Frank Schmolke nimmt in großen Bildgeschichten die Gäste mit in die Vergangenheit. Beim Rundgang gestern wurde etwa seine Visualisierung des Funds eines historischen Brunnens im Erdreich unter dem Marienhof gezeigt. Auf dessen Grund entdeckten die Forscher übrigens Knochen einer Kuh, für die sterblichen Überreste des Tiers wurde in der Akte bei der Computertomographie in Großhadern dann der Name „Heidi“ eingetragen. Das nur als Fußnote, um zu belegen, dass Wissenschaft alles andere als trocken ist.

Sind die beiden Rundgänge das Herzstück der rundum ertüchtigten Staatssammlung, dann ist der Raum im Untergeschoss der Schrittmacher des Hauses: Diese rund 600 Quadratmeter sind im Zuge der Arbeiten neu hinzugekommen. Hier, wo bislang noch die Kisten aus den Depots stehen, werden künftig Sonderausstellungen gezeigt. Zum Start im Herbst läuft die Schau „Urformen“ über Eiszeitkunst. Freilich geht es im neuen, alten Gebäude nicht nur tief hinab, sondern auch hoch hinaus: Oben auf der Dachterrasse wird es künftig ein Café geben, das unabhängig von den Museumszeiten geöffnet hat. Schließlich wolle man nicht nur archäologisches Zentrum sein, wünscht sich Direktor Gebhard, sondern „kulturelle Begegnungsstätte“. Könnte klappen.