Fast wie in Hollywood: Gentest führt zu fast filmreifem Familiendrama in Penzberg
Dass zwei Schwestern einem offenbar wohlgehüteten Geheimnis ihrer Mutter auf die Schliche gekommen waren, soll letztlich ein fast filmreifes Familiendrama zur Folge gehabt haben. Es war von Verletzungen und einem Schleudertrauma die Rede.
Penzberg – Die Verlesung der Anklageschrift klang beinahe wie das Drehbuch eines Hollywood-Dramas. Zwei Schwestern hatten eigenen Angaben zufolge ein Geheimnis ihrer Mutter aufgedeckt und sie im Juli des vergangenen Jahres damit konfrontieren wollen. Geschwistertests hatten bei den beiden Frauen wohl auf unterschiedliche Erzeuger hingedeutet. Ihre Schwester habe deshalb unbedingt wissen wollen, „wer ihr Vater ist“ und dafür eine weite Anreise in Kauf genommen, teilte die 43-jährige Geschädigte vor dem Weilheimer Amtsgericht mit. Ohne lange zu zögern oder ihre Mutter im Vorfeld über den anstehenden Besuch zu informieren, waren die beiden Frauen – ganz zur Überraschung der 69-Jährigen – bei ihr Zuhause aufgekreuzt. Die Freude habe sich allerdings in Grenzen gehalten.
Spätestens nachdem der Grund des Besuchs bekannt geworden war, sei die anfangs verhältnismäßig friedliche Stimmung gekippt. Von dem Gentest habe die Mutter nichts wissen wollen, anschließend schon bald die Schuhe der Töchter im hohen Bogen in den Flur geworfen und den beiden Frauen mit Nachdruck das Verlassen der Wohnung nahegelegt. Nach anfänglichem Zögern – ihre Schwester hatte den Forderungen der Mutter zügiger Folge geleistet – habe auch die 43-Jährige eingelenkt und sich daran gemacht, das Wohnzimmer ihrer Mutter zu verlassen. Auf dem Weg in Richtung Haustür will sie allerdings einen kurzen Stopp eingelegt haben, um „das einzige Bild von meinem Großvater“ zu fotografieren. Danach hätte sie die Wohnung auch sofort verlassen wollen, erklärte sie und beteuerte, sich bis dato ruhig verhalten zu haben. Damit sei die 69-Jährige aber alles andere als einverstanden gewesen, weshalb sie sich das Bild prompt unter den Nagel gerissen haben soll. Zudem sei die 43-Jährige von ihrer Mutter am Arm gepackt und in Richtung Ausgang gezogen worden. „Ich wollte dann ja auch raus“, sagte die Geschädigte.
Plötzlich tauchte der Schwiegervater auf
Nur Augenblicke bevor sie die Wohnung verlassen hatte – jedoch noch im Türstock stehend – sei sie abrupt zwischen Schultern und Hals gepackt und zu Boden gebracht worden, erzählte sie. Es sei ihr Stiefvater gewesen, der sie wie aus dem Nichts überwältigt hatte. „Er war plötzlich auf mir drauf“, berichtete die Zeugin. Hierbei will sie sogar sein Knie im Rücken gespürt haben. „Ich weiß nicht, warum er das getan hat. Ich versteh’s nicht“, erklärte sie schluchzend. Schließlich sei sie gerade auf dem Weg nach draußen gewesen.
Der Vorfall habe nicht nur zu blauen Flecken und Kratzspuren geführt. Der Angriff in der Eingangstür habe der 43-Jährigen sogar ein Schleudertrauma beschert. Erst als ihre Schwester mit der Polizei gedroht hatte, habe sie sich befreien können und sei auf den Knien „herausgekrabbelt“, sagte sie. Die Anschuldigungen der Gegenseite, sie habe ihre Mutter lautstark beleidigt, stritt sie nicht gänzlich ab. Es könne gut sein, dass sie „im Affekt“ etwas gerufen habe.
Hausfriedensbruch und Schleudertrauma
Als die Mutter von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht hatte, hätten die Schwestern eigentlich umgehend den Rückzug antreten müssen, merkten die beiden Verteidiger an und verwiesen dabei auf Anzeigen wegen Beleidigung und Hausfriedensbruch. Die Angeklagten bestritten die Vorwürfe. Hinsichtlich des Vorfalls im Türstock handele es sich schlichtweg um eine „falsche Behauptung“, so die Verteidigung. Die Geschädigte sei lediglich an der Schulter berührt worden, „hat sich wohl erschrocken“ und sei deshalb zu Boden gegangen, hieß es. Rückfragen wurden nicht beantwortet. Schon seit längerer Zeit befinde sich die Familie in einem „recht unverständlichen Streit“, beschrieben die Anwälte das Verhältnis der Beteiligten. Die Verteidiger verwiesen auf Widersprüche in den Ausführungen der Geschädigten. „Ein Schleudertrauma ist eine Rotationsverletzung“, warf einer der beiden exemplarisch in den Raum.
Parteien einigen sich
Kurioserweise einigten sich die beiden Parteien während der Beweisaufnahme auf die Einstellung des Verfahrens und die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs. Die anfängliche Dramatik nahm somit ein überraschend rasches Ende.