China spricht von „Provokation“: Deutsche Kriegsschiffe nehmen Kurs auf Taiwanstraße

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Es wäre das erste Mal seit 22 Jahren: Eine deutsche Fregatte steuert offenbar die Taiwanstraße an. China protestiert – obwohl Deutschland das Völkerrecht auf seiner Seite hat.

Es ist einer der brisantesten Marine-Einsätze seit Jahren: Die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ nimmt offenbar Kurs auf die Taiwanstraße – trotz massivem Protest aus Peking. Die Meeresenge trennt das chinesische Festland von Taiwan, dem demokratisch regierten Inselstaat, den China als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet.

Wie aus Daten der Seite MarineTracker hervorgeht, befanden sich die „Baden-Württemberg“ und ihr Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ am Donnerstagabend deutscher Zeit einige hundert Seemeilen nordwestlich von Taiwan. Wo sich die beiden Kriegsschiffe derzeit befinden, ist nicht klar. Das Verteidigungsministerium wollte die Durchfahrt der Schiffe zunächst nicht bestätigen. Man werde sich zu „gegebener Zeit“ zu aktuellen Entwicklungen äußern, sagte ein Sprecher dem Spiegel.

Die „Baden-Württemberg“ im Hafen von Incheon
Die „Baden-Württemberg“ im Hafen von Incheon (Südkorea): Die Fregatte will offenbar die Taiwanstraße durchqueren. © Fabian Kretschmer/dpa

Deutsche Fregatten in der Taiwanstraße: „Wir nehmen die Freiheit der internationalen Gewässer wahr“

Das chinesische Außenministerium sprach Anfang der Woche von einer „Provokation und Gefährdung der Souveränität und Sicherheit Chinas durch die betreffenden Länder unter dem Banner der Schifffahrtsfreiheit“. Peking will selbst entscheiden, welche Kriegsschiffe die Taiwanstraße durchfahren, und verlangt deswegen, dass ausländische Staaten vor einem Transit eine Erlaubnis einholen. Deutschland hatte dies zuvor abgelehnt. „Wir nehmen hier die Freiheit der internationalen Gewässer wahr“, sagte Axel Schulz, Flottillenadmiral der deutschen Marine, am Montag in Incheon. Von dem südkoreanischen Hafen aus will die Fregatte die Philippinen ansteuern.

Zuletzt hatte ein deutsches Marineschiff die Taiwanstraße vor 22 Jahren durchquert. Als die Fregatte „Bayern“ vor drei Jahren in der Region unterwegs war, hatte das Schiff die Taiwanstraße nach Druck aus Peking noch gemieden und war östlich um Taiwan herumgefahren. Einem Spiegel-Bericht zufolge waren es nun das Außen- und das Verteidigungsministerium, die für den Transit durch die Meeresenge plädierten. Das Kanzleramt habe hingegen zunächst Bedenken angemeldet.

Seerechtsexpertin: Deutsche Kriegsschiffe haben das Recht, die Taiwanstraße zu durchqueren

Dabei sei ein Transit durch die Taiwanstraße mit internationalem Recht durchaus vereinbar, sagte die Seerechtsexpertin Nele Matz-Lück von der Universität Kiel zu IPPEN.MEDIA. Geregelt sei das im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, in dem das Recht auf freie Schifffahrt und friedliche Durchfahrt festgeschrieben seien. „China ist dem Seerechtsübereinkommen beigetreten“, so Matz-Lück. „Ich finde es durchaus sinnvoll, dass Deutschland die Taiwanstraße durchfahren und dort Präsenz zeigen will – solange das Risiko einer ernsthaften militärischen Auseinandersetzung nicht besteht.“

„Solange China nur politisch protestiert, finde ich das ein taugliches Mittel, um die Rechte des Seerechtsübereinkommens durchzusetzen und nicht einem Recht des Stärkeren das Wort zu reden“, sagte Matz-Lück. Sie hält es für möglich, dass chinesische Schiffe die Fregatte und den Einsatzgruppenversorger bei ihrem Transit durch die Taiwanstraße begleiten. Dazu habe China das Recht. „Ich gehe zwar davon aus, dass das mit gebotenem Abstand passiert. Aber solche Manöver bieten immer auch Anlass für Spannungen oder im schlimmsten Fall für Eskalationen, weil es beim Begleiten zu Kollisionen kommen kann.“

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