Aufnahmen aufgetaucht: Belarus verlagert angeblich Panzer an Ukraine-Grenze – für Offensive?
Belarus verlegt mutmaßlich Panzer an die Grenze zur Ukraine. Kiew warnt vor „tragischen Fehlern“. Militärexperten vermuten dahinter die Taktik, ukrainische Linien zu überdehnen.
Minsk – Die Ukraine meldete vergangene Woche, dass Belarus Truppen und Kriegsgerät in bedeutender Menge an der Grenze zusammenziehe. Nun kursieren Bilder im Netz und in kremlnahen Fernsehsendern, die mutmaßlich belarussische Panzer bei ihrer Verlegung an die Grenze zur Ukraine zeigen. Westliche Kriegsexperten gehen nicht davon aus, dass sich Belarus – abgesehen von möglichen kleinen Provokationen – wirklich in das Geschehen im Ukraine-Krieg einmischen will. Trotzdem hilft der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko Putins Truppen.
Belarus verlegt offenbar Panzer an die Ukraine-Grenze: Kiew warnt vor „tragischen Fehlern“
Die Zusammenziehung der belarussischen Truppen geschehe unter dem Vorwand einer Militärübung, hieß es vom Außenministerium in Kiew vergangene Woche. Auch ehemalige Wagner-Kämpfer sollen unter den dort konzentrierten Kräften sein, hieß es in einem Bericht der US-Kriegsexperten des Institute for the Study of War (ISW) vom 26. August. „Wir warnen die belarussischen Beamten davor, unter dem Druck Moskaus tragische Fehler für ihr Land zu begehen, und wir fordern die belarussischen Streitkräfte auf, [...] ihre Streitkräfte von der ukrainischen Staatsgrenze [...] abzuziehen“, hieß es aus dem ukrainischen Außenministerium.
Nun soll Belarus auch Panzer an die Grenze verlegen, wie am Samstag (31. August) vom unabhängigen russischen Medienprojekt Astrapress auf Telegram geteilte Aufnahmen zeigen. „In kremlnahen Fernsehsendern sind Fotos von gepanzerten Einheiten der belarussischen Streitkräfte aufgetaucht, die sich zur ukrainischen Grenze bewegen“, teilt Astrapress zu den Bildern mit. Auf den Panzertürmen sei der Buchstabe „B“ in weißer Schrift zu sehen, hieß es weiter. Das Medium wies auch darauf hin, dass weder Aufnahmeort noch Datum der Fotos bekannt sei.

Ukraine-Krieg: Belarus schickt Truppen an die Grenze – Kiew reagiert
Die aktuelle Situation sei nicht neu, sondern bereits 2022 und 2023 ähnlich gewesen, kommentierte der frühere Nato-General Erhard Bühler in seinem Podcast „Was tun, Herr General?“. Deshalb habe die Ukraine längst starke Truppenteile zur Grenzsicherung nach Belarus eingesetzt. Etwa 100.000 ukrainische Soldaten seien dort positioniert, so der Ex-General.
Nicht ohne Grund: Putins Truppen hatten in der Vergangenheit von belarussischem Gelände aus die Ukraine angegriffen. Zudem hatte der Machthaber Lukaschenko Russland erlaubt, sein Land als Reparaturwerkstatt zu nutzen und Wagner-Söldner aufgenommen. Moskau stationierte außerdem eigenen Angaben zufolge taktische Atomwaffen in Belarus.

Ukraine-Krieg: Warum Militärexperten Belarus‘ Truppen an der Grenze für wenig mehr als einen Bluff halten
Lukaschenko sei insbesondere seit der ukrainischen Offensive auf das russische Grenzgebiet Kursk unter Druck des Kremls, im Ukraine-Krieg mehr zu tun, kommentiert der frühere Nato-General. Die innenpolitische Situation Lukaschenkos sei aber „so schwach, er kann sich [einen Krieg] nicht erlauben“, so Bühler weiter. Die belarussische Armee, sei „sehr stark mobilmachungsabhängig“ und „nicht in der Lage, es mit den Truppenteilen aufzunehmen, die in der Westukraine an der Grenze [...] stationiert sind“. Belarussische Provokationen oder kleinere Grenzübertritte schließt der Experte zwar nicht aus. Doch eine größere Bedrohung gebe es nicht und auch nicht den politischen Willen, sich in großem Maße in den Ukraine-Krieg einzumischen, meint Bühler.
Auch der Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes, Andriy Demchenko, schätzt die Lage an der Grenze zu Belarus derzeit ebenfalls nicht als unmittelbare Bedrohung ein. Die US-Kriegsexperten des ISW gehen davon aus, dass die dortige Stationierung der belarussischen Truppen darauf abzielt, „die ukrainischen Streitkräfte abzulenken und entlang einer breiteren Frontlinie zu dehnen“. Das unterstützt die russischen Operationen zwar indirekt. Lukaschenko werde aber „höchstwahrscheinlich keinen Kampf mit der Ukraine riskieren [...], der sein Regime schwächen oder die Unzufriedenheit im Inland drastisch erhöhen könnte“, so die ISW-Analyse weiter. In Belarus finden im Februar 2025 Präsidentschaftswahlen statt.