Unterwasserfahrzeug unter „Weltuntergangs-Gletscher“ verschollen

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Das unbemannte Unterwasserfahrzeug „Ran“ ist unter dem „Weltuntergangs-Gletscher“ Thwaites in der Antarktis verschollen. (Archivbild) © Anna Wåhlin

Das unbemannte Forschungsfahrzeug „Ran“ ist unter dem Thwaites-Gletscher in der Antarktis verschwunden. Das Forschungsteam hat keine Hoffnung.

Antarktis – Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis ist berühmt-berüchtigt: Sein Spitzname ist „Weltuntergangs-Gletscher“, denn er ist so groß, dass sein Abschmelzen gravierende Auswirkungen haben dürfte: Die Pegel der Meere sollen dann um etwa 65 Zentimeter ansteigen, so die Schätzung von Fachleuten. Thwaites bedeckt eine Fläche von 192.000 Quadratkilometern (vergleichbar mit dem US-Bundesstaat Florida) und hindert gemeinsam mit dem Pine-Island-Gletscher den Westantarktischen Eisschild daran, ins Meer zu fließen.

Unter dem „Weltuntergangs-Gletscher“ Thwaites: Unterwasserfahrzeug verschwindet

Angesichts des Klimawandels und der Erwärmung der Meere wird der Gletscher von Forscherinnen und Forschern untersucht, die sehen wollen, was mit dem vielen Eis passiert. Doch bei solchen Forschungsarbeiten in der Antarktis ist nun ein teures Forschungsgerät abhandengekommen: Das unbemannte Unterwasserfahrzeug „Ran“ ist nach einem Tauchgang unter dem Gletscher nicht mehr aufgetaucht.

Name: Ran
Typ: autonomes Unterwasserfahrzeug (AUV)
Länge: 7,5 Meter
Gewicht: 1850 Kilogramm
Geschwindigkeit: 1-7 Knoten (1-13 km/h)
Maximale Tauchtiefe: 3000 Meter
Maximale Tauchlänge: 300 Kilometer
Maximale Tauchzeit: 36 Stunden
Quelle: Universität Göteborg

Das siebeneinhalb Meter lange Tauchgerät gehört der Universität Göteborg und ist nach Universitäts-Angaben vollgepackt mit moderner Technologie und Sensoren, die die Umgebung des Vehikels unter Wasser vermessen und dokumentieren können. Dabei kann „Ran“ für lange Zeit unter Wasser bleiben. „Dies war das zweite Mal, dass wir ‚Ran‘ zum Thwaites-Gletscher mitnahmen, um das Gebiet unter dem Eis zu dokumentieren“, sagt Anna Wåhlin, die das Projekt leitete, bei dem das Gerät verschwand.

Unterwasserfahrzeug ermöglicht Blick unter Gletscher

„Dank Ran waren wir die ersten Forscher der Welt, die 2019 den Thwaites-Gletscher betreten haben, und während der aktuellen Expedition haben wir dasselbe Gebiet erneut besucht“, so Wåhlin weiter. Wie es unter einem Gletscher aussieht, ist oft völlig unbekannt. „Auch wenn man das Schmelzen und die Bewegungen im Eis anhand von Satellitendaten sieht, erhalten wir mit Ran Nahaufnahmen von der Unterseite des Eises und Informationen darüber, welche Mechanismen genau hinter dem Schmelzen stecken“, erklärt die Forscherin in einer Mitteilung.

Forschungsfahrt unter Antarktis-Gletscher: „Es ist etwas Unerwartetes passiert“

Wåhlin war gemeinsam mit einem Forschungsteam auf dem südkoreanischen Eisbrecher RV/IV Araon unterwegs. Vor Forschungsfahrten bekommt das Gerät die Route einprogrammiert und steht unter dem Eis nicht dauerhaft in Kontakt mit dem Forschungsschiff. Mithilfe eines Navigationssystems findet „Ran“ den Weg zurück ins offene Wasser. Doch beim letzten geplanten Tauchgang im Januar gelang das nicht, „Ran“ tauchte nicht am einprogrammierten Ort auf. Eine akustische Suche blieb vergeblich, genau wie die Suche mit Hubschraubern und Drohnen.

„Es ist ein bisschen wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, ohne zu wissen, wo der Heuhaufen ist“, vergleicht Wåhlin die Situation. „Zu diesem Zeitpunkt sind die Batterien von ‚Ran‘ leer. Wir wissen nur, dass unter dem Eis etwas Unerwartetes passiert ist. Wir vermuten, dass er in Schwierigkeiten geraten ist und dann nicht mehr herauskam“, vermutet die Forscherin.

Die Forscherin Anna Wåhlin steht vor dem unbemannten Forschungsvehikel „Ran“, das mittlerweile unter dem „Weltuntergangs-Gletscher“ Thwaites verschollen ist. (Archivbild)
Die Forscherin Anna Wåhlin steht vor dem unbemannten Forschungsvehikel „Ran“, das mittlerweile unter dem „Weltuntergangs-Gletscher“ Thwaites verschollen ist. (Archivbild) © Olof Lönnehed

Thwaites-Gletscher: Unterwassergerät sorgte für „einzigartige Daten“

Dem Forschungsteam sei bewusst gewesen, dass bei jedem Tauchgang etwas passieren könne, es stehe immer viel auf dem Spiel. Doch das lohnt sich offenbar, wie Wåhlin betont: „Die Daten, die wir von Ran erhalten, sind weltweit einzigartig und von großem Wert für die internationale Forschung.“ Dass „Ran“ weg sei, sei ein großer Verlust. „Wir haben ‚Ran‘ jetzt seit fünf Jahren und in diesen fünf Jahren haben wir etwa zehn Expeditionen, Schulungen, Entwicklungsarbeiten und Tests durchgeführt“, so die Forcherin.

Das Unterwassergefährt „Ran“ wurde im Jahr 2015 für 38 Millionen schwedische Kronen (etwa 3,37 Millionen Euro) durch eine Stiftung für die Universität Göteborg angeschafft. „Unser Ziel ist es, ‚Ran‘ zu ersetzen. Wir werden nach einem Finanzier suchen“, sagt Wåhlin. Selbst wenn das Schiff verloren sei, verbleibe Wissen und gut ausgebildetes Personal in der Organisation. (tab)

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