Brombeer-Koalition in Thüringen: Tauziehen um Mehrheiten

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Die Brombeer-Koalition von CDU, BSW und SPD in Thüringen steht. Doch die absolute Mehrheit fehlt. Wird die Wahl des Ministerpräsidenten zur Zitterpartie?

Erfurt – Die erste Brombeer-Koalition in Deutschland will am Mittwoch (11. Dezember) Nägel mit Köpfen machen. Mehr als drei Monate nach der Landtagswahl in Thüringen unterzeichnen CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD den gemeinsamen Koalitionsvertrag. Das Papier sieht unter anderem eine Begrenzung der Migration, verpflichtende Sprachtests für Vorschulkinder und die Einstellung von 1500 neuen Polizisten vor.

Doch die nächste Hürde wartet bereits. Nur einen Tag nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags stellt sich CDU-Landeschef Mario Voigt im Landtag der Wahl zum Ministerpräsidenten. Allerdings zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Wahl in Thüringen zu einer echten Zitterpartie werden könnte.

Der Koalitionsvertrag der Brombeer-Koalition von CDU, BSW und SPD in Thüringen ist perfekt. Am 11. Dezember wird der Vertrag unterzeichnet, am 12. Dezember steht die Wahl des Ministerpräsidenten an. © Bodo Schackow/dpa

Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW braucht in Thüringen mindestens eine Stimme der Opposition

Im ersten Wahlgang tritt Voigt als einziger Kandidat an. Ob er dabei erfolgreich sein wird, ist völlig offen. Laut Verfassung ist in den ersten beiden Durchgängen bei der Wahl des Regierungschefs eine absolute Mehrheit nötig. CDU, BSW und SPD verfügen im Parlament allerdings nur über 44 der 88 Sitze.

Um das Patt aufzulösen, wäre mindestens eine Stimme der Opposition nötig. Die stellen die AfD mit 32 Abgeordneten und die Linke mit 12 Abgeordneten. Die Brombeer-Koalition hofft daher auf Unterstützung der Linkspartei. Aus diesem Grund haben CDU, BSW und SPD der Linken eine Zusammenarbeit angeboten.

Fraktionen Sitze
CDU 23
BSW 15
SPD 6
AfD 32
Linke 12

Brombeer-Koalition in Thüringen benötigt Hilfe: CDU, SPD und BSW machen Angebot an Linke

Bei dem Angebot gehe es um eine aktive Einbindung der Linken als konstruktive Opposition im Landtag – eine Art Regelwerk zwischen den drei Koalitionären und der Oppositionsfraktion, sagte Voigt. Er benutzte das Wort „Pflichtenheft“, das der scheidende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für den künftigen parlamentarischen Umgang der vier Fraktionen geprägt hat.

Seit Wochen gibt es ein Tauziehen zwischen der Linken und den Koalitionären über eine schriftliche Vereinbarung, die nach dem Willen der Linken den Verzicht auf Mehrheiten zusammen mit der AfD enthalten soll.

Keine absolute Mehrheit für Brombeer-Koalition: Wahl von Voigt unsicher – wie verhält sich die AfD?

Ob die AfD als stärkste Fraktion ihren Chef Björn Höcke in einem möglichen zweiten Wahlgang aufstellt, soll sich erst kurz vor der Wahl entscheiden. Höcke hat das offen gelassen und nicht ausgeschlossen. Auch die Linke prüft, ob sie aus der Fraktion eine oder einen Gegenkandidaten zu Voigt aufstellt. Für den ersten Durchgang sind keine Bewerbungen mehr möglich, weil dafür eine 48-Stunden-Frist gilt. 

Seit Tagen wird in Thüringen diskutiert, wie sich Voigt verhalten sollte, wenn er im ersten Wahlgang mit erkennbaren Stimmen der AfD gewählt werden sollte, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft wird. Die Linke hat angekündigt, dass es keine einzelnen Stimmen von ihr geben werde, sondern nur von den zwölf Abgeordneten gemeinsam.

Eventuell muss die Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW in einen dritten Wahlgang gehen

Kommt die absolute Mehrheit auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, gibt es einen weiteren Anlauf. Im dritten Wahlgang reicht dann die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen – Voigt könnte also von CDU, BSW und SPD ins Amt gehoben werden. Gewählt ist laut Landesverfassung, „wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält“.

Seit Jahren wird in Thüringen über die Auslegung der Verfassung diskutiert. Landtagspräsident Thadäus König (CDU) hat sich aber festgelegt. Er folge der Mehrheitsmeinung in der Rechtsliteratur und werde die Gegenstimmen bei einer konkurrenzlosen Kandidatur im dritten Wahlgang nicht berücksichtigen, sagte König. „Das bedeutet, der Wahlvorschlag ist angenommen, wenn eine oder mehrere Ja-Stimmen vorliegen.“ Bei einem Patt, was rein rechnerisch der Fall wäre, wenn etwa ein Kandidat der Linken alle AfD-Stimmen bekäme, könnte es unendlich viele weitere Wahlgänge geben. (cs/dpa/AFP)

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