Heute vor 80 Jahren versank Arget im Bombenhagel

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Vor einem dicken Aktenordner voller Dokumente aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs sitzt Ortschronist Helmut Berthold. © Volker Camehn

Am 12. Juli 1944, also genau vor 80 Jahren, ging auf das kleine Dorf Arget ein Bombenhagel nieder. Ortschronist Helmut Berthold hat die Ereignisse dieses Tages dokumentiert.

Arget - „Eine Minute später und nichts wäre passiert“, sagt Helmut Berthold. „Dann wären die ganzen Bomben wohl irgendwo im Wald runtergekommen.“ Berthold, 84 Jahre alt, ist Ortschronist, und wenn einer was über Sauerlach und seine Ortsteile weiß, dann er. Als Arget am 12. Juli 1944 unter Beschuss geriet, war er gerade mal vier Jahre alt. Richtig erinnern kann er sich an das Unglück nicht mehr, aber er hat irgendwann angefangen, die Ereignisse dieses Tages zu erforschen, ein dicker Aktenordner füllt Dokumente aus dieser Zeit des Zweiten Weltkriegs.

1124 Maschinen der US-Luftflotte

Helmut Berthold hat vor sich jede Menge Dokumente ausgebreitet. Verkürzt gesprochen, hat Arget damals schlichtweg Pech gehabt. Denn das Dorf hatte nichts, was einen gezielten Angriff der Alliierten in irgendeiner Weise gerechtfertigt hätte. Der 12. Juli 1944 ist ein Mittwoch, noch knapp zehn Monate, dann sollte dieser Krieg zu Ende sein. An diesem Tag meldet der Radiosender „Laibach“ einen Bomberverband, der von Italien über Österreich auf München zusteuert. Kein ungewöhnlicher Vorgang. Bei den nahenden Fliegern handelt es sich um 1124 Maschinen der 8. US-Luftflotte, die eine Bombenlast von gut 2700 Tonnen mit sich führen. Über 600 Menschen werden bei diesem Angriff auf München ums Leben kommen.

Etwa 35 Flugzeuge werden beim Anflug auf die Metropole jedoch von der deutschen Luftabwehr so unter Beschuss genommen, dass sie ihre Flugroute ändern: Es geht jetzt nach Süden, in Richtung Tölz. Das Verhängnis für das kleine Dorf Arget: Wollen die Flieger ihren italienischen Stützpunkt wieder erreichen, müssen sie sich von ihrer Bombenlast trennen, ansonsten reicht ihnen der Treibstoff nicht.

Ganze Anwesen werden zerstört

Solche dramatischen Kriegsereignisse hatte Arget bis zu diesem Tag nicht erlebt: Unzählige Brandbomben und 100 Sprengbomben gehen an diesem Nachmittag wahllos über dem Gemeindegebiet nieder. Hätten die Piloten sich nur kurze Zeit später für den Bombenabwurf entschieden, wären Lochhofen und Arget an diesem Tag unversehrt geblieben. So aber kommt es um die Mittagszeit zur Katastrophe: Ganze Anwesen, wie das der Familie Hirlemann in Lochhofen, werden vollständig zerstört, mehrere Gebäude brennen bis auf die Grundmauern nieder, in Arget verwüsten die Flammen unter anderem das Anwesen beim Rinshofer.

Überall liegen noch Blindgänger

Der Schock sitzt tief. Erst nach und nach wird das ganze Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Es gilt trotzdem, schnell zu handeln, so müssen das aus den zerbombten Anwesen gerettete Großvieh sowie zahlreiche Schweine bei anderen Betrieben untergebracht werden. Der Schrecken ist damit aber noch nicht vorbei: In den folgenden Tagen und Nächten explodieren immer wieder Bomben mit Zeitzündern. Zudem liegen überall im Ort noch einige Blindgänger und nicht gezündete Brandbomben herum. Ausländische Zwangsarbeiter müssen diese dann entschärfen und abtransportieren. Wieviele von ihnen dabei womöglich ums Leben gekommen sind, ist nicht dokumentiert. Die Argeter haben am 12. Juli 1944 Glück im Unglück gehabt: Es gab weder Tote noch Verletzte.

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