„Liebt die Opferrolle“: Gen Z hilft Amazon, Temu und Co. beim „Warwashing“
Eine Marketing-Expertin beobachtet, dass die Gen Z auf Temu und Amazon verstärkt Wassermelonen-Armbänder kauft, „um ihre Solidarität zu zeigen“.
Lederarmbänder mit Wassermelonen auf Temu, Palästina-Fußball-Trikots auf Amazon und Handyhüllen im Keffiyeh-Design auf Etsy: Hinter all diesen Dingen steckt das nicht gerade neue Phänomen „Warwashing“, sagt die Marketingexpertin Madeha Qamar BuzzFeed News Deutschland von Ippen.Media. Vor allem junge Menschen aus der Gen Z kauften auf Amazon, Shein, AliExpress, Temu und Co. Palästina-Merchandise.
Sie würden „damit ihre Solidarität zeigen“ und die Bevölkerung in Gaza unterstützen wollen, der laut WHO akut eine Hungersnot droht. Doch der Kauf dieser Produkte helfe den Menschen dort nicht. Wenn überhaupt, profitierten die großen Online-Marktplätze durch den Krieg. Dieses sogenannte „Warwashing“ gebe es schon seit hunderten von Jahren.
Auch im Ukraine-Krieg sei es sichtbar gewesen, als Unternehmen ihre Logos für mehr Aufmerksamkeit gelb-blau färbten. Meist ohne wirklich Unterstützung an die Ukraine zu senden. Ähnlich wie sich manche Unternehmen fälschlicherweise als klimaneutral ausgeben – auch als Greenwashing bekannt. „Spannend ist, wie Warwashing heute durch soziale Medien und Algorithmen verstärkt wird“, sagt Qamar. Sie schreibt aktuell ein Paper darüber.

„Gen Z vergisst in ihrer Eile manchmal, ihre Quellen zu prüfen“
Die Generation Z sei leidenschaftlich, wenn es um Politik gehe. „Sie will informieren, boykottieren und Veränderung bewirken. Aber in ihrer Eile vergisst sie manchmal, ihre Quellen zu prüfen. Das führt dazu, dass sie Produkte kaufen, die scheinbar ein Land und die Bevölkerung in einem Konflikt – aber in Wahrheit nur große Konzerne wie Temu oder Shein unterstützen.“
Sie habe das Gefühl, die Solidarität der Gen Z mit Palästina entstehe oft aus einer emotionalen Verbindung heraus. „Sie liebt die Opferrolle, fühlt sich von ihr angezogen. Das macht es leicht, auf Warwashing hereinzufallen, weil man sich moralisch auf der ‚richtigen Seite‘ wähnt“, sagt Qamar BuzzFeed News Deutschland. Das Problem sei, dass sie dabei oft vergessen würden, sich mit der Komplexität des Konflikts auseinanderzusetzen.

Wie „clevere Unternehmer“ den Israel-Palästina-Konflikt für „Warwashing“ nutzen
„Die Welt ist komplex. Es gibt nicht immer ein Gut und Böse in solchen Konflikten“, sagt Qamar BuzzFeed News Deutschland. „Clevere Unternehmer“ würden den Wunsch nach weniger Komplexität ausnutzen, indem sie sich in solchen Konflikten moralisch als „gut“ positionierten und durch den Verkauf von Merchandise dann auch noch Geld verdienten.
Es sei wichtig, dass Käufer und Käuferinnen von Palästina-Postern oder Wassermelonen-Schlüsselanhängern hinterfragten, die die Menschen in Palästina unterstützen wollen, hinterfragen, wo das Geld am Ende lande. Anders als bei speziellen Produkten wie der „Palestine Cola“, komme der Erlös eines Temu-Armbands meist nicht den vom Krieg betroffenen Menschen in Gaza zu Gute. Genauso wenig wie es 2022 in der Ukraine der Fall war, als deutsche Unternehmen ihre Logos gelb-blau färbten.