Luxus-Trend in bayerischen Krankenhäusern: Profitables Geschäft in schwierigen Zeiten

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Auf den ersten Blick sieht es auf der Komfortstation des Klinikums Garmisch-Partenkirchen aus wie in einem Hotel. © THOMAS SEHR

Zunehmend mehr Kliniken im Freistaat setzen auf sogenannte Komfortstationen. Ein Angebot, bei dem sich die Patienten wie im Hotel gesund pflegen lassen.

Garmisch-Partenkirchen – Wer den Südflügel im sechsten Stock des Klinikums Garmisch-Partenkirchen betritt, steht plötzlich in einer anderen Welt. Fußböden in Marmor-Optik, eine Lounge voller grauer Ledersessel und Zimmer mit Minibar und riesigen Flachbildfernsehern – an ein Krankenhaus erinnert hier fast nichts mehr. Nur die schmalen Betten, über denen ein Haltegriff baumelt, holen einen zurück in die Realität. Denn den Menschen, die hierherkommen, geht es nicht gut. Sie erholen sich von einer Krankheit oder Operation, wollen dabei aber nicht auf einen gewissen Luxus verzichten. Ein kostspieliger Wunsch, den zunehmend mehr Krankenhäuser in Bayern erfüllen.

Komfortstation in Garmisch-Partenkirchen: Belegungsquote übertrifft alle Erwartungen

Die Komfortstation in Garmisch-Partenkirchen gibt es seit Januar. Doch schon jetzt ist Projektleiter Marc Jung überzeugt: Die acht Millionen Euro teure Investition hat sich gelohnt. Nur wenige der 40 Betten, die pro Nacht etwa zwischen 150 und 280 Euro kosten, blieben bislang leer. Ursprünglich hatten die Verantwortlichen eine Belegungsquote von 90 Prozent als Ziel ausgegeben.

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Im Januar haben sie diese nur knapp verpasst (87,7 Prozent), im Februar bereits übertroffen (94,9 Prozent). Die Rückmeldungen seien „wirklich positiv“. Neben Patienten hat er im Südflügel auch schon Delegationen anderer Krankenhäuser aus Deutschland empfangen. Sie spielen mit dem Gedanken, etwas Ähnliches zu schaffen.

Im Krankenhaus Agatharied gibt es zwei Komfortstationen – Weitere könnten folgen

In Agatharied ist man diesen Schritt bereits 2023 gegangen, hat Teile der Stationen für Innere Medizin und Chirurgie aufwendig umgebaut. Das Ergebnis: Mehr als 30 Zimmer mit insgesamt 44 Betten, die den Pflichtaufenthalt angenehmer machen. Durch die großen Fenster gelangt viel Licht in die Räume, die Wände zieren Bilder mit grünen Wiesen und blauen Seen. Im Badezimmer liegen flauschige Bademäntel bereit, die Hand- und Badetücher in „hochwertiger Frotteequalität“ werden jeden Tag gewechselt.

Lounge der Komfortstation in Agatharied.
In der Lounge der Komfortstation in Agatharied: Gerd Roloff und Gabriele Broszonn. © Krankenhaus Agatharied

Wer sich so gesundpflegen lassen will, den kostet das bis zu 187 Euro pro Nacht. Vielen ist es das wert. Es gibt mehr Anfragen als freie Betten, sagt Gabriele Broszonn. Die Leiterin des Patientenmanagements spricht von einer „extrem hohen Nachfrage“. Mehr als eine Million Euro haben die Verantwortlichen bislang investiert. Das Ende soll das aber noch nicht gewesen sein. Unter anderem prüfen sie, wie man Familienzimmer für frisch gebackene Eltern attraktiver gestalten kann.

Nachfrage nach zusätzlichen Leistungen wird immer größer

Komfortstationen liegen im Trend. Roland Engehausen rechnet damit, dass es immer mehr von ihnen geben wird. Die Nachfrage nimmt seit einiger Zeit „spürbar zu“, sagt der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG). Patienten haben mittlerweile höhere Anforderungen an Service und Komfort im Krankenhaus. Dafür sind sie auch bereit zu bezahlen. Die Angebote in Garmisch-Partenkirchen und Agatharied nutzen nicht nur Privatpatienten, sondern auch regelmäßig gesetzlich Versicherte – obwohl die dafür selbst bezahlen müssen.

Komfortstationen bedeuten keine Ungleichheit im Zugang zu medizinischen Leistungen.

Wasser auf die Mühlen derer, die in vielen Krankenhäusern von einer Zweiklassengesellschaft sprechen. Engehausen kennt diese Befürchtung und stellt klar: „Die Einführung und der Ausbau von Komfortstationen bedeuten keine Ungleichheit im Zugang zu medizinischen Leistungen.“ Die seien für alle, die sich stationär behandeln lassen, weiterhin gleich. Und müssen es aus Sicht der BKG auch bleiben.

Komfortstationen sind für Krankenhäuser eine wichtige Einnahmequelle

Für Krankenhäuser sind Komfortstationen aus mehreren Gründen attraktiv. Sie versprechen zufriedene Patienten und eine sichere Einnahmequelle. Die benötigen die meisten Einrichtungen in Bayern dringend. Etwa acht von zehn Kliniken schreiben aktuell rote Zahlen. Mit dem Erlös aus solchen speziellen Angeboten lässt sich die stationäre Versorgung der übrigen Patienten teilweise finanzieren.

„Wer für zusätzliche Annehmlichkeiten zahlt, trägt zur verbesserten Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses bei“, sagt Engehausen. Dieses Finanzierungs-Modell dürfe aber keine Normalität werden. Nicht alle Krankenhäuser können ihre Komfortstationen so ausbauen, wie es in Agatharied oder Garmisch-Partenkirchen passiert ist. (tsch)

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