Sie hatte es dem Bürgermeister versprochen: Sosin Seymen feiert 100. Geburtstag
Sosin Seymen feiert ihren 100. Geburtstag. Sie kam 1973 nach Wolfratshausen und schuftete im Krankenhaus.
So einen kulinarischen Empfang gibt es selten: Auf dem langen Tisch im Wohnzimmer stehen gefüllte Weinblätter neben Couscous, Schinken neben Börek – gerade so viel, dass noch Platz für die Teller der Gäste ist. Das Festmahl mit türkischen Spezialitäten hat einen Grund: Sosin Seymen feiert ihren 100. Geburtstag nach. Sie hält ein Versprechen, das sie vor fünf Jahren Bürgermeister Klaus Heilinglechner gegeben hat: „Ich will 100 werden und hier in Wolfratshausen feiern.“
Zum 100. Geburtstag in die Türkei geflogen
Das ist ihr gelungen, wenn auch verspätet. Denn ihren eigentlichen Geburtstag am 9. August feierte sie zusammen mit der Familie in der Türkei. Gemeinsam mit Tochter Safiye Bakar flog die Seniorin zuerst nach Ankara, reiste dann weiter in ihren Heimatort Eskisehir. Von dort ist sie 1965 nach Deutschland gekommen. „Ich wollte meinen Kindern mehr Möglichkeiten bieten“, sagte sie einmal. Erste Station war Bremerhaven. „Ich arbeitete dort in einer Fischfabrik“, erzählt die Mutter von fünf Kindern. Zwölf Enkel und 14 Urenkel zählt die Verwandtschaft inzwischen.
1973 hieß es wieder Koffer packen: Seymens Schwester lebte in Wolfratshausen. Sie arbeitete in der Kreisklinik, wie Bakar erzählt. Auch für Seymen wurde die Klinik zum Arbeitgeber. „Über 35 Jahre arbeitete sie dort“, sagt Bakar. Seymen nickt zustimmend. Bis zur Rente arbeitete sie in der Klinik-Küche. Fleißig ist sie noch heute. „Mama muss immer etwas arbeiten“, erzählt die Tochter.
In ihrer Freizeit strickt und näht die rüstige Seniorin. Spazieren gehen im Untermarkt stand bis vor kurzem noch täglich auf dem Programm. „Der Untermarkt ist mein Revier“, sagt die Jubilarin und lacht. Inzwischen geht sie etwas weniger häufig aus. Dafür hört sie gerne Musiksendungen. „Früher sind wir auch in die Disko gegangen“, sagt Bakar. „Wenn es etwas zu feiern gab, musste man sie nicht lange bitten.“
Seymen packt mit an, wenn es sein muss
Eine Anekdote aus der Türkei sorgte für Lacher beim Besuch von Vize-Bürgermeister Günther Eibl: Als die ganze Familie den 100. Geburtstag feierte, gab die Spülmaschine ihren Geist auf. Seymen selbst stellte sich an die Spüle und säuberte Teller für Teller. Als das Geschirr wieder blitzeblank da stand, sah die 100-Jährige auf ihre Hände. Die waren durch das Spülwasser schrumpelig. „Ich sehe aus wie eine alte Frau“, meinte sie dann und präsentierte lachend ihre Hände.