Bauernproteste im Ticker - DBV-Präsident kündigt neue bundesweite Proteste an
Lang sprach sich konkret für feste Abnahmemengen und -Preise bei Milch aus, wie sie Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen vorgeschlagen habe. „Eine solche Regelung fehlt bislang und führt dazu, dass Bauern mitunter nicht vorher wissen, was sie für ihre Milch bekommen.“ Man brauche faire Wettbewerbsbedingungen für die Landwirte und Verhandlungen auf Augenhöhe. Özdemir hatte am Donnerstag im Bundestag gesagt: „Schriftliche Verträge zu Preisen und Liefermengen sollten eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.“
Der Handel widersprach der Darstellung, einen maßgeblichen Einfluss auf die Agrarpreise zu haben. „Dem Lebensmitteleinzelhandel in der Preisbildung eine entscheidende Marktmacht zu unterstellen, ist schlicht eine Falschaussage“, sagte der Präsident des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels, Björn Fromm.
In Deutschland seien mehrere Abnehmer an der Nachfrage und somit an der Preisbildung beteiligt. Etwa 50 Prozent des angelieferten Rohstoffs werde im Ausland vermarktet. Von großer Bedeutung für die Preisbildung landwirtschaftlicher Rohstoffe seien daher die Weltmarktpreise.
In der Regel würden die meisten Agrarrohstoffe für die Verarbeitung zu Lebensmittelprodukten an Unternehmen der Ernährungswirtschaft verkauft, wie Molkereien oder Schlacht- und Zerlegebetriebe. Direkte Vertragsverhältnisse zwischen Handel und Landwirtschaft seien eher selten. „Wo aber solche direkten Vertragsbeziehungen bestehen, werden diese unserer Erfahrung nach von der Landwirtschaft geschätzt“, fügte Fromm hinzu.
Spediteure und Landwirte protestieren in Berlin
17.43 Uhr: Hunderte Spediteure und Landwirte haben in Berlin erneut an einem Protest teilgenommen. Die Polizei berichtete von rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie Hunderten Lastwagen, mehr als 100 Autos und 40 Traktoren am Brandenburger Tor. Auf Transparenten forderten sie unter anderem, die Erhöhung der Lkw-Maut und die CO2-Steuer zurückzunehmen. Größere Verkehrsbehinderungen gab es in Berlin nach Angaben der Polizei wegen der Sternfahrt nicht.
Der Bundesverband Logistik und Verkehr pro (BLV-pro) hatte zu der Sternfahrt des Güterkraftverkehrs nach Berlin aufgerufen. Was die Kosten betreffe, sei die Branche am Limit, sagte der Sprecher des Verbands, Daniel Beständig, im RBB-Inforadio. „Uns geht es einfach darum, dass wir auch zukünftig eine Möglichkeit haben, am Markt zu überleben.“ Viele Schreiben, auch an die Bundesregierung, seien unbeantwortet geblieben.
Für Freitag ist am Brandenburger Tor eine Kundgebung geplant, zu der auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) erwartet wird. Er zeigte sich solidarisch mit der Logistikbranche. „Sie wird von der aktuellen Bundesregierung mit immer neuen Maßnahmen wie der CO2-Maut belastet“, teilte er mit. Das könne auch teuer sein für Verbraucherinnen und Verbraucher an den Supermarktkassen.
Die Landwirte und Fuhrunternehmen hatten am Donnerstagmorgen mehrere Zufahrten zur Autobahn A15 in Brandenburg blockiert. Bis auf die Zufahrt Bademeusel seien alle Zufahrten zwischen der polnischen Grenze und dem Dreieck Spreewald versperrt, teilte die Polizei mit.
Bauernpräsident droht mit weiteren Protest-Aktionen
Donnerstag, 18. Januar, 14.55 Uhr: Der Bauernverband droht mit neuen bundesweiten Aktionen bereits in der kommenden Woche, sollte die Ampel-Koalition den vorgesehenen Abbau der Agrardiesel-Subventionen nicht fallen lassen. Die bisherigen Proteste seien das „Vorbeben“ gewesen, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Donnerstag in Berlin. „Wenn sich nichts verändert, dann kommt es möglicherweise zur Eruption.“ Im Bundestag kam es zu einem Schlagabtausch über bessere Perspektiven für die Landwirtschaft.
Rukwied sagte: „Ab kommenden Montag werden wir, sofern die Haushaltsbereinigungssitzung heute Abend kein in unserem Sinne positives Ergebnis bringt, wieder mit Aktionen, und zwar flächendeckend in der ganzen Bundesrepublik, fortfahren.“ Dabei gelte weiter: „Wir wollen Nadelstiche setzen, die weh tun, aber in keinster Weise eskalieren oder radikalisieren.“ Details nannte er nicht.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags beriet am Donnerstag in einer Bereinigungssitzung über den Etat 2024 und vorgesehene Einsparungen, die auch den Agrardiesel betreffen sollen. Die Koalition hatte die Pläne schon abgeschwächt. Die Steuervergünstigungen für Bauern sollen demnach nicht auf einen Schlag enden, sondern schrittweise auslaufen. Seit Wochen protestieren Tausende Landwirte dagegen mit Treckern und Kundgebungen. Der Bauernverband fordert die Rücknahme der Pläne.
Traktoren und Mahnwache - Weitere Bauern-Demonstration in Berlin
11.48 Uhr: Bauern haben am Dienstag ihre Demonstrationen am und im Berliner Regierungsviertel in kleinerem Umfang fortgesetzt. Einige Hundert Bauern mit ihren Traktoren und anderen Fahrzeugen standen am Vormittag auf der Straße des 17. Juni, wie die Polizei mitteilte. Von etwa 330 Fahrzeugen war die Rede, es sei aber ein ständiges Ankommen und Wegfahren, berichtete die Polizei.
Angemeldet waren zwei Demonstrationen unter anderem von einem Brandenburger Bauernverband. Weitere Konvois von Traktoren stießen im Lauf des Vormittags dazu. Zudem lief seit der Nacht eine Mahnwache des Verbandes Freie Bauern.
Özdemir fordert „Tierwohlcent“ und sagt, sein Ministerium könnte schnell ein Konzept aufschreiben
10.28 Uhr: Bundesagrarminister Cem Özdemir dringt als Konsequenz aus den Bauernprotesten auf konkrete Schritte zu einer dauerhaft gesicherten Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung. Dafür müsse jetzt ein seit langem diskutierter „Tierwohlcent“ kommen, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Berlin. Sein Ministerium und das Finanzministerium könnten ein Modell dafür schnell aufschreiben. Aber dazu brauche es jetzt ein „klares Bekenntnis“ der gesamten Ampel und die Unterstützung der Opposition, sagte Özdemir. „Wer sich da vom Acker macht, zeigt der Landwirtschaft die rote Karte.“
Hintergrund ist eine vor mehreren Jahren von einer Kommission um den früheren Agrarminister Jochen Borchert empfohlene „Tierwohlabgabe“ auf tierische Produkte im Supermarkt. Denkbar wäre demnach etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. In der Koalition hatte die FDP Einwände dagegen deutlich gemacht, signalisierte angesichts der Bauernproteste nun aber Offenheit.
Erreicht werden soll damit, dass Tierhalter nicht allein auf den Mehrkosten für den Umbau von Ställen hin zu höheren Standards und größeren laufenden Ausgaben sitzen bleiben. Die Ampel-Koalition hat als Anschub vorerst eine Milliarde Euro reserviert, die aber nur bis 2026 reichen und nur für die Schweinehaltung vorgesehen sind.