Vor EM-Finale: Vogts wettert gegen den deutschen Fußball
Der ehemalige Nationaltrainer Berti Vogts fordert radikale Änderungen im DFB. Statt Selbstzufriedenheit nach dem EM-Aus wünscht er sich Reformen.
Frankfurt – Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist bei der EM 2024 im Viertelfinale knapp gegen Spanien mit 1:2 gescheitert. Trotz einer verbesserten Leistung als bei den vorherigen Turnieren und einer Euphorie, die das ganze Land ergriffen hat, lässt Berti Vogts in seiner Kolumne in der Rheinischen Post kein wirklich gutes Haar am DFB-Team.
Berti Vogts | |
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Geboren: | 30. Dezember 1946 in Büttgen |
Vereine als Trainer (u.a.): | Deutschland, Bayer Leverkusen, Kuwait, Schottland, Nigeria |
Erfolge (u.a.): | 1 x WM-Titel als Spieler, 1 x EM-Titel als Trainer, 1 x EM-Titel als Spieler |
Vogts wettert gegen DFB-Team vor EM-Finale
Vogts warnt eindringlich vor zu viel Selbstzufriedenheit: „Wir dürfen nicht zu blauäugig mit der Situation umgehen. Wir haben zu wenig Weltklasse im deutschen Fußball, wir können mit den internationalen Topteams nicht mithalten. Nicht mit der Nationalmannschaft und auch nicht im Vereinsfußball.“
In diesem Sinne kritisiert der ehemalige Nationaltrainer, der 1996 den EM-Titel mit Deutschland gewann, das mangelnde Potenzial in der Nationalmannschaft: „Darum muss sich der DFB fragen: Was läuft bei uns falsch? Warum haben wir nicht mehr ein so großes Kontingent an Top-Leuten wie früher?“

Ex-Bundestrainer Vogts: Mehr Praxis, weniger Theorie
Vogts’ Appell an den DFB ist klar: mehr Übung auf dem Spielfeld. „Ich fürchte, dass wir uns in der Ausbildung in den Akademien, aber auch bei den Trainern zu sehr in der Theorie verlieren. Aber Fußball findet auf dem Rasen statt, man muss ihn spüren – es ist wichtig, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Praxis, Praxis, Praxis!“
Eine weitere dringende geforderte Änderung des heute 77-Jährigen betrifft das Zurückreifen auf die Expertise ehemaliger Spitzenfußballer: „Wo ist Lothar Matthäus? Wo ist Michael Ballack? Wo ist Bastian Schweinsteiger? Auch Christoph Kramer oder Per Mertesacker wären mit ihrer Sachkenntnis tolle Trainer, es wäre schön, wenn sie den Weg gehen würden. Warum sind diese Top-Leute nicht beim DFB eingebunden?“, fragt er und plädiert für einen Sonder-Trainerlehrgang für potenzielle Nationalspieler.
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DFB müsse auf „Spanien, Frankreich und England“ schauen
Zum Abschluss richtet Vogts den Blick auf die Konkurrenz und fordert eine umfassende Reform in der deutschen Talentausbildung und -förderung: „Wir müssen schauen, was Spanien, Frankreich und England besser machen. Sie sind an uns vorbeigezogen. [...] Wir haben zu wenig Individualisten, zu wenig Spezialisten. Da müssen wir ansetzen.“
Es bleibt abzuwarten, ob der DFB die mahnenden Worte von Berti Vogts ernst nimmt und die eingeleiteten Reformen einleitet, um in den Augen des früheren Erfolgscoaches wieder eine große Fußball-Nation zu werden. Auch Sami Khedira fand kürzlich kritische Worte für die DFB-Elf. (chnnn)