Stromkosten senken oder Klimageld für alle: Die Union wird sich entscheiden müssen

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Die Union will die Einnahmen aus dem CO₂-Preis zur Entlastung der Stromkosten nutzen. Sie will aber auch ein Klimageld einführen. Für beides wird das Geld wohl nicht reichen.

Berlin – Drei Monate vor der Bundestagswahl am 23. Februar sehen alle Umfragen eine unionsgeführte Bundesregierung ab 2025 voraus. Immer mehr in den Fokus rücken daher auch die Pläne von CDU und CSU. Besonders in den Vordergrund tritt der stellvertretende Vorsitzende der Union im Bundestag, Jens Spahn (CDU). Der ehemalige Gesundheitsminister hat sich insbesondere auf Energiethemen spezialisiert – und hat Pläne für den Klima- und Transformationsfonds (KTF).

CDU will Stromkosten senken und dafür das Geld aus der CO₂-Steuer nutzen

In einem Interview mit der Zeit konkretisiert Spahn: „Wir wollen die Einnahmen aus dem CO₂-Preis nutzen, um die Stromsteuer und die Netzentgelte zu senken. Die Steuer wollen wir für alle auf das europäische Minimum von 0,05 Cent senken. Und die Netzentgelte wollen wir mindestens halbieren. Das wird zwölf Milliarden Euro kosten“. Diese Forderung entspricht auch dem, was Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gerne umgesetzt hätte – der wurde allerdings immer wieder vom Finanzminister ausgebremst. Das Geld dafür hätte man nämlich aus dem Haushalt nehmen müssen.

Im KTF fließen die Einnahmen aus dem CO₂-Preis, der seit 2021 in Deutschland erhoben wird. Daraus sollen dann Maßnahmen finanziert werden, die das Land schrittweise klimaneutral machen. Doch die Mittel sind natürlich nicht unendlich: Nach Angaben der Bundesregierung sind für das Jahr 2024 49 Milliarden Euro im KTF vorhanden. Das Forum Ökologische Marktwirtschaft (FÖS) hat in einem Bericht errechnet, dass 2025 weitere 29 Milliarden Euro eingenommen werden dürften. Die Bundesregierung geht von weniger aus: Im Finanzplan des Bundes sind 22,2 Milliarden Euro vorgesehen.

Die zwölf Milliarden Euro für eine Senkung der Stromkosten sollten also locker drin sein. Doch ganz so einfach ist das nicht – schließlich sind die meisten Mittel bereits für andere Zwecke reserviert. Und noch dazu will Union eigentlich auch ein Klimageld einführen, das als pauschalen pro-Kopf-Betrag an die Bevölkerung ausgezahlt werden soll. Dies haben CDU und CSU in ihrer Energie-Agenda für nach der Bundestagswahl festgeschrieben.

Klima- und Transformationsfonds: Diese Ausgaben hat Habeck für 2025 vorgesehen

Folgende Vorhaben sind nach aktuellem Stand fest eingeplant für den KTF ab 2025 (laut Finanzplan des Bundes):

  1. Gebäudeförderung und Transformation der Wärmenetze: 15,8 Mrd. Euro
  2. Mikroelektronik für die Digitalisierung: 4,9 Mrd. Euro
  3. Klimafreundliche Mobilität: 3,4 Mrd. Euro
  4. Entlastung für stromintensive Unternehmen: 3,3 Mrd. Euro
  5. Wasserstoffwirtschaft: 2,6 Mrd. Euro
  6. Transformation der Industrie: 1,5 Mrd. Euro
  7. Natürlicher Klimaschutz: 500 Millionen Euro
  8. Weitere Maßnahmen: 2,2 Mrd. Euro

Damit wird der KTF vollständig aufgezehrt sein. Sollte die Union also Mittel aus dem KTF für andere Maßnahmen beschließen wollen, müsste sie irgendwo kürzen. Und zwar gewaltig, wenn sie auch noch ein Klimageld einführen will.

Dampf steigt aus einer Fabrik auf: Die deutsche Industrie produzierte 2024 erneut weniger als im Vorjahr.
Dampf steigt aus einer Fabrik auf: Die deutsche Industrie produzierte 2024 erneut weniger als im Vorjahr. © Jens Büttner / dpa

Jens Spahn sagte gegenüber der Zeit: „Im Gegenzug sparen wir bei Habecks Schatzkiste: Er nutzt die CO₂-Einnahmen nach seinem Gusto für Milliardensubventionen, ineffiziente Klimaschutzverträge oder unnötigen teuren Heizungstausch – allein Letzteres kostet in diesem Jahr ganze 20 Milliarden Euro!“ Abgesehen von der Tatsache, dass die Heizungsförderung nicht 20 Milliarden Euro kostet, ist fraglich, dass eine neue Regierung daran auch etwas ändern würde, oder gar könnte.

Auch eine Abschaffung der Klimaschutzverträge wird rechtlich in vielen Fällen nicht möglich sein, da Förderbescheide bereits ausgehändigt wurden. Darüber hinaus wäre eine Kürzung an dieser Stelle bei den Unternehmen grundsätzlich unbeliebt – für sie ist dieses Instrument für die Transformation von zentraler Bedeutung. Auch Ökonomen loben diese Maßnahme.

CDU und CSU haben nicht genug Geld für beide Maßnahmen: Klimageld von 100 Euro wäre zu wenig

Gehen wir aber davon aus, dass Spahns Streichliste tatsächlich genau so durchgeführt werden würde. Dann stünden im KTF rund 22,2 Milliarden Euro zur Disposition. Davon würden zwölf Milliarden Euro zur Senkung der Stromkosten einfließen, wie Spahn selbst errechnet hat. Bleiben grob überschlagen noch zehn Milliarden Euro übrig – für das Klimageld?

Das würde ausreichen, um jedem Bürger in Deutschland etwas mehr als 100 Euro im Jahr auszuzahlen. Im Jahr 2025 soll der CO₂-Preis nach Angaben des Vergleichsportals Verivox für einen Einfamilienhaushalt (vier Personen) mit Gastherme zu Mehrkosten von zwischen 130 und 200 Euro führen. Die Mehrkosten für Benzin und Diesel, aber auch fossilen Strom sind nicht berücksichtigt. Damit würde das Klimageld also bei weitem nicht ausreichen, um die Mehrkosten durch den CO₂-Preis abzufedern, wie es die Union eigentlich fordert.

Das FÖS hat berechnet, wie das Klimageld aussehen könnte, wenn die kompletten Einnahmen aus der CO₂-Steuer dafür ausgegeben werden würden. Demnach würde 2025 eine Pro-Kopf-Pauschale von 317 Euro im Jahr herauskommen, wenn 29 Milliarden Euro dafür zur Verfügung stünden. Diese Pauschale würde dann mit dem CO₂-Preis über die Jahre ansteigen.

Abschaffung von Heizungsgesetz und Klimaschutzverträge gilt als unwahrscheinlich

Es ist aber, wie bereits erläutert, sehr unwahrscheinlich, dass die Kürzungsliste von Jens Spahn auch so umgesetzt werden kann. Alleine, weil die Klimaschutzverträge in den relevanten Branchen nicht umstritten sind. Sie brauchen die Unterstützung des Bundes bei der Transformation ihrer Lieferketten – sonst drohen sie in finanzielle Schieflagen zu geraten. Würden sie gezwungen werden, die Transformationskosten alleine zu stemmen, dann ist davon auszugehen, dass viele es nicht tun werden (können) – und dann sehenden Auges in fünf bis zehn Jahren in Schwierigkeiten geraten oder abwandern. Dies wird die Union vermeiden wollen.

Auch die Abschaffung der Heizungsförderung im Rahmen des Heizungsgesetzes gilt als unwahrscheinlich. Eher sind Anpassungen denkbar. Die Union wird sich aller Voraussicht nach also entscheiden müssen, zwischen Stromkosten senken und Klimageld. Oder sie findet dafür im Kernhaushalt Platz. Dafür wäre allerdings eine Reform der Schuldenbremse notwendig.

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