„Terroralarm auf Deutschlands Weihnachtsmärkten“: Kann ich überhaupt noch unbesorgt Advent feiern?

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Die Gefahr von Anschlägen habe sich „drastisch erhöht“, warnt der Verfassungsschutz. Aber was bedeutet das für die Weihnachtsmarkt-Saison in Deutschland?

München – Terror-Angst statt Adventsstimmung in Deutschland? Mutmaßlich geplante Anschläge auf Weihnachtsmärkte drücken die Winterfreude. Der Bundesverfassungsschutz warnt in einem neuen Bericht: Die Gefahr für Anschläge hat sich „drastisch erhöht“.

„Terroralarm auf Deutschlands Weihnachtsmärkten“: DPolG-Chef Wendt schlägt Alarm

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, formuliert es in der Bild noch deutlicher: „Nach der Warnung des israelischen Premierministers herrscht Terroralarm auf Deutschlands Weihnachtsmärkten. Schon wegen des christlichen Hintergrunds sind diese Veranstaltungen Anschlagsziel islamistischer Terroristen.“

Schlagen Terror-Alarm für Deutschland: DPolG-Chef Rainer Wendt (l.) und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu.
Schlagen Terror-Alarm für Deutschland: DPolG-Chef Rainer Wendt (l.) und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. © Ronny Hartmann/picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Xinhua/Imago

„Sie sind als Nächstes dran, verstehen Sie das. Deutschland, Europa. Die Hamas ist Teil der Terrorachse des Iran, der Hisbollah, der Houthis und anderer“, hatte Benjamin Netanjahu in einem Interview gesagt. Aber ist die Gefahr wirklich so akut?

Anschläge auf Weihnachtsmärkte in Deutschland? So schätzt die Polizei die Terror-Lage ein

Es bestehe kein Grund, auf einen Besuch von Weihnachtsmärkten zu verzichten, sagt die Polizei Dresden auf Anfrage von IPPEN.MEDIA. In Dresden findet unter anderem der große Striezelmarkt (im Schnitt zwei Millionen Besucher pro Jahr) statt.

Dass Vorsicht geboten ist, betont die Dresdner Polizei dennoch. „Wir haben derzeit keine konkreten Hinweise, gehen aber weiterhin von einer abstrakten Gefahr aus. Unser für den Striezelmarkt und die anderen Dresdner Weihnachtsmärkte seit mehreren Jahren bewährtes Einsatzkonzept bleibt bestehen.“

Das bedeutet: Die Polizei zeigt täglich Präsenz in der Innenstadt und hält Interventionskräfte vor, die im Fall der Fälle sofort ausrücken können.

Keine konkrete Gefährdung der Christkindlmärkte: Aber Polizei München ist gewarnt

Auch die Polizei München setzt auf ein „weiterentwickeltes Einsatzkonzept, das sich in vielen Punkten in den letzten Jahren bereits bewährt hat“. In einer Pressemitteilung spricht das Präsidium von einer abstrakten Gefährdungslage, „die sich in den Jahren vor der Corona-Pandemie hauptsächlich auf den Bereich ‚Islamistisch motivierter Extremismus‘ bezogen“ habe. Die Polizei stellt klar: „Dieses Jahr werden natürlich auch Erkenntnisse und Bewertungen aus den aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten mit berücksichtigt.“

Momentan gebe es allerdings keine Erkenntnisse für eine konkrete Gefährdung der Christkindlmärkte, betont die Polizei München. Vorfälle wie in Köln fließen aber in die Bewertung der Lage ein. Im Landkreis München gilt die Anschlagsgefahr als gering.

Polizei München hält an bewährtem Konzept fest – Tollwood verlässt sich auf Behörden

Der Marienplatz wird auch in diesem Jahr videoüberwacht. Dafür bringt die Polizei 18 Kameras rund um den Weihnachtsmarkt an. Das habe sich in den letzten Jahren bewährt. Ebenso beauftragt die Stadt wieder einen Sicherheitsdienst, der Ordnerstreifen auf das Areal schickt.

Dicke Betonpoller schützen den Breitscheidplatz in Berlin: Seit dem Anschlag 2016 werden Weinachtsmärkte in Deutschland gut geschützt, sagt der Schaustellerverband.
Dicke Betonpoller schützen den Breitscheidplatz in Berlin: Seit dem Anschlag 2016 werden Weinachtsmärkte in Deutschland gut geschützt, sagt der Schaustellerverband. © Jürgen Held/Imago

Auf dem Tollwood-Festival setzt der Veranstalter selbst Security-Personal ein. Außerdem sind auch dort Polizeistreifen vor Ort, wie eine Sprecherin auf Anfrage von IPPEN.MEDIA erklärt. Bei der Beurteilung der Lage verlasse sich der Veranstalter auf die Behörden und befinde sich im engen Austausch mit der Polizei.

Außerdem betont die Tollwood-Sprecherin: „Wir sind immer wachsam und achten auf die Sicherheit unserer Besucherinnen und Besucher.“ Der Veranstalter sensibilisiere die Tollwood-Mitarbeitenden sowie die Gastro- und Marktbetreibenden jedes Jahr.

Polizei passt Maßnahmen nach Terror-Alarm nicht an: „Bereits auf hohem Niveau“

Und auch in Köln, wo zwei Jugendliche wegen Terror-Plänen festgenommen wurden, bleibt die Polizei vorerst ruhig. „Derzeit ist kein Grund für eine weitere Anpassung ersichtlich“, sagt Kripochef Michael Esser. Aber: „Das kann sich natürlich jederzeit ändern. Sollte dies der Fall sein, werde ich sofort reagieren. Für die Weihnachtszeit ist mir wichtig, dass wir Präsenz zeigen und mit zivilen Kräften schnell Auffälligkeiten erkennen und handeln können.“

Außerdem betont Esser: „Die Maßnahmen der Polizei Köln in dieser ohnehin angespannten Sicherheitslage sind bereits auf hohem Niveau.“

„Nehmen solche Äußerungen sehr ernst“: Das sagt der Schausteller-Chef zur Terror-Warnung in Deutschland

Die Polizei in Deutschland lässt sich offenbar nicht verunsichern. Aber wie geht es denjenigen, die den ganzen Dezember auf dem Weihnachtsmarkt verbringen? Rund 5000 Schaustellerfamilien leben in Deutschland und betreiben Attraktionen sowie Stände auf den Märkten.

„Wir nehmen solche Berichte und Äußerungen sehr ernst“, sagt Frank Hakelberg, Geschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds (DSB) zu IPPEN.MEDIA. Trotzdem herrscht unter den Schaustellern Vorfreude auf den Winter. „Wir vertrauen, dass die Behörden mit uns zusammenarbeiten“, sagt Hakelberg.

Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds, vertraut den Behörden und freut sich auf die Weihnachtsmarkts-Saison.
Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbunds, vertraut den Behörden und freut sich auf die Weihnachtsmarkts-Saison. © DSB

Das Vertrauen ist groß, der Schlüsselmoment dafür umso tragischer. Der Schausteller-Chef erklärt: „Die Sicherheit auf Weihnachtsmärkten ist seit 2016 viel besser und hat seitdem nicht mehr nachgelassen.“ 2016 ereignete sich der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. „Jetzt hat jeder Weihnachtsmarkt ein Sicherheitskonzept.“ (moe)

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