6,5 Zentimeter zu breit: Steht Dachgaube neuen Wohnungen im Weg?
In Wolfratshausen dürfen zwei leer stehende Arztpraxen zu fünf Wohnungen umgebaut werden. Trotz einer Grenzüberschreitung.
Wolfratshausen – Nun also doch: Nach mehreren Anläufen kann die Eigentümerin des Gebäudes am Johannisplatz 3 zwei inzwischen leer stehende Arztpraxen zu fünf Wohnungen umbauen. Dem Antrag auf Nutzungsänderung stimmte der Bauausschuss des Stadtrats in seiner jüngsten Sitzung einstimmig zu. Die bis dato umstrittenen Punkte schaffte der Planer der Hausbesitzerin aus der Welt. „Das ist sehr erfreulich“, gab's dafür ein Extralob von Sebastian Sens, Mitarbeiter im Rathaus-Referat Planen und Umwelt.
Der Ferienausschuss des Stadtrats hatte dem Projekt wie berichtet im August die Zustimmung verweigert. Der entscheidende Knackpunkt: Die Bauwerberin hatte um die nachträgliche Legalisierung von zwei vor vielen Jahren installierten Dachgauben ersucht – das Ergebnis wäre ein drittes Vollgeschoss gewesen. Der rechtsverbindliche Bebauungsplan sieht laut Sens in dem Bereich allerdings zwingend zwei Vollgeschosse vor. Nicht eins, nicht drei.
Überschreitung laut Kreisbauamt im Einzelfall möglich
Das Kreisbauamt hatte die Kommune im Genehmigungsverfahren darauf hingewiesen, dass man eine Überschreitung der laut Bebauungsplan festgesetzten Anzahl der Vollgeschosse durchaus erlauben könne. In „Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt“ könne dies im Einzelfall getan werden, sofern „die Befreiung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist“. Um eine solche Einzelfallentscheidung handelte es sich bei einem Bauvorhaben nur einen Steinwurf entfernt, am Loisachufer 28. Dort, das entschied der Stadtrat, darf ein Zweifamilienhaus mit drei Vollgeschossen entstehen.
6,5 Zentimeter sind für die Grünen „keine Affäre“
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Vor diesem Hintergrund hatte Bauingenieur Josef Wehbe noch einmal Hand an den Plan gelegt: Die kleine Gaube im Osten des Hauses am Loisachufer wird zurückgebaut und durch ein Dachfenster ersetzt, sodass gemäß Bayerischer Bauordnung kein drittes Vollgeschoss entsteht, bestätigte Sens. „Die große Gaube und die gesamte Gebäudebreite im Westen wurden nochmals von uns nachgemessen“, ließ Wehbe die Genehmigungsbehörde wissen. „Es hat sich ein verputztes Außenmaß der großen Gaube von 3,30 Meter ergeben“, das bedeute: Laut Dachgaubensatzung der Stadt seien das 6,5 Zentimeter zu viel.
Für Hans-Georg Anders (Grüne) stellt diese Grenzüberschreitung „keine Affäre“ dar, auch die übrigen neun Mitglieder des Fachgremiums gestatteten die beantragte Abweichung schmunzelnd. Rathauschef Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) hob hervor, „dass der Planer eine gute andere Lösung gefunden hat“ – und zwar „ganz ohne die Ausschussmitglieder mit E-Mails zu bombardieren“. cce