Nach Sturz von Syriens Diktator - Experte warnt vor absurder Asyl-Situation: Wir müssen Assad-Schergen bei uns schützen

Dasdiktatorische Regime von Bashar al-Assadin Syrien ist gestürzt. Jetzt wächst die Sorge, dass seine Schergen, die in den letzten Jahren an schweren Verbrechen beteiligt waren, das Land verlassen könnten – auch in Richtung Deutschland:

„Klar ist, dass es ein Netzwerk von Menschen gibt, die bestimmte Rollen für das syrische Regime gespielt haben, die schon in Europa und auch in Deutschland leben“, so Lawand Kiki, geborener Syrer und heute Betreiber des Berliner „Syria Reporting Center e.V.“ im Gespräch mit FOCUS online. „Und jetzt, nach dem Sturz des Assad-Regimes, werden es immer mehr sein, die nach Europa und vor allem nach Deutschland kommen wollen.“

„Das sind Menschen, die das Töten seit zwölf Jahren gewohnt sind“

Kiki warnt: „Diese Leute waren nicht nur in Drogen- und Menschenhandel verwickelt, sie waren Kämpfer. Diese Gruppe hatte ein Kampfbataillon, das für das Regime gekämpft hat. Das sind Menschen, die das Töten seit zwölf Jahren gewohnt sind, die unschuldige Menschen gepackt und entweder lebendig begraben oder erschossen haben. Die Art der Folter und die Art der Verbrechen, die viele von ihnen begangen haben, macht diese Menschen absolut gefährlich.“

Auch in der Politik ist man sich dieses Problems bewusst. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beteuerte in der „Bild am Sonntag“: „Wer von Assads Folterknechten darüber nachdenken sollte, jetzt nach Deutschland zu fliehen, dem kann ich nur klar sagen: Wir ziehen all die Schergen des Regimes mit der vollen Härte des Gesetzes für ihre furchtbaren Verbrechen zur Rechenschaft“. Gerade für die internationalen Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste gelte es jetzt aufs engste zusammenzuarbeiten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies derweil ebenfalls in der „Bild am Sonntag“ auf Kontrollen der Sicherheitsbehörden an allen Grenzen. „Wir sind äußerst wachsam“, so Faeser. „Wenn Schergen des Terrorregimes von Assad versuchen sollten, nach Deutschland zu fliehen, dann müssen sie wissen, dass kaum ein Staat ihre Verbrechen so hart verfolgt wie Deutschland. Das sollte davon abschrecken, diesen Versuch zu wagen.“

Doch wie hart sind die deutschen Gesetze wirklich, wenn es um den Aufenthalt von geflüchteten Kriegsverbrechern oder Terroristen geht?

„Kriegsverbrecher oder Terroristen sind die Ausnahme von der Regel“

Daniel Thym, Asylexperte und Professor für Öffentliches Recht an der Universität Konstanz, liefert auf Anfrage von FOCUS online eine Einschätzung, die viele überraschen dürfte:

„Jede Person kann an den europäischen Außengrenzen oder in Deutschland um Asyl bitten“, erklärt Thym. „Da gibt es keinerlei Einschränkungen. Es muss ein Asylverfahren durchgeführt werden.“ Zwar könne eine Anerkennung des Asylantrags verweigert werden, wenn es sich um Kriegsverbrecher oder Terroristen handele, doch dies müsse in jedem Einzelfall erst einmal detailliert geprüft und nachgewiesen werden.

„In der Regel bedeutet ein abgelehnter Asylantrag auch, dass eine Person abgeschoben werden darf. Speziell Kriegsverbrecher oder Terroristen sind jedoch die Ausnahme von der Regel“, so Thym. In solchen Fällen könne ein rechtliches Abschiebungsverbot bestehen, wenn der Zielstaat – in diesem Fall Syrien – Folter oder andere Verstöße gegen europäische Grundrechte nicht ausschließen könne.

„So gehen Monate und Jahre ins Land"

„Das führt zu einer Situation, die normale Bürgerinnen und Bürger schwer verstehen: Kriegsverbrecher und Terroristen, die nach Deutschland oder Europa fliehen, dürfen nicht abgeschoben werden, wenn die neuen Machthaber in der Heimat sie nicht so behandeln, wie es die europäischen Grundrechte vorschreiben: keine Folter, ein faires Gerichtsverfahren etc.“, erklärt Thym weiter.

Dies könnte sogar dazu führen, dass Assad-Gefolgsleute vor europäischen Gerichten klagen, um ein Abschiebeverbot durchzusetzen. Thym verweist auf Großbritannien, das in der Vergangenheit immer wieder daran scheiterte, Terroristen in ihre Heimatländer abzuschieben. „So gehen Monate und Jahre ins Land, während derer die Betroffenen aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reguläre Asylbewerberleistungen bekommen.“

Die Bundesregierung könnte allenfalls mit der neuen syrischen Regierung eine Vereinbarung treffen, um sicherzustellen, dass Rückführungen ohne Folter und mit fairen Verfahren erfolgen. „Allerdings braucht es dazu belastbare Zusagen, die nur dann den Anforderungen der Gerichte genügen, wenn das Regime glaubhaft ist“, betont Thym. Ob dies tatsächlich realistisch sei, werde sich in den kommenden Wochen zeigen.