Wirtschaftsweise warnt vor Kollaps – Rentensystem braucht neue Reformen
Rente vor „Kollaps“: Wirtschaftsweise macht heikle Vorschläge – „auch wenn es ein Eigenheim ist“
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer übt starke Kritik an der Merz-Regierung. Sie sieht massiven Reformbedarf bei der Rente und Pflege.
Berlin – Die Regierung steht vor einer harten Debatte über Sozialreformen – das hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) selbst angekündigt. Denn bisher fehle noch „der große Wurf“, sagte die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Montag (25. August 2025). Laut der Vorsitzenden des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sehe es aktuell „nicht so aus, als gingen Union und SPD große und mutige Reformen an“.
Wirtschaftsweise: „Wenn die Regierung nichts tut, wird der Kollaps unweigerlich kommen“
Schnitzer warnte: „Wir müssen uns auf jeden Fall mit den Sozialversicherungen beschäftigen. Die sind nicht zukunftsfest.“ Es werde immer schwieriger, die Rentenzahlungen aus den Beiträgen der arbeitenden Bevölkerung zu finanzieren. „Wenn die Regierung nichts tut, wird der Kollaps unweigerlich kommen.“
Zwar räumte Schnitzer der Regierungskoalition aus Union und SPD noch etwas Zeit ein. Hinsichtlich der Wirtschaftsthemen habe die Regierung einiges in Aussicht gestellt und sei „auch schon einiges angegangen“. Aber: „Bestimmte Themen dauern“, räumte Schnitzer ein. Daher würde sie der Regierung „noch ein bisschen Schonzeit zugestehen“. Dann aber müsse sie „die versprochenen Reformen wirklich auf den Weg bringen“.
Rente und Pflege brauchen laut Schnitzer massive Reformen
Massiven Reformbedarf sieht die Ökonomin nicht nur bei der Rente. „Wir können auch die Ausgaben der Pflegeversicherung nicht weiter so ansteigen lassen“, sagte Schnitzer. Zwar müsse es Unterstützung geben, aber es müsse auch klar sein, „dass jeder damit rechnen muss, irgendwann mal ein Pflegefall zu werden“. Sie forderte: „Dafür muss er auch selbst vorsorgen.“
Natürlich dürften die Menschen nicht allein gelassen werden, sagte Schnitzer weiter. „Aber solange die Menschen noch Vermögen besitzen, auch wenn es ein Eigenheim ist, dann muss das eben herangezogen werden.“ Es könne nicht erwartet werden, dass der Staat das Eigenheim schütze, „wovon am Ende die Erben profitieren“, aber die Kosten der Pflege „von der Allgemeinheit getragen werden“.
Merz: „Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden“
Der Kanzler selbst schlug am Wochenende in eine ähnliche Kerbe wie Schnitzer: „Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt, nicht irritieren lassen“, sagte Merz in einer Rede beim Landesparteitag der Niedersachsen-CDU in Osnabrück. „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar.“
Merz sagte weiter, er wisse, dass die anvisierten Sozialstaatsreformen in einer Koalition mit der SPD „nicht so ganz einfach“ seien. „Das ist ein Bohren dicker Bretter.“ Das Vorhaben sei „anstrengend für die Sozialdemokraten, für uns übrigens auch – und ich mache es denen auch bewusst nicht leicht“, so der Kanzler. Die von ihm geführte Regierung habe aber die Pflicht zu liefern, sagte Merz. „Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden. Das muss mehr werden, es muss noch besser werden.“
Die Koalition aus Union und SPD hat sich grundlegende Reformen der Sozialversicherungssysteme vorgenommen – etwa bei Bürgergeld, Rente und Krankenversicherungen. Hintergrund sind steigende Kosten und die Sparzwänge im Bundeshaushalt. Die anvisierten Reformen sollen den Sozialstaat bezahlbar halten. Konkrete Vorschläge werden zum Teil in Fachkommissionen ausgearbeitet, im Herbst sollen erste Weichen gestellt werden. (lma mit AFP)