Weniger Motorradunfälle: Neues Fahrverbot am Kesselberg zeigt Wirkung
Motorradunfälle: Neues Fahrverbot am Kesselberg zeigt Wirkung
Nach der ersten Saison des veränderten Motorradfahrverbots am Unfallschwerpunkt Kesselberg wurde jetzt die mit Spannung erwartete Bilanz vorgelegt.
Kochel am See – „Die ersten Anzeichen sind positiv – mal schauen, wie’s weitergeht“: Mit diesen Worten fasste am Dienstag Georg Fischhaber, im Landratsamt Sachgebietsleiter für Verkehrsangelegenheiten, die Unfallsaison am Kesselberg zusammen. Die Bilanz war mit Spannung erwartet worden. Denn der zurückliegende Sommer war der erste, in dem auf der Serpentinenstrecke der B11 neue Regeln galten: ein viel diskutiertes Fahrverbot für Motorräder täglich zwischen 15 und 22 Uhr in Fahrtrichtung bergauf. Nach ersten Erkenntnissen hat diese Maßnahme Früchte getragen.
Heuer deutlich weniger Motorradunfälle am Kesselberg
Die Zwischenbilanz stellten die Mitglieder der Verkehrskommission bei einem Pressegespräch im Landratsamt vor. Die maßgeblichen Zahlen erläuterte Simon Neubert vom Staatlichen Bauamt Weilheim. Betrachtet wurde der Zeitraum zwischen 1. April und 31. Oktober. In diesen sieben Monaten galt das neue Fahrverbot. Zuvor, so Neubert, war die Strecke seit 1978 nur an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen jeweils ganztägig für bergauf fahrende Motorräder gesperrt.
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Die alles entscheidende Frage war nun: Wie würden sich die Unfallzahlen verändern? Laut Neubert wurden heuer am Kesselberg insgesamt 21 Unfälle registriert. Davon wurden zwölf von Motorradfahrern verursacht. Steffen Wiedemann, Chef der Polizeistation Kochel, schränkte sogar ein, dass einer dieser zwölf Unfälle „kein klassischer Fahrunfall“ gewesen, sondern bei einem unglücklichen Wendemanöver passiert sei.

Zum Vergleich wurden die Unfallzahlen der Jahre 2018 bis 2022 herangezogen. Da lag die Zahl der Unfälle deutlich höher, nämlich im Schnitt bei 28,4, davon 20,8 Motorradunfälle. Die zwölf Motorradunfälle in diesem Jahr „liegen deutlich unter dem unfallschwächsten Jahr der jüngeren Vergangenheit“, konstatierte Neubert. Das war 2019 mit 15 Motorradunfällen.
Verlagerung des Unfallgeschehens in die Mittagszeit
Als „großen Erfolg“ bezeichnete es Wiedemann, dass sich diesem Jahr kein einziger Motorradunfall in der Sperrzeit nach 15 Uhr in Fahrtrichtung bergauf ereignete. Neun Motorradunfälle passierten in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr. Der eine, der später registriert wurde, betraf einen Motorradfahrer, der – erlaubterweise – bergab, also in Richtung Kochel, fuhr. In den fünf vergangenen Jahren waren 78 Prozent der Motorradunfälle zwischen 15 und 22 Uhr passiert, so Neubert.
Eine Verlagerung des Unfallgeschehens stellten die Experten nicht nur in Richtung Mittagszeit, sondern auch mit Blick auf die Wochentage fest. Waren im Schnitt der vorangegangen fünf Jahre nur ein Unfall sonntags und keiner samstags passiert, fielen heuer je drei Unfälle auf Samstag und Sonntag, ein weiterer auf den Feiertag Christi Himmelfahrt. Der frühere Schwerpunkttag Freitag mit im Schnitt 6,8 Unfällen pro Jahr hat sich etwas beruhigt: 2023 waren es drei Freitagsunfälle.
Motorradfahrer weichen ins Sylvensteingebiet aus
Eine Befürchtung im Zusammenhang mit dem neuen Fahrverbot war, dass sich die Motorradunfälle auch örtlich bloß auf andere Gebiete verlagern könnten. Deswegen nahm die Unfallkommission speziell das Sylvensteingebiet unter die Lupe, also die B307 zwischen Vorderriß und Kaiserwacht und die B13 südlich der Bretonenbrücke. Viele Motorradfahrer seien dorthin ausgewichen, sagte Wiedemann. Das habe die Polizei einschlägigen Foren in den sozialen Medien wie auch eigener Anschauung entnommen. Die Zahl der Unfälle nahm dort aber nicht zu. Sieben Unfälle wurden dort gezählt, im Vergleich zu neun im Schnitt der fünf Vorjahre. „Das ist auf die stärkere Überwachung zurückzuführen“, sagte Wiedemann.
Starke Präsenz zeigte die Polizei vor allem am Kesselberg selbst, um das Fahrverbot zu kontrollieren. „Es gab überraschend wenige Beanstandungen“, sagte Wiedemann. Pünktlich um 15 Uhr sei die ins Visier genommene Klientel der „sportlichen“, oft übermotorisierten Fahrer, die die Kurven immer wieder hinauf- und hinunterfahren, weg gewesen. Bei einem Verstoß wurde ein Bußgeld von 50 Euro fällig, im Wiederholungsfall inklusive Gebühren und Auslagen 130 Euro.
Einig waren sich die Experten, dass nun noch die zweite Saison des bis 31. Oktober 2024 anberaumten Versuchszeitraums abzuwarten sei. „Erst dann haben wir verlässliche Parameter, um über weitere bauliche und polizeiliche Maßnahmen zu diskutieren“, betonte Lars Werner, Verkehrsexperte der Polizei im Landkreis. (ast)
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