Trump-Lager wütet wegen Warn-App vor ICE-Razzien – Entwickler zieht Hitler-Vergleich

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In den USA gewinnt eine App an Popularität, die die US-Regierung erzürnen lässt. Die Administration schießt sich auf den Entwickler und einen Sender ein.

Washington – Ein Eisblock erhitzt die Gemüter der US-Regierung. Oder zumindest dessen Inhalt. Denn hinter dem dahinschmelzenden Würfel verbirgt sich die rasant zu Berühmtheit gelangte App ICEBlock. Der Name und das entsprechende Logo sind eine Anspielung auf die Polizei- und Zollbehörde United States Immigration and Customs Enforcement – kurz: ICE.

Deren Mitarbeiter machen unter der Administration von US-Präsident Donald Trump vor allem Schlagzeilen, weil sie überall im Land Menschen aufgreifen, die ausgewiesen werden sollen. Längst nicht immer erscheint dabei sicher, dass sich die Personen tatsächlich unrechtmäßig in den USA aufhalten. Das Vorgehen hatte auch schon zu heftigen Protesten geführt, vor allem in Los Angeles.

Entwickler über ICEBlock-App: „Sehen dabei zu, wie sich Geschichte wiederholt“

Besagte App soll es daher ermöglichen, Sichtungen von ICE-Beamten zu melden. Sie kann also ein Frühwarnsystem für all jene sein, die sich einem Zugriff durch die Staatsbediensteten entziehen wollen. Und wird fleißig genutzt, wie ein Blick in die US-Charts des Apple Stores offenbart: Unter allen kostenlosen iPhone-Apps stand sie am Mittwochabend (19.30 Uhr deutscher Zeit) auf Platz drei.

Seine App erschwert ihre Arbeit: Joshua Aaron (r.) will der Migrationspolitik von Donald Trump und damit der Arbeit der Bundesbeamten Einhalt gebieten. © IMAGO / ZUMA Press Wire, Screenshot CNN, Apple Store

Einen Teil ihrer Popularität verdankt sie womöglich auch einem CNN-Beitrag, in dem auch der Entwickler Joshua Aaron zu Wort kommt. „Als ich gesehen habe, was in unserem Land passiert, wollte ich etwas tun, um zurückzuschlagen“, erklärt er. Ihn würden diese von Trump befohlenen Deportationen an die Zeit von Nazi-Deutschland erinnern: „Wir sehen buchstäblich dabei zu, wie sich Geschichte wiederholt.“

Gegenüber dem US-Portal Newsweek stellte er aber auch klar: „Wir ermutigen ICEBlock-User in keiner Weise, sich in die Strafverfolgung einzumischen.“ Den Vorwurf muss sich Aaron jedoch aus dem Trump-Lager anhören.

Trump-Lager wütet wegen Warn-App: „Infos über Bundesbeamte werden an Kriminelle gegeben“

So kritisierte Justizministerin Pam Bondi in der Fox-Sendung „Hannity“ mit Moderator Sean Hannity: „Er gibt die Infos, wo sich unsere Bundesbeamten aufhalten, an Kriminelle. Und das kann er nicht tun. Wir schauen auf ihn und er sollte sich besser vorsehen.“ Mit seinem Vorgehen würde er „unsere Bundesbeamten in Lebensgefahr bringen“. Und auch der TV-Sender musste sich einiges anhören: „CNN sollte sich schämen (…), dass sie diese App auch noch bewerben.“

Deutliche Worte fand auch Trumps Sprecherin Karoline Leavitt, die auf eine entsprechende Nachfrage vor Journalisten betonte: „Wir haben den Beitrag noch nicht gesehen, das werden wir aber noch tun. Aber es ist sicherlich inakzeptabel, dass ein großes Netzwerk so eine App bewirbt, die zu Gewalt gegen Polizeibeamte ermutigt, die unser Land sicher machen wollen.“

Pam Bondi sitzt am Tisch und gestikuliert
Nicht gut auf ICEBlock und seinen Entwickler zu sprechen: Pam Bondi droht Joshua Aaron mit Konsequenzen. © IMAGO / NurPhoto

Fox fragte derweil beim Konkurrenten nach und zitierte einen CNN-Sprecher mit den Worten: „CNN hat über eine öffentlich zugängliche App berichtet, die in den gesamten Vereinigten Staaten für Aufsehen sorgt, und bat vor der Veröffentlichung um einen Kommentar von ICE. Nachdem CNN seinen Bericht veröffentlicht hatte, veröffentlichte ICE eine Antwort, die nun in den Artikel aufgenommen wurde.“

Trump-Administration droht wegen Razzien: „Werden Sie zur Strecke bringen“

Diese Antwort sah demnach so aus, dass ICE-Direktor Todd Lyons den CNN-Bericht kritisierte und ICEBlock vorwarf, „im Grunde eine Zielscheibe auf die Rücken der Bundespolizisten zu zeichnen“.

Kristi Noem, als Heimatschutzministerin auch für die ICE zuständig, postete auf X derweil sogar einen Abschnitt des CNN-Beitrags. Dazu schimpfte sie: „Das sieht doch sehr nach Justizbehinderung aus. Unsere tapferen ICE-Polizisten sehen sich mit einem Anstieg der Angriffe um 500 Prozent konfrontiert.“ Diese Zahl hatte Homeland Security bereits am 20. Juni veröffentlicht.

Kristi Noem mit ICE-Beamten
Zeigt Präsenz unter den ICE-Beamten: Heimatschutzministerin Kristi Noem lässt sich in Los Angeles zeigen, was auf den Straßen los ist. © IMAGO / Anadolu Agency

In ihrem Post warnte Noem, die einst mit der Tötung ihres Hundes für Aufsehen gesorgt hatte, zudem: „Wenn Sie unsere Strafverfolgungsbehörden behindern oder angreifen, werden wir Sie zur Strecke bringen und im vollen gesetzlich möglichen Umfang strafrechtlich verfolgen.“

Entwickler über Warn-App vor ICE-Razzien: „Keine Daten über Nutzer erfasst oder gespeichert“

Aaron aber betont vielmehr, dass er seine App für eine Notwendigkeit hält, weil das Trump-Lager viel zu weit gehe: „Wenn wir sehen, wie ICE-Agenten vor Schulen stehen, College-Studenten wegen ihrer politischen Überzeugungen verschwinden lassen oder Babys aus den Armen ihrer Mütter reißen, die nach ihren Kindern schreien, dann wissen wir alle, dass ihre Rhetorik ‚die Schlimmsten der Schlimmen loszuwerden‘, eine Lüge ist.“

Ihm zufolge hatte seine App am 29. Juni bereits 31.300 User. „Jetzt ist ICEBlock die Nummer 1 der Apps im sozialen Netzwerk – und mit all der Medienaufmerksamkeit habe ich das Gefühl, dass die Zahl deutlich größer sein wird“, fasst Aaron zusammen.

Allerdings könne er nicht sagen, in welchen Regionen sein Werk besonders oft nachgefragt wird: „Wir tracken unsere User zu keiner Zeit, auch nicht bei Analysen. Es werden keine Daten über Nutzer erfasst oder gespeichert.“

ICEBlock-App und Nazi-Vergleich: „Was hätten Sie getan, als Hitler an die Macht kam?“

Der Mann hinter dem berühmtesten Eiswürfel der USA hofft, dass auch andere Köpfe der Tech-Welt angesichts der Erfahrungen umdenken und Trump nicht weiter unterstützen: „Ich denke, ich würde sagen, man sollte sich ein Rückgrat zulegen. Es kann nicht nur ums Geld gehen.“

Denn Aaron treibt auch der Blick zurück an: „Wie ich oft gesagt habe: Falls Sie sich gefragt haben, was Sie getan hätten, wenn Sie während Hitlers Aufstieg an die Macht in Deutschland gelebt hätten, fragen Sie sich das nicht mehr, denn genau das tun Sie gerade. ICEBlock zu entwickeln war mein Weg, um mich dem Kampf anzuschließen und den Menschen eine Möglichkeit zu geben, sich selbst und ihre Gemeinschaft zu schützen.“ (mg)

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