Nato-Chef Stoltenberg warnt vor Putins Sieg in der Ukraine – und kritisiert eigene Partner

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisiert die Zögerlichkeit des Westens. Russlands Selbstbewusstsein steigt. Ein Experte zeichnet ein düsteres Bild der Lage in der Ukraine.

Brüssel – Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnt vor einem Sieg der russischen Armee im Ukraine-Krieg. Es wäre eine „Tragödie für die Ukraine“ würde Russland den „Zermürbungskrieg“ gewinnen, der gerade in der Ukraine stattfinde, sagte Stoltenberg am Sonntag (3. Dezember) in einem ARD-Interview.

Zentral sei die Produktion von Munition und Waffen für die Ukraine im Westen. Er kritisierte die Nato-Mitgliedsländer dafür, dass sie zur Verbesserung der Produktionskapazitäten „nicht so eng zusammenarbeiten, wie sie sollten“. Es sei „gefährlich“ für die Nato-Partner und die europäische Sicherheitsordnung, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gewinnen.

Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, spricht mit Journalisten vor einem Treffen der Nato-Außenminister im Nato-Hauptquartier.
Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, spricht mit Journalisten vor einem Treffen der Nato-Außenminister im Nato-Hauptquartier. © Geert Vanden Wijngaert/dpa

Militärexperte sieht schwarz für die Ukraine – Stoltenberg und Selenskyj verweisen auf Erfolge

Der österreichische Offizier und Militärhistoriker Markus Reisner erklärte gegenüber der ARD, woran es den ukrainischen Streitkräften fehle. Artilleriegranaten, Raketenwerfer, Flugabwehr und Kampfflugzeuge bräuchte die Ukraine aus dem Westen. Doch dort seien Produktionskapazitäten dafür allerdings auch nicht da, die „hochzufahren dauert Jahre, nicht Monate“ sagte Reisner. Der Militär sieht ein neues Selbstbewusstsein, der russischen Armee an der eingefrorenen Front, der Glaube, „dass sie die Ukrainer in die Knie zwingen können“, mache sie breit. Reisner betonte: „Ein Abnutzungskrieg wird über Ressourcen entschieden, nicht über die Moral.“

Einige Lichtblicke zeigte Stoltenberg dennoch auf: Ukrainische Soldaten hätten es geschafft, der russischen Armee „schwere Verluste“ durch Raketenangriffe hinter der Front zuzufügen, und die russische Schwarzmeerflotte in den Osten des Schwarzen Meeres abzudrängen.

Diese Erfolge betonte bereits der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Interview mit der Nachrichtenagentur AP am Freitag (1. Dezember). Dort räumte er auch das Scheitern der Sommeroffensive seiner Streitkräfte ein. „Die Kraft reicht nicht aus, um schneller die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Das bedeutet aber nicht, dass wir kapitulieren müssen“, sagte Selenskyj über die Materiallage an der Front. Der Krieg sei jetzt in einer neuen Phase und der Winter verkompliziere es weiter.

Ukraine-General: „Pattsituation“ an der Front

Der ukrainische Generalstabschef Walerij Saluschnyj deutete kürzlich ebenfalls die „Pattsituation“ an, die Reisner und Stoltenberg beschreiben. Unterstützung kam von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, der gleichzeitig Selenskyj scharf kritisierte. „Manchmal wollen die Menschen die Wahrheit nicht hören“, sagte er zum Schweizer Boulevardblatt 20Minuten, über Selenskyjs Wahrnehmung der Lage an der Front.

Auch Militärexperte Reisner weist auf einen harten Fakt hin: Russland habe – nordkoreanische Lieferungen inklusive – aktuell drei Millionen Artilleriegranaten jährlich zur Verfügung. Die EU lieferte der Ukraine bisher lediglich 300.000. Unterdessen beginnt die Moral in der Ukraine zu bröckeln, am Montag (4. Dezember) berichtete die ARD über Proteste von Soldaten-Angehörigen in Kiew. Sie forderten Fronturlaub. (kb)

Auch interessant

Kommentare