Bierkrise in Deutschland! Das sind die Folgen für Ihre Lieblingsmarke

Der Bierkonsum in Deutschland ist dieses Jahr so stark eingebrochen wie seit der Corona-Pandemie nicht mehr. Stefan Blaschak, Chef der bayerischen Brauerei Oettinger, warnt vor einer regelrechten Pleitewelle: „Die Welt der Brauereien bröckelt, bei den Kleinen sehen wir fast täglich Insolvenzen, es wird auch die Großen treffen.“ Der „Augsburger Allgemeinen“ sagte er: "Die Brauereien werden wie Fliegen von der Wand fallen.“

2024 setzten die in Deutschland ansässigen Brauereien insgesamt rund 8,3 Milliarden Liter Bier ab, das waren 1,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Doch 2025 hat sich die Lage dramatisch verschärft: Allein im ersten Halbjahr sank der Absatz um mehr als sechs Prozent, das sind nur noch 3,9 Milliarden Liter Bier. 

Erstmals seit Jahren fiel die Menge im 1. Halbjahr damit unter die Marke von vier Milliarden. „Ein Erdrutsch“, so Blaschak. Auch die Produktion bei den größten Brauereien wie Oettinger, Radeberger und Bitburger ging spürbar zurück.

Die Brauereien in Deutschland verkaufen weniger Bier.
Die Brauereien in Deutschland verkaufen weniger Bier. DPA/S. Stein, Redaktion: A. Brühl

Die Krise reicht tief

Die Krise Ursachen hat vielfältige Ursachen:

  • Veränderte Konsumgewohnheiten: Jüngere trinken weniger Bier, gesundheitsbewusstere Kunden greifen häufiger zu Wasser, Wein oder alkoholfreien Getränken.
  • Demografie: Eine alternde Gesellschaft bedeutet sinkenden Bierkonsum.
  • Kostenexplosion: Energie, Rohstoffe und Personal werden teurer – die Margen schmelzen.
  • Überkapazitäten: Mit rund 1500 Brauereien hat Deutschland zwar Vielfalt, aber auch einen ruinösen Wettbewerb.

Der Deutsche Brauer-Bund sieht neben der demografischen Entwicklung auch konjunkturelle Probleme. Hauptgeschäftsführer Holger Eichele sagt: "Ähnlich wie bei Gastronomie und Handel schlägt das schlechte Konsumklima auch auf die Brauereien voll durch. Die Situation der Gastronomie ist besorgniserregend, viele Betriebe kämpfen ums Überleben und haben sich seit der Pandemie nicht mehr erholt." Beim Export werde das Zollabkommen mit den USA den Druck auf die Betriebe noch einmal erhöhen. 

Zwar wächst der Markt für alkoholfreies Bier: Mit fast 600 Millionen Litern hat sich die Produktion in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Doch dieser Boom kompensiert nur etwa ein Drittel der Verluste. „Alkoholfreie Biere sind allenfalls ein Pflaster, das die Schmerzen lindert“, warnt Veltins-Chef Volker Kuhl.

Standortschließungen und harte Einschnitte

Die schwache Nachfrage hindert die Brauereien daran, eigentlich nötige Preiserhöhungen durchzusetzen. Ein Kasten Bier müsste laut Vertretern der Brauwirtschaft eigentlich zwischen 25 und 30 Euro kosten, damit mittelständische Brauereien kostendeckend wirtschaften können, berichtet unter anderem die Frankenpost im August 2024. Die tatsächlichen Preise liegen deutlich niedriger, oft um mehr als die Hälfte. 

Diese Entwicklung fordert bereits erste Opfer: Oettinger schließt den Standort Braunschweig. Rund 130 Jobs fallen weg. 

Auch andere Großbrauereien setzen auf Schrumpfkur, etwa die Radeberger Gruppe, die schon die Binding-Brauerei in Frankfurt aufgegeben hat. In den vergangenen fünf Jahren haben laut Deutschem Brauer-Bund knapp 100 kleine und mittlere Betriebe geschlossen.

Die Brauereilandschaft in Deutschland ist vergleichsweise kleinteilig. Das größte hiesige Unternehmen, die Radeberger Gruppe, liegt weltweit nur auf Platz 23. Hinzu kommen viele kleine Brauereien, die besonders mit den steigenden Kosten kämpfen.

Streiks erschüttern Ost-Brauereien

Vor allem ostdeutsche Großbrauerein leiden. In Köstritz, Radeberg, Leipzig und Freiberg fordern Angestellte höhere Löhne, oft mit Warnstreiks. Niedergelegt hatten Beschäftigte die Arbeit im Freiberger Brauhaus, bei der Radeberger Exportbierbrauerei, der Sternburg Brauerei, der Krostitzer Brauerei (alle Teil der Radeberger Gruppe), der Wernesgrüner Brauerei, die zu Carlsberg Deutschland gehört, und der Köstritzer Schwarzbierbrauerei.

Die Gewerkschaft NGG fordert sieben Prozent mehr Gehalt, weil die Lücke zwischen Ost und West enorm sei. In Sachsen verdienen Beschäftigte laut Gewerkschaft bis zu 8000 Euro im Jahr weniger als im Westen. 

Die Arbeitgeber sehen das anders: Von den 131 Brauereien in Sachsen und Thüringen zahlten nur sechs Prozent Tariflöhne. Dass nun "ausgerechnet die wenigen Brauereien, die sich noch einer Tarifgemeinschaft und einem Flächentarif verpflichtet fühlen, bestreikt und empfindlich in ihrer Marktbearbeitung gestört werden", entbehrt nach Empfinden der Radeberger Gruppe nicht "einer gewissen Ironie". Am Ende einigten sich die Parteien auf deutlich über fünf Prozent mehr Lohn über die kommenden zwei Jahre.

Die Streiks trafen die Betriebe hart: Die Lohnerhöhungen treiben die Kosten, Millionen Bierflaschen konnten nicht abgefüllt werden, Regale blieben zeitweise leer. Das drückte auf die Umsätze der Brauereien. Gleichzeitig drohen ihnen durch die höheren Löhne Mehrkosten. 

Arbeitgebervertreter warnen, ein Lohnplus in der verlangten Höhe sei „jenseits dessen, was der Markt erlaubt“.

Müssen Kunden jetzt um ihr Lieblingsbier fürchten?

Weniger Konsum, höhere Kosten: Für Verbraucher bedeutet die Krise zweierlei:

  1. Preiserhöhungen: Der Brauer-Bund sagt klar, Bier sei in Deutschland „zu billig“. Ob höhere Preise im Handel durchsetzbar sind, bleibt aber offen.
  2. Weniger Vielfalt: Kleine, regionale Brauereien sind besonders gefährdet. Hier kann es passieren, dass Ihr Stamm-Bier plötzlich verschwindet.

Komplett leere Regale sind zwar unwahrscheinlich – dafür ist der Markt trotz Pleiten noch immer groß. Doch die Auswahl an Bieren könnte schon bald kleiner werden. Und einzelne Traditionsmarken drohen ganz vom Markt zu verschwinden.