Zwei Minister markieren ihr Revier: Aiwanger und Kaniber treten bei Bauernversammlung auf

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Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) nimmt neben Landesbäuerin Christine Singer, die für die Freien Wähler bei der Europawahl antritt, Platz. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Es geht um Wald, Wild und Wiese: Bei der Bauernversammlung in Herrsching treffen die Kabinettskollegen Aiwanger und Kaniber aufeinander. Sie beschwören den Schulterschluss – fahren aber die Ellenbogen aus.

Herrsching – Nach nur drei Sätzen kapituliert Michaela Kaniber (CSU). Sie packt die Digitaluhr, die ihre Sprechzeit misst, und übergibt sie Bauernpräsident Günther Felßner. „Ich kann mich heute nicht an meine Redezeit halten, ich habe viel zu viel zu sagen“, sagt die Landwirtschaftsministerin. Das lässt die anwesenden Bäuerinnen und Bauern kurz auflachen.

In der Tat ist in den letzten Wochen viel passiert: Kanibers Kabinettskollege Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wollte nach der Landtagswahl ihr Amt für seine Partei erobern. Am Ende blieb es in ihrer Hand – aber die Zuständigkeiten zwischen Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium sind jetzt neu sortiert. Aiwanger ist nun oberster Jagd- und Forstchef. Kaniber hat sich dafür den Tourismus geangelt.

Auf der Landesversammlung des Bauernverbandes sind die beiden Minister gestern in Herrsching am Ammersee aufeinander getroffen. Hier, im Haus der Bayerischen Landwirtschaft, nutzt Kaniber ihren Heimvorteil: Als Agrarministerin hat sie die meiste Redezeit – und überzieht trotzdem deutlich. Mit einer 55-Minuten-Rede markiert sie ihr Revier. Aiwanger hält sich an seine zehn Minuten.

Aiwanger will „Krieg“ zwischen Waldbesitzern und Jägerschaft beenden

Einen Konflikt, der nicht nur zwischen ihm und seiner Kabinettskollegin schwelt, spricht er dennoch an. „Waldbesitzer und Jägerschaft müssen den Krieg der letzten Jahre beerdigen“, sagt Aiwanger, selbst leidenschaftlicher Jäger. Die Bauern, die wie die Jäger zu seiner Kernwählerschaft zählen, monieren seit Jahren, dass aus der Jägerschaft zu wenig getan wird, um die Rehwildpopulationen in Schach zu halten. In den Augen vieler Landwirte sind die Jäger also Schuld am anhaltend hohen Verbiss an ihren jungen Bäumen im Wald.

Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sprach ein kurzes Grußwort, saß aber nicht bei den Rednern auf der Bühne. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Aiwanger spricht das Dilemma gestern von sich aus an. „Mir ist schon klar, was sich manche denken: Ohje, jetzt ist der Aiwanger zuständig für Hirsch und Reh – die werden uns jetzt alle Haare vom Kopf fressen.“ Aber so weit soll es nicht kommen. Aiwanger will die Schützengräben überwinden. „Wir werden Waldbesitzer und Jäger unter einen Hut kriegen, Einzelfälle vernünftig anschauen und die Verjüngung der Wälder in den Fokus rücken“, sagt er. „Ohne ideologische Scharmützel und Persönliches in diese Diskussion zu bringen.“

Waldbesitzer und Jägerschaft müssen den Krieg der letzten Jahre beerdigen.

Kaniber dankt Aiwanger für das Bekenntnis zur konstruktiven Zusammenarbeit – allerdings nicht ohne Seitenhieb. „Die Jagd ist und bleibt Verbündete der Landwirtschaft – da muss man befrieden“, sagt sie. „Vielleicht kannst du, Hubert, das mit dem ein oder anderen aus dem Jagdverband tun?“

Michaela Kaniber (CSU): „Jagd bleibt Verbündete der Landwirtschaft“

So ganz ohne ausgefahrene Ellenbogen geht es nicht, wenn die beiden aufeinandertreffen – auch wenn beide von einem „Schulterschluss“ sprechen. „Wir zwei wissen genau, dass Politik kein Ponyhof ist“, sagt Kaniber. Dass sie die Jagd habe abgeben habe müssen, tue ihr leid. Aber sie habe ja eine „Entschädigung“ bekommen – den Tourismus. „Jetzt kommt zusammen, was zusammengehört“, erklärt sie – und nickt in Richtung Aiwanger: „Mir zwei kommen scho irgendwie z’samm.“

Klar ist aber: Das Buhlen um die Gunst der Bauern bei CSU und Freien Wählern geht weiter. Nach der Landtagswahl ist schließlich vor der Europawahl. Und deshalb holen gestern beide Minister zum Rundumschlag aus – angesprochen wird alles, was den Landwirten auf der Seele brennt.

Thorsten Glauber fordert neue Regeln für Wolf-Abschuss

Zum einfacheren Abschuss von Wölfen fordert Bayern vom Bundesumweltministerium eine Absenkung der rechtlichen Hürden und des Schutzstatus. „Der Abschuss muss einfacher möglich sein“, sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Es sei zwar erfreulich, dass der Bund inzwischen „als ersten Schritt“ eigene Vorschläge für den Umgang mit Wölfen vorgelegt habe, diese reichten aber nicht aus.

Bei der Konferenz der Umweltminister von Bund und Ländern in Münster steht auch das Thema Wolf auf der Tagesordnung. Die Länder wollen die Mitte Oktober von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vorgestellten Vorschläge für den Umgang mit Wölfen diskutieren.

„Der Abschuss von einzelnen auffälligen Wölfen ist auch heute schon möglich. Wir brauchen keine Rechtsberatung, wir brauchen eine Rechtsänderung. Der Bund muss seine Hausaufgaben endlich erledigen“, sagte Glauber.

Von regionaler Ernährung (natürlich samt Fleisch) über die Bejagung von Wolf und Otter bis zum Erhalt der Kombihaltung und dem Einsatz von Pestiziden. In diesen Fragen herrscht bei Kaniber und Aiwanger viel Einigkeit. Vor allem immer dann, wenn es um „die in Berlin“ geht. Und dafür gibt’s auch kräftig Applaus vom Stammwähler. (sco)

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