Was Europa und den USA bei einer zweiten Amtszeit von Donald Trump droht
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VonNadja Zinsmeisterschließen
Donald Trump könnte im November wieder ins Weiße Haus einziehen. Was würde die USA - und Europa - konkret nach seinem Wahlsieg erwarten?
Washington DC - Donald Trump ist auf dem Vormarsch. Der ehemalige US-Präsident hat bei den Vorwahlen der Republikaner einen Sieg nach dem anderen hingelegt und damit seine Konkurrentin Nikki Haley in die Knie gezwungen. Jetzt steht nur noch die Wahl im November zwischen ihm und dem erneuten Einzug ins Weiße Haus. Während ein Teil der US-Bevölkerung eifrig auf seinen Wahlsieg hin fiebert, zittert der andere vor Angst. Eine Übersicht, was Trump für die USA und über die Grenzen hinaus plant.
Die wohl größte Sorge, die vor allem Demokraten in den USA haben, ist Trumps „Kriegserklärung“ mit der Verfassung. Oder wie der US-Sender CNN am Mittwoch schrieb: Er „kandidiert mit dem extremsten Programm der modernen Geschichte“. Sein Wunschszenario bestehe unter anderem darin, vom Obersten Gerichtshof eine unkontrollierte Macht zu erhalten, um laut eigener Aussage „Vergeltung“ gegen seine politischen Feinde auszuüben. Er will laut eigenen Andeutungen den öffentlichen Dienst in den Ministerien abbauen und die Posten mit politischen Mitarbeitern besetzen. Es sind extreme Szenarien, die vielleicht nie eintreten werden. Doch vergangene Skandale, darunter der Sturm aufs Kapitol 2021, haben bereits gezeigt, wie weit zumindest Trumps Anhänger gehen können.
Justizsystem, Einwanderung, Klimawandel - das plant Donald Trump bei einem Wahlsieg im November
Laut CNN machte Trump ebenfalls eine wage Andeutung, das Justizministerium nicht länger als einen unabhängigen Entscheidungsträger der Rechtsstaatlichkeit einsetzen zu wollen, sondern als persönliche politische Durchsetzungsmaschine anzusehen. Viele von Trumps ehemaligen Mitarbeitern befürchten, dass er das internationale System der Nachkriegszeit über den Haufen werfen und sich auf die Seite von Diktatoren stellen könnte.
Die Angst vor einem neuen, aggressiveren Trump stützt sich auch auf Aussagen hinsichtlich Einwanderern und Einwanderinnen. Menschen ohne Papiere würden demnach „das Blut des Landes vergiften“, weshalb die USA Massenabschiebungen benötige.
Ein weiteres großes Ziel des 77-Jährigen für die USA: den Öl- und Gashahn wieder voll aufdrehen und Bidens Klimagesetz abwracken. Biden hat ein Gesetz durchgesetzt, das Investitionen von rund 370 Milliarden Dollar über zehn Jahre in den Klimaschutz vorsieht. Unter anderem sollen mit dem Geld erneuerbare Energien gefördert, Kaufprämien für Elektroautos sowie Steuervergünstigungen für Wärmepumpen und Solaranlagen ermöglicht werden. Das Gesetzt sieht außerdem eine Gebühr auf Methan-Ausstoß vor, die wiederum Klimaschutz in ärmeren Gemeinden querfinanzieren soll.
Auch Deutschland zittert vor einem Wahlsieg Trumps - Folgen für die europäische Wirtschaft und Nato
Auch in Deutschland wird der Verlauf der US-Wahlen genauestens beobachtet. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sieht in einem Wahlsieg Trumps potenziell große Auswirkungen für die NATO-Mitgliedstaaten. Sollte der Ex-Präsident die Wahl für sich entscheiden, „dann wird Trump 2 ganz anders werden als Trump 1“, prophezeite der Bundestagsabgeordnete bereits im Januar.
Der ehemalige US-Präsident hatte bei einem Wahlkampfauftritt bereits angekündigt, dass er Nato-Partner, die nicht genug in Verteidigung investierten, im Ernstfall nicht vor Russland beschützen würde. Er würde Russland „sogar dazu ermutigen zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“. Diese Infragestellung der Nato-Beistandspflicht hatte eine Welle der Empörung von Washington über Brüssel bis nach Berlin ausgelöst. Gleichzeitig steigt in Europa die Sorge, dass in Zukunft neben der Ukraine auch weitere Länder angegriffen werden könnten.
Gleichzeitig würde Trumps Wiederwahl die deutsche Wirtschaft unter anderem 120 Milliarden Euro kosten. Trump plant laut eigener Aussage, einen Mindestzoll von zehn Prozent für Importe aus allen Ländern einzuführen. Besonders für deutsche Unternehmen, die in die USA exportieren, wäre das ein schwerer Schlag. Der Verlust des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland würde sich über die gesamte Amtszeit Trumps gerechnet voraussichtlich auf mehr als 120 Milliarden Euro belaufen. Zu diesem Ergebnis kam das Institut der deutschen Wirtschaft, die in einer Simulation verschiedene Szenarien durchspielte.
Donald Trump: Das Erfolgsrezept eines der wohl größten „Troublemakers“ aus den USA
Donald Trump hat trotz diverser Skandale, Eskapaden und einer chaotischen Amtszeit als Präsident großen Rückhalt in der Parteibasis. Auch große juristische Probleme im Wahljahr - vier Anklagen in Strafverfahren und empfindliche Schadenersatzzahlungen in Zivilverfahren - haben Trump bislang politisch nicht geschadet.
Sein Erfolgsrezept ist seit 2016 im Grunde gleich geblieben: Das politische System brandmarkt er als korrupt und ineffektiv, für komplexe wirtschaftliche Probleme bietet er einfache Erklärungen. Im Gegensatz zu anderen Politikern, die gerne mit hochgekrempelten Hemdsärmeln „Nähe zum Volk“ suggerieren, versucht Trump gar nicht erst, so zu tun. Genau das macht ihn für seine Anhänger authentisch. Dass er nun auch noch mit verschiedensten Strafverfahren konfrontiert ist, spielt da perfekt in das Narrativ des selbstlosen Kämpfers für den kleinen Mann. (nz/afp)
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