Stört Gehirn-Entwicklung: Arzt warnt vor beliebter Kindersendung

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Medienkonsum im jungen Alter wird oft kritisch beäugt. Eine Sendung soll aber besonders schädlich für die Entwicklung von Kindern sein.

Apple Valley – Im Zeitalter von Instagram, TikTok und ständig verfügbaren Medieninhalten auf Plattformen wie YouTube stehen viele Eltern vor der Frage, wie viel Medienkonsum gut ist für ihre Kinder. Ein Arzt warnt jetzt vor einer Sendung, die aufgrund ihrer Wirkung medizinisch sogar schädlich sein soll.

Mehr und finden auch Mediziner und Politiker ihren Weg auf moderne Plattformen, um ihre Botschaften dort zu vermitteln. Das in China entwickelte TikTok ist dafür bekannt, mit kurzen Videos sehr schnell viele Nutzer zu erreichen. Dort vertreten ist auch ein Amerikaner, der als „Dr. Joe“ (47) zur kleinen Berühmtheit wurde. Auf der Plattform hat er bereits mehr als zwei Millionen Follower und gibt medizinische Ratschläge. Mit vollem Namen heißt der Mediziner Joe Whittington und arbeitet eigenen Angaben zufolge als Notarzt in einer Klinik im kalifornischen Apple Valley.

189 Millionen Abonnenten: TikTok-Arzt warnt vor beliebter Kinderserie „Cocomelon“

In einem aktuellen Video warnt er nun Eltern und informiert über die negativen Auswirkungen von Kindersendungen wie „Cocomelon“. Die Sendung soll junge Zuschauer im Frühkindalter von zwei bis fünf Jahren ansprechen und zeigt Geschichten verschiedener animierter Comic-Figuren. Im Mittelpunkt: ein kleines Baby namens „JJ“. Der YouTube-Kanal hat weltweit 189 Millionen Abonnenten – Platz drei auf der gesamten Plattform. Die Videos sind in mehreren Sprachen verfügbar, darunter Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Deutsch, Arabisch und Mandarin. In Deutschland wird die Fernsehserie dazu seit 2021 auf Super RTL ausgestrahlt.

Mediziner Whittington zufolge seien Sendungen wie diese darauf angelegt, die Aufmerksamkeit der Kinder zu fesseln – durch grelle Farben, Musik und eingängige Wiederholungen. Das würden aber das Belohnungssystem im Gehirn überstimulieren und die Entwicklung des Gehirns negativ beeinflussen. Studien befassen sich auch damit, ob soziale Medien Jugendliche einsam machen.

Kindersendung macht laut Arzt abhängig und stört die Gehirn-Entwicklung

„Babys Kryptonit“ nennt „Dr. Joe“ die Sendung, sie werden gar abhängig von den ungesunden Inhalten. Und das sei dem Mediziner zufolge so gewollt. Die Macher würden die Reaktionen der Kleinkinder beobachten. Drehe ein Baby den Kopf zur Seite, werde die Sendung so angepasst, dass die Aufmerksamkeit wieder geweckt wird. Die Abfolge zwischen den gezeigten Bildern ist sehr schnell, teils nur zwei oder drei Sekunden. Dabei werde zu viel Dopamin ausgeschüttet, ähnlich des Belohnungsgefühls bei Zuckerkonsum. Die Folge: Die Aufmerksamkeitsspanne der Heranwachsenden verkürzt sich auf Dauer.

In den USA hat die Sendung in den vergangenen Jahren mehrfach für Diskussionen gesorgt. 2006 ursprünglich angelegt als Lehrvideos für Kinder im Vorschulalter, bemerkten viele Eltern mit den geänderten Inhalten über die Jahre, dass ihr Kind regelrecht süchtig nach „Cocomelon“ sei. „Cocainemelon“ wurde zum geflügelten Wort in Anspielung auf die abhängig machende Droge Kokain. Mediziner Whittingtons Rat: Bildschirmzeit besser mit freiem Spiel, Aktivitäten im Freien oder Büchern ausgleichen.

Was und wie viel sollten Kinder im Fernsehen schauen?
Was und wie viel sollten Kinder im Fernsehen schauen? © Ute Grabowsky/photothek.de/IMAGO

„Fernsehen macht dumm“ stimmt nicht per se – Konsum hat laut Studie aber deutlichen Einfluss auf Kinder

Das bestätigt auch eine amerikanische Studie des Drexel‘s College of Medicine. Darin zeigte sich, dass Kinder, die bis zu ihrem zweiten Geburtstag häufiger fernsahen, eher eine untypische Art entwickeln, Sinneseindrücke zu verarbeiten. Sie reagierten im Alter von 33 Monaten weniger sensibel oder langsamer auf Reize, etwa, wenn sie mit ihrem Namen angesprochen werden. Später seien sie empfindlicher gegenüber Lichtreizen und Geräuschen und würden Empfindungen vermeiden.

Dabei ist Fernsehkonsum nicht per se zu verteufeln. Aus der Kindheit bekannte Warnungen wie „Fernsehen macht dumm“ sind nicht gerechtfertigt – glaubt man medizinischen Untersuchungen. Wer die richtigen Inhalte konsumiert, „trainiert“ sein Gehirn auch im jungen Alter. Eine Studie des Universitätsklinikums Jena, die 2024 im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass Fernsehen positive Auswirkungen haben kann. Der Konsum steigere die visuelle Informationsverarbeitung und könne die motorische Lernfähigkeit deutlich verbessern.

Erstaunlich: Zwei Studien zeigten jetzt, was ein Lockdown wie in der Covid-Pandemie mit jungen Gehirnen macht. (diase)

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