Nagelsmann schafft sich in der Bundesliga erste Gegner – und findet das gut

Rückkehr auf Bewährung von Leroy Sané, keine Berufung für Angelo Stiller, Debüt mit ganz wenig Erfahrung für Said El Mala (19), nicht aber für Lennart Karl (17). Vor den beiden abschließenden WM-Qualifikationsspielen hatte Julian Nagelsmann viel zu erklären. 

Seine Offensivverteidigung gab der Bundestrainer gleich im Eingangsstatement vor: "Wir machen ja keine Nominierung aus Jux und Tollerei." Da klang im Unterton auch Unverständnis mit, dass seine Ideen zuletzt als wankelmütiger Schlingerkurs interpretiert wurden. Kaum zu überhören war das Geraune aus der Bundesliga, wonach Nagelsmann keine (klare) Strategie verfolge, gar ein wenig orientierungslos und unberechenbar wirke auf dem Weg zur WM 2026. 

Nagelsmann: "Ich bin in keinster Weise böse bin über die Äußerungen"

Zum Beispiel bei Sané, den er erst auslud und dann wieder begnadigte – Ultimatum inklusive. Oder bei Nnamdi Collins, der im September noch Startelf-Spieler war, danach aber kein Faktor mehr. Selbst bei Joshua Kimmich, mal Mittelfelddirigent und mal Rechtsverteidiger.

"Wir wissen alle: Julian Nagelsmann ist sehr experimentierfreudig, teilweise auch impulsiv", sagte Torwart-Legende Oliver Kahn kürzlich bei Sky. "Er beobachtet einen Spieler, den er dann gerne mal sehen würde, ohne sich Gedanken zu machen, welche Auswirkungen das haben kann."

Stuttgarts Angelo Stiller wurde nicht für die November-Länderspiele nominiert
Stuttgarts Angelo Stiller wurde nicht für die November-Länderspiele nominiert Getty

Am heikelsten gärte in den vergangenen Tagen die Personalie Stiller, Leistungsträger beim VfB Stuttgart und fester Bestandteil des DFB-Mittelfeldzentrums. Eigentlich. Stillers plötzliche Nicht-Nominierung löste Kopfschütteln aus, bei Spieler, Klub, sogenannten Experten. 

Nagelsmann machte einen besonnenen, aufgeräumten Eindruck, als er montags über Stiller sprach. Es habe ein "sehr guter Austausch" stattgefunden, sowohl mit dem Profi als auch VfB-Trainer Sebastian Hoeneß, berichtete er. "Ich bin in keinster Weise böse über die Äußerungen."

Stuttgart-Reaktion auf Stiller war "genau richtig", sagt Nagelsmann

Mit unpopulären Entscheidungen erzeugt der 38-Jährige, das Gesicht der gefeierten Heim-EM 2024, inzwischen erste Reibereien. Die er in Kauf nimmt. "Dass sich der VfB äußert und sagt, dass sie es nicht verstehen – ich hoffe, dass sie es tun", betonte Nagelsmann. "Wenn sie gesagt hätten: 'Es ist verdient, dass Angelo nicht dabei ist, die Pfeife', hätte ich mir Gedanken gemacht. Es ist genau richtig, wie sie reagiert haben. Sie sollen ihren Spieler schützen.“

Stillers Entwicklung gehe "deutlich in die richtige Richtung", sagte Nagelsmann, der aktuelle Verzicht sei "kein Riesen-Drama. Die Tür ist auf jeden Fall nicht zu."

Tatsächlich befindet sich das Personaltableau ein halbes Jahr vor der WM noch im Rohbau. Alles ist möglich. Viele Chancen kann und will Nagelsmann aber nicht mehr einräumen.