Künstliche Intelligenz bewahrt Bayer vor Krebs – Franz Josef (71): „Untersuchung halb so wild“
Dank einer Hightech-Darmspiegelung im Krankenhaus Weilheim ist einem Patienten (71) Darmkrebs erspart geblieben.
Im Kampf gegen Darmkrebs hilft ein gesunder Lebensstil mit bewusster Ernährung. Er kann allerdings regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen nicht ersetzen. Besonders wichtig sind Darmspiegelungen. Dabei nutzen Spezialisten wie Dr. Jochen Dresel inzwischen auch künstliche Intelligenz (KI), um selbst winzige Krebsvorstufen frühzeitig zu enttarnen. Seinen Patienten Franz Josef Omlor hat die sogenannte Koloskopie mit Unterstützung der neuen Technologie im Krankenhaus Weilheim vor einem Tumor bewahrt.
Chefarzt Dr. Jochen Dresel: „KI hilft uns dabei, auch kleinste Krebsvorstufen zu erkennen“
Franz Josef Omlor (71) ist ein gewissenhafter Mensch, Disziplin liegt dem pensionierten Berufssoldaten im Blut. Alle fünf Jahre geht der Weilheimer zur Darmspiegelung, die letzte hat er erst kürzlich pflichtbewusst erledigt und zuvor auch die geschmacklich eher bescheidenen Trinklösungen zur Darmreinigung klaglos geschluckt: „Die Untersuchung selbst ist halb so wild wie viele Menschen glauben, man schläft ja und bekommt gar nicht davon mit. Nach der sanften Vollnarkose ist man auch schnell wieder fit.“ Doch trotz aller Gelassenheit und Routine erlebte Omlor diesmal eine Premiere. Denn erstmals ließ sich der Patient mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz (KI) durchchecken. „Die KI hilft uns dabei, auch kleinste Krebsvorstufen zu erkennen, die dem menschliche Auge womöglich entgehen könnten“, erklärt Dr. Jochen Dresel, Chefarzt des Gastroenterologischen Zentrums im Krankenhaus Weilheim.
Neue Technik mit künstlicher Intelligenz seit Anfang des Jahres in Weilheim im Einsatz
Seit Anfang des Jahres setzen der erfahrene Darmkrebs-Spezialist und sein Team die neue Technologie ein, auch bei gesetzlich versicherten Patienten. Das Weilheimer Krankenhaus gehört damit zu den Innovationstreibern in der modernen Darmkrebs-Früherkennung. Das Gerät – finanziert von der Otto-Hellmeier-Stiftung in Raisting – verfügt über eine spezielle KI-Software. Sie gleich während der Untersuchung die Live-Aufnahmen der Darmschleimhaut permanent mit einer digitalen Datenbank ab. „Diese Datenbank ist mit mehr als 50 000 Bildern verdächtiger Polypen gespeist. Sobald die KI dabei eine Übereinstimmung erkennt, schlägt sie Alarm“, berichtet Dresel. „Dann kann der Arzt sich die verdächtige Stelle genau anschauen und mit großer Wahrscheinlichkeit entfernen.“ In jedem Fall landet das entfernte Gewebe später in der Pathologie, um es dort genauer zu analysieren. Nach dem Ergebnis richtet sich auch die empfohlene Zeitspanne bis zum nächsten Untersuchungstermin.
Darmspiegelung gilt als Erfolgsgeschichte
Grundsätzlich gilt die Vorsorge-Darmspiegelung als Erfolgsgeschichte. 2002 wurde sie als Screening eingeführt – in der Praxis bedeutet es, dass Männer ab 50 Jahren und Frauen ab 55 (wegen ihres etwas geringeren Risikopotenzials) von der Krankenkasse per Brief zu dieser freiwilligen und kostenlosen Vorsorgeuntersuchung eingeladen werden. Dabei inspizieren die Ärzte den Darm mit dem Endoskop. Das ist en dünner biegsamer Schlauch, voll mit modernster Technik. In dessen Inneren kann der Arzt eine Optik (Minikamera) und filigrane Instrumente wie Zangen und Schlingen zum Einsatzort transportieren, um Drüsenpolypen und vor allem sogenannte Adenome zu entfernen. Diese zunächst gutartigen Wucherungen der Darmschleimhaut können im Laufe der Jahre zu Darmkrebs entarten. Werden sie rechtzeitig entfernt, ist die Gefahr gebannt.
Patient erleichtert: „Beruhigend, dass es diesen zusätzlichen Sicherheitsfaktor gibt“

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Dieses Glück besitzt auch Franz Josef Omlor. Mit Unterstützung der KI hatte Darmkrebs-Spezialist Dresel ein noch sehr kleines Adenom entdeckt und eliminiert. „Ich bin erleichtert, auch darüber, dass mir neben der Erfahrung meines Arztes die KI-Software zugute kam. Bei dieser Technik hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl. Es hat sich bestätigt, dass sie ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor sein kann. Das empfinde ich als beruhigend – auch mit Blick auf meine weiteren Darmspiegelungen“, erzählt der 71-Jährige.
Vorsorge-Darmspiegelung hat bereits 250 000 Menschen vor Darmkrebs bewahrt
Auch andere Patienten sollen künftig verstärkt von dem Hightech-Helfer profitieren. „Studien zeigen, dass die KI die Erkennungsrate von Krebsvorstufen noch mal um 20 Prozent steigern kann“, weiß Dresel. Er sieht darin ein weiteres starkes Argument, um endlich mehr Menschen für die Vorsorge-Möglichkeit zu gewinnen. Denn trotz der großen Erfolge – seit Einführung des Screenings konnten etwa 250 000 Menschen vor Darmkrebs geschützt werden – nehmen derzeit nur etwa 20 Prozent der über 50-Jährigen die Chance wahr. „Es wäre schön, wenn diese Quote und damit die Überlebensrate deutlich steigen würde.“
Jedes Jahr 60 000 neue Darmkrebs-Patienten
Darmkrebs ist eine Volkskrankheit geworden. Allein in Deutschland leben laut Bayerischer Krebsgesellschaft derzeit 520 700 Menschen mit der Diagnose, und jedes Jahr kommen weitere 60 000 dazu. Damit macht Darmkrebs etwa zehn Prozent aller Tumorleiden aus. Mehr als 22 000 Patienten verlieren per anno den Kampf die Erkrankung. Allerdings haben sich die Behandlungschancen in den vergangenen Jahren verbessert und die Heilungschancen bei Darmkrebs erhöht.
Experten fordern: Darmkrebs-Vorsorge auf jüngere Menschen ab 30 ausweiten
Ein besonders großer Risikofaktor ist die genetische Veranlagung. Das Ausmaß der Bedrohung kristallisierte sich in einer großen Studie heraus: Wenn Verwandte ersten Grades – also Eltern oder Geschwister – bereits an Darmkrebs erkrankt sind, ist das Risiko um mehr als das Vierfache erhöht. Deshalb drängt auch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) auf eine zügige Ausweitung der Darmkrebsvorsorge auf Jüngere: „Für Menschen mit Darmkrebsfällen in der Familie wäre regelmäßige Vorsorge bereits ab 30 vielfach lebensrettend.“