Kostspielige Postbank-Übernahme? Deutsche Bank droht Niederlage vor Gericht

  • VonMax Schäfer
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Die Übernahme und Integration der Postbank wird für die Deutsche Bank zum Desaster. Nun droht der Bank noch eine Nachzahlung von 1,3 Milliarden Euro.

Frankfurt – Die Übernahme der Postbank beschäftigt die Deutsche Bank weiterhin. Die IT-Probleme rangen Kunden starke Nerven ab. Doch nun steht die Übernahme selbst im Blickpunkt. Diese könnte dem Finanzinstitut teuer zu stehen kommen. Nach eigener Aussage muss die Deutsche Bank Rücklagen von etwa 1,3 Milliarden Euro bilden.

Das liegt am andauernden Rechtsstreit über den Kauf von Aktien von Minderheitsaktionären der Postbank im Zuge der Übernahme. Die Kläger argumentieren, dass die Bank ihnen einen höheren Preis hätte zahlen müssen. In einer mündlichen Verhandlung haben die Richter am zuständigen Oberlandesgericht Köln am Freitag, 26. April, angedeutet, dass sie möglicherweise den Minderheitsaktionären recht geben.

Deutsche Bank drohen wegen Postbank-Übernahme 1,3 Milliarden Euro Nachzahlungen

Kommt es tatsächlich dazu, müsste die Deutsche Bank den ehemaligen Postbank-Minderheitsaktionären die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis von 25 Euro und dem Pflichtangebot von 57,25 Euro pro Aktie zahlen. Auf die Bank käme in diesem Fall eine Belastung von insgesamt 700 Millionen Euro plus aufgelaufener Zinsen in Höhe von 600 Millionen Euro zu.

Die Deutsche Bank will nun im vierten Quartal 2024 eine Rückstellung bilden, auch wenn sie einer „solchen Einschätzung weiterhin nachdrücklich“ widerspricht. Die genaue Höhe ließ sie in der Mitteilung jedoch offen. „Diese Rückstellung wird Auswirkungen auf die Profitabilität und die Kapitalquoten der Bank für das zweite Quartal und das Gesamtjahr haben“, erklärte die Bank. Sie erwartet jedoch „keine signifikanten Auswirkungen auf die strategischen Pläne und Finanzziele“.

Graue Wolken über den Deutsche Bank-Türmen: Trotz der möglichen Nachzahlung wegen der Postbank-Übernahme zeigt sich Deutsche Bank-Chef Christian Sewing optimistisch. (Montage)

„Das tut natürlich weh“, erklärte Deutsche Bank-Chef Christian Sewing am Montag, 29. April. „Aber ich bin froh, dass die Bank inzwischen stark genug ist, so etwas zu verdauen.“

Drohende Postbank-Nachzahlungen könnten Jahresgewinn der Deutschen Bank massiv drücken

Die Summe ist jedoch enorm. Der gefeierte Gewinn der Deutschen Bank im ersten Quartal 2024 wäre durch eine Zahlung von 1,3 Milliarden Euro größtenteils verloren. Der Gewinn nach Steuern lag laut Mitteilung der Bank vom Donnerstag, 25. April, bei 1,5 Milliarden Euro. Auch mit Blick auf den von Fachleuten prognostizierten Jahresgewinn von etwa 6,8 Milliarden Euro fallen die 1,3 Milliarden für die Rückstellung schwer ins Gewicht.

Seit 2015 läuft der Rechtsstreit. Zu diesem Zeitpunkt hat das Düsseldorfer Verlagshaus Effecten-Spiegel Klage eingereicht und diese damit begründet, dass die Bank schon vor der mehrheitlichen Übernahme 2012 die Führung bei der Bank übernommen habe. Damit hätte die Deutsche Bank den Aktionären ein Pflichtangebot von 57,25 Euro machen müssen, statt dem freiwilligen Übernahmeangebot von 25 Euro pro Aktie.

Deutsche Bank bildet Rücklagen – zu spät?

Die Deutsche Bank ist dagegen von der Rechtmäßigkeit überzeugt und hat trotz andauerndem Verfahren keine Rücklagen gebildet. Dazu war die Bank laut Spiegel nicht verpflichtet, weil die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Nachzahlung geringer als 50 Prozent schien.

Im Dezember 2022 korrigierte der Bundesgerichtshof jedoch zwei Musterverfahren und gab den Fall an das Oberlandesgericht Köln zurück. Die Kanzlei Bayer Krauss Hueber, die hinter der Klage steht, ist laut Spiegel überzeugt, dass die Deutsche Bank damit schon Rückstellungen bilden und diese in die Bilanzen von 2022 und 2023 hätte einpflegen müssen. „Da sie das nicht getan hat, steht jetzt nach der plötzlichen Ad-hoc-Mitteilung die Integrität der Rechnungslegung der Deutschen Bank infrage“, sagt der Klage führende Anwalt Jan Bayer dem Nachrichtenmagazin. (ms)

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