Wolfgang Grupp: „Eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich ist lächerlich“
In Deutschland läuft derzeit ein Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche. Bundesweit testen 45 Firmen das Modell. Unternehmer Wolfgang Grupp sieht derartige Vorstöße kritisch – und spricht sich in einer Talkrunde dagegen aus.
Burladingen – Nur vier Tage in der Woche arbeiten und trotzdem genauso produktiv sein? Und dabei auch noch gesünder und glücklicher leben? Was auf den ersten Blick eher unrealistisch klingt, ist laut Studien durchaus möglich. Wie mehrere internationale Untersuchungen gezeigt haben, kann die Reduktion von Arbeitszeit bei gleichbleibendem Gehalt zahlreiche positive Einflüsse haben. Immer mehr Business-Experten glauben an die Zukunft der 4-Tage-Woche. Seit dem 1. Februar 2024 testen 45 Unternehmen aus Deutschland mehrere Monate lang die 4-Tage-Woche. Doch was sagen Vertreter aus der Wirtschaft dazu und welche Firmen könnten ein solches Modell tatsächlich umsetzen?
In der SWR-Sendung Zur Sache! Baden-Württemberg diskutierte kürzlich der ehemalige Trigema-Chef Wolfgang Grupp gemeinsam mit anderen Gesprächspartnern über die 4-Tage-Woche. Ebenfalls zu Gast bei Moderatorin Alexandra Gondorf: Arbeitgebervertreter Stefan Wolf, New-Work-Experte Gregor Kalchthaler und 4-Tage-Woche-Fan Sascha Wagner. Wolfgang Grupp vertrat dabei wie gewohnt einen konservativen Standpunkt und erklärte das Modell als zum Scheitern verurteilt.
Wolfgang Grupp ist überzeugt: „Wenn wir weniger Leistung bringen, wird der Wohlstand nicht mehr“

„Eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich – das ist lächerlich“, sagt Wolfgang Grupp. „Wir können nur eins haben: Wenn wir weniger Leistung bringen, wird der Wohlstand nicht mehr. Es sei denn, wir haben andere Maschinen, die im Prinzip die Leistung bringen und den Menschen ersetzen.“ Bei Trigema sei es zwar so, dass dort teils Halbtagskräfte arbeiten würden – von diesen könne man allerdings „nicht sagen, dass die mehr an der Maschine rausholen als die, die ganztags arbeiten“. Dies sei sogar messbar.
Statt einer 4-Tage-Woche setze man bei Trigema auf andere Anreize, so Grupp. So stelle man etwa jeden ein, der bei Trigema arbeiten will, biete sichere Arbeitsplätze sowie Teilzeitmodelle und komme ohne Kurzarbeit aus. Auch die Kinder von Beschäftigten bekommen bei Trigema garantiert einen Ausbildungsplatz. Zudem gilt laut Grupp im Unternehmen: Wer mehr leistet, bekommt auch mehr Gehalt.
Dass in vier Tagen dasselbe geleistet wird wie in fünf, kann sich der Ex-Trigema-Boss nicht vorstellen. Mit seiner Haltung steht er in der SWR-Sendung nicht alleine da. So lehnt auch Gesamtmetallchef Stefan Wolf das Modell ab. Ein solches sei in seiner Branche bei einer 24-Stunden-Auslastung mit drei Schichten pro Tag schlichtweg nicht funktionsfähig. Wolf geht sogar noch weiter: Deutschland sei nicht mehr wettbewerbsfähig – auch aufgrund von Faktoren wie Bürokratie, Steuern und Energiepreisen. Statt die Arbeitszeit zurückzufahren, plädiert er dafür, mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. 35 Stunden würden bei weitem nicht ausreichen.
Arbeitgeber sehen 4-Tage-Woche kritisch: „Indiskutabel“
Ähnlich wie Grupp und Wolf sehen es auch andere Akteure der deutschen Wirtschaft. So sprach sich etwa Mercedes-Chef Ola Källenius gegen eine 4-Tage-Woche aus. Für einige Traditionsunternehmen ist die 4-Tage-Woche „mit vollem Lohnausgleich indiskutabel“. Andere wiederum sehen darin eine Chance, Anreize für potenzielle Arbeitskräfte zu setzen und die Motivation der Mitarbeiter durch die höhere Flexibilität zu steigern.
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Doch wie wirkt sich die 4-Tage-Woche in der Praxis nun wirklich auf die Arbeitsleistung von Angestellten aus? Dazu soll das derzeit laufende Pilotprojekt Antworten geben. Das Projekt läuft bis August und wird in regelmäßigen Abständen durch wissenschaftliche Umfragen begleitet. Die Auswertung und Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Oktober 2024 geplant. Im Rahmen der Studie wird das bereits zuvor von der gemeinnützigen Organisation 4 Day Week Global angewandte 100:80:100-Modell umgesetzt. Das heißt konkret: 100 Prozent Gehalt bei 80 Prozent Arbeitszeit für die Verpflichtung zu 100 Prozent der Arbeitsleistung.
Ist eine 4-Tage-Woche realistisch? Tests sollen Antworten geben
Ob eine Umstellung auf ein modernes Modell wie die 4-Tage-Woche gelingen kann? Die Erfahrung wird es zeigen. Laut Forschern ist eine 4-Tage-Woche durchaus möglich, ohne dass die Firma dadurch einen Leistungsabfall verkraften müsste. Dennoch ist ein solches Modell nicht für jedes Unternehmen ohne weiteres durchführbar. Es gilt wohl, wie so oft im Leben: „Es kommt drauf an.“